Die Freiburger Handreichung sorgt für eine rege Debatte - mit offenem Ende

Das Diskussionspapier

Veröffentlicht am 09.10.2013 um 00:00 Uhr – Lesedauer: 
Wiederverheiratete Geschiedene

Bonn ‐ Jetzt ist die Stunde der Interpreten und Meinungen gekommen. Die neue Handreichung des Erzbistums Freiburg hat es nicht nur auf fast alle Nachrichtenseiten, in Zeitungen, ins Radio und Fernsehen geschafft. Die Hinweise für Seelsorger zum Umgang mit wiederverheirateten Geschiedenensie erzeugen auch eine rege Diskussion. Deren Ausgang scheint noch offen. Befürworter und Ablehner finden sich genug.

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"Uns hat im Erzbistum Köln die Arbeitshilfe überrascht", schreibt Markus Bosbach, Hauptabteilungsleiter Seelsorge im Generalvikariat des Erzbistums, in einer Stellungnahme. Man wolle aber "die Antwort auf die Frage von wiederverheiratet Geschiedenen" nicht auf die Frage des Kommunionsempfangs reduzieren. Es gebe im nichtsakramentalen Bereich "viele Möglichkeiten, seelsorglich Wege zu finden, dass Menschen auch versöhnt mit der Kirche leben können", so Bosbach.

Im Bistum Speyer wird das Papier mit Interesse zur Kenntnis genommen. Die darin aufgeworfenen Fragen seien eine "theologisch vielschichtige und anspruchsvolle Aufgabe". Patentrezepte und "einfache Lösungen" gebe es nicht, sagt Bistumssprecher Markus Herr.

Der Osnabrücker Bischof Franz-Josef Bode bewertet die Handreichung positiv: "Alle intensiven Bemühungen um eine möglichst differenzierte Pastoral für und mit wiederverheiratet Geschiedenen sind zu begrüßen", findet Bode, der auch Vorsitzender der Pastoralkommission der Deutschen Bischofskonferenz ist. Die von der Bischofskonferenz zu diesem Thema eingesetzte Arbeitsgruppe werde sich eingehend mit dem Papier befassen und sie in die weiteren Überlegungen einbeziehen.

Auch der Berliner Kardinal Rainer Maria Woelki begrüßt generell den Vorstoß des Erzbistums Freiburg. "Geschiedene, die wieder geheiratet haben, leben in unseren Pfarrgemeinden und sie sind hier willkommen, sie gehören zu uns", so der Erzbischof. Zugleich verwies er darauf, dass die Unauflöslichkeit der Ehe ein Gebot Jesu sei.

Marx für eine Linie der Bischofskonferenz

In anderen Diözesen ist man zurückhaltender. Dem Münchner Kardinal Reinhard Marx ist es wichtig, dass die Bischofskonferenz in dieser Frage zusammenbleibe, so sein Sprecher. Es gehe Marx darum, für dieses "komplexe Problem" eine "Lösung im Einklang mit der Weltkirche" zu finden. Ähnlich äußerte sich auch der Würzburger Bischof Friedhelm Hofmann. Auch im Bistum Eichstätt warnt man vor Alleingängen.

„Geschiedene, die wieder geheiratet haben, leben in unseren Pfarrgemeinden und sie sind hier willkommen, sie gehören zu uns“

—  Zitat: Kardinal Rainer Maria Woelki

Anders sieht es im Bistum Rottenburg-Stuttgart aus. Nach Angaben der Diözese dort würden wiederverheiratete Geschiedene in bestimmten Fällen zum Sakramenten-Empfang zugelassen. Das Erzbistum Bamberg sieht die Entscheidung über den Umgang mit wiederverheirateten Geschiedenen beim Pfarrer vor Ort. Die Kirche müsse diesen Menschen barmherzig begegnen, sagt ein Sprecher des Erzbistums.

Euphorie herrscht bei katholischen Verbänden. Vertreter des Zentralkomitees der deutschen Katholiken, des Bundes der Deutschen Katholischen Jugend, des Katholischen Deutschen Frauenbunds und der Katholischen Frauengemeinschaft Deutschlands finden lobende Worte für das Papier.

Zugleich tritt die Akademiker auf den Plan. Der Freiburger Moraltheologe Eberhard Schockenhoff bewertet die Seelsorgerichtlinien als einen bedeutenden Schritt im katholischen Reformprozess und hofft, dass "viele weitere deutsche Bistümer" dem Vorbild Freiburgs folgten.

Stefan Rambacher, Kirchenrechtler aus Würzburg, sieht in der Möglichkeit, in begründeten Einzelfällen wiederverheiratete Geschiedene zu den Sakramenten zuzulassen hingegen einen Punkt, in dem die Handreichung "über die bisherige offizielle Lehre der Kirche" hinausgehe. Der Bochumer Jurist Jacob Joussen gibt zu bedenken, dass die Handreichung auch Auswirkungen auf das Arbeitsrecht der Kirchen haben könnte.

Befremdung im Vatikan

Und was sagt der Vatikan? Man spreche sich gegen Sonderwege im kirchlichen Umgang im Bereich der Familienpastoral aus, betont Vatikansprecher Federico Lombardi. In dieser Frage sei ein einheitliches Vorgehen der Kirche notwendig. "Sonderlösungen vonseiten einzelner Personen oder örtlichen Stellen laufen Gefahr, Verwirrung zu stiften." Zudem stellt Lombardi unmissverständlich fest: "Es ändert sich nichts". Es handle sich um kein offizielles bischöfliches Dokument, sondern um ein Schreiben des Seelsorgeamtes, so Lombardi.

„Sonderlösungen vonseiten einzelner Personen oder örtlichen Stellen laufen Gefahr, Verwirrung zu stiften“

—  Zitat: Federico Lombardi

Kurienkardinal Velasio De Paolis hat gegenüber der italienischen Zeitung "La Stampa" sein Befremden geäußert. Es sei "erstaunlich", dass eine Initiative dieser Art von einer großen und bedeutenden Diözese wie Freiburg ausgehe, die zudem vom Vorsitzenden der Deutschen Bischofskonferenz geleitet werde. Und: Wiederverheiratete Geschiedene seien in einer Situation, die dem göttlichen Gesetz über die Ehe widersprächen. Daher sei es "evident", dass ein Priester ihnen die Kommunion verweigern müsse, so der Kirchenrechtler De Paolis.

Bereits im Juni hatte der Präfekt der Glaubenskongregation, Erzbischof Gerhard Ludwig Müller, in einem Interview die Frage, ob wiederverheiratet Geschiedene künftig eventuell zur Kommunion gehen dürfen, klar verneint.

Beendet ist die Debatte aber nicht. Laut Lombardi werde sich die von Papst Franziskus für Oktober 2014 einberufene Sonderbischofssynode zur Familienpastoral auch mit dieser Frage beschäftigen. Man darf gespannt sein. (mit Material von KNA und dpa)

Von Christoph Meurer

Service

Auf der Seite des Erzbistum Freiburg gibt es die Handreichung zum Herunterladen.

Hintergrund

Mehr Rechte für Wiederverheiratete: Erzbistum Freiburg veröffentlicht Handreichung für Seelsorger