Vor 50 Jahren veröffentliche Paul VI. die Enzyklika "Mysterium Fidei"

Das Geheimnis des Glaubens

Veröffentlicht am 11.09.2015 um 13:15 Uhr – Von Kilian Martin – Lesedauer: 
Enzyklika

Bonn ‐ Nur vier Monate vor Ende des Zweiten Vatikanischen Konzils veröffentlichte Paul VI. 1965 seine Enzyklika "Mysterium Fidei". Mitten in der Diskussion um die Verheutigung der Kirche setzte er damit ein Zeichen für die katholische Lehre von der Eucharistie.

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Die heilige Messe ist "Quelle und Höhepunkt des ganzen christlichen Lebens", stellte das Zweite Vatikanische Konzil 1964 in der Konstitution "Lumen Gentium" über die Kirche fest. In den Beratungen der Konzilsväter spielte die Feier der Eucharistie stets eine zentrale Rolle. Dies erkennt auch der selige Paul VI. in seiner Enzyklika an und lobt zugleich die vom Konzil beschlossene Reform der Liturgie, welche von den Gläubigen bereitwillig angenommen werde. "Jedoch gibt es, ehrwürdige Brüder, gerade in dieser Angelegenheit Gründe für ernste pastorale Sorge und Beunruhigung, über die Wir angesichts der Verantwortung unseres apostolischen Amtes nicht schweigen können."

Der Pontifex habe erfahren, so schreibt er, dass manche Debattenbeiträge "die Gläubigen beunruhigen und in ihnen nicht geringe Verwirrung bezüglich der Glaubenswahrheiten verursachen, als ob es jedem gestattet wäre, eine von der Kirche einmal definierte Lehre in Vergessenheit geraten zu lassen". Da werde etwa die neuerlich gestärkte Bedeutung der Gemeindemesse überbetont, so dass "den privat zelebrierten Messen Abbruch getan wird". Zudem gebe es Meinungen, welche die tatsächliche Wandlung von Brot und Wein in Leib und Blut Christi in Frage stellen würden. "Jeder sieht, wie in solchen oder ähnlichen in Umlauf gebrachten Ansichten der Glaube an die heilige Eucharistie und ihr Kult schwer verletzt werden", so der Papst.

In das Pontifikat von Paul VI. (1963 - 1978) fiel der Abschluss des Zweiten Vatikanischen Konzils und damit einhergehend die Reform der latinischen Liturgie.
Bild: ©KNA

In das Pontifikat von Paul VI. (1963 - 1978) fiel der Abschluss des Zweiten Vatikanischen Konzils und damit einhergehend die Reform der latinischen Liturgie.

In sechs Abschnitten legt Paul VI. in "Mysterium Fidei" die Grundzüge des katholischen Eucharistieverständnisses dar. Zwar wolle er denen, die genannte falsche Lehren vertreten, nicht das "ehrliche Verlangen" absprechen, das eucharistische Geheimnis zu ergründen und weiterzugeben. Dennoch sei es die apostolische Pflicht des Papstes, "vor der schweren Gefährdung des rechen Glaubens durch diese Ansichten zu warnen". Es gehe ihm darum, "jedes Gift des Rationalismus zu beseitigen", schreibt er. Man könne sich dem Geheimnis des Glaubens nur nähern, indem man "mit fester Überzeugung die göttliche Offenbarung" annehme.

Das Lehramt der Kirche als leuchtender Stern

Zur Untermauerung dieser Lehrmeinung führt Paul VI. große Theologen der Geschichte an: Thomas von Aquin, Cyrill von Alexandrien, Bonaventura, und sogar die Evangelisten selbst hätten schließlich nie etwas anderes gelehrt, als es die Kirche noch heute tue. "Es ist also folgerichtig, dass wir bei der Ergründung dieses Geheimnisses wie einem Stern dem Lehramt der Kirche folgen, der der göttliche Erlöser das geschriebene und überlieferte Wort Gottes anvertraut hat, damit sie es bewahre und auslege." Zu diesem Lehramt der Kirche gehört elementar das katholische Eucharistieverständnis. Nach Paul VI. sei es nicht zu dulden, "dass jeder auf eigene Faust die Formel antasten wollte, mit denen das Konzil von Trient das eucharistische Geheimnis zu glauben vorgelegt hat." Ohne sie direkt anzusprechen, verwirft der Papst damit protestantische Abendmahlstheologien. Nach katholischer Lehre sind die eucharistischen Zeichen keine bloßen Symbole, sondern dauerhaft und tatsächlich Leib und Blut Christi.

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Ein Beitrag der Serie "Katholisch für Anfänger". Die Zeichentrickserie erklärt auf einfache und humorvolle Art zentrale Begriffe aus Kirche und Christentum. In dieser Folge geht es um die Eucharistie und ihre Bedeutung im christlichen Glauben.

Dem Papst scheint es besonders am Herzen zu liegen, das Missverständnis auszuräumen, wonach die vom Konzil gewünschte tätige Teilnahme der Gläubigen an der Messe eine Absage an die Privatmesse der Priester erteilt. Es sei eine solche Messe "nicht zu tadeln, sondern vielmehr gutzuheißen, die nach den Vorschriften der Kirche und den rechtmäßigen Traditionen aus gerechtem Grund vom Priester privat gehalten wird". Die Liturgiereform des Zweiten Vatikanischen Konzils hatte dazu geführt, dass die früher weit verbreitete sogenannte Privatmesse faktisch abgeschafft wurde.  Dazu beigetragen hatten die neu geschaffene Möglichkeit der Konzelebration sowie die neu definierte Rolle der Laien in der Liturgie. Knapp zwei Jahre nach Verkündigung der Liturgie-Konstitution schien es Paul VI. angemessen, an die Relevanz der Privatmesse für die Kirche zu erinnern. "Denn jede Messe, die zelebriert wird, wird nicht nur für das Heil einiger, sondern auch für das Heil der ganzen Welt dargebracht."

Der Wunsch nach der Einheit der Christen

Die Enzyklika mündet schließlich in einem Aufruf an die "ehrwürdigen Brüder", das Kirchenvolk zum rechten eucharistischen Glauben anzuhalten. Der Wunsch des Papstes ist klar: "Die Gläubigen mögen so oft wie möglich, am besten täglich, tätig am Meßopfer teilnehmen, mit reinem und frommen Herzen sich durch die heilige Kommunion stärken und Christus, dem Herrn, auch gebührend für ein so großes Geschenk danken." Da die Eucharistie zugleich "Zeichen und Ursache der Einheit des mystischen Leibes Christi", also der Kirche selbst sei, wünscht Paul VI. auch den im Schisma lebenden Gläubigen ein entsprechendes Verständnis: "So sollen sich auch alle, die noch nicht in vollkommener Gemeinschaft mit der katholischen Kirche verbunden sind, mit Hilfe der Gnade Gottes möglichst bald mit uns zusammen jener Einheit des Glaubens und jener Gemeinschaft erfreuen". Dies gelte freilich nicht für die Orthodoxen. Es sei dem Papst schließlich eine Freude, zu sehen, dass ihr "Glaube an die Eucharistie auch der Unsrige ist".

Der Text der Enzyklika

Die Enzyklika "Mysterium Fidei - über die Lehre und den Kult der Heiligen Eucharistie" von Paul VI. aus dem Jahr 1965.

Mit "Mysterium Fidei" setzte der Konzilspapst Paul VI. ein Zeichen. Nur wenige Tage vor Eröffnung der letzten Sitzungsperiode des Zweiten Vatikanischen Konzils bekräftige er noch einmal den tradierten Glauben der Kirche. Auch wenn er damit wohl eher die Kontinuität des Lehramts betonen wollte, zeigt der zuweilen anachronistisch wirkende Text vor allem das Ringen der Konzils-Kirche zwischen Bewahrung und Verheutigung ihres Glaubensschatzes.

Von Kilian Martin