"Ein enormes Engagement"
Frage: Herr Prälat Krämer, die Sternsinger sind die größte Solidaritätsaktion von Kindern für Kinder weltweit. Was macht den Erfolg aus?
Krämer: Es ist eine Aktion von Kindern für Kinder in aller Welt. Das Erfolgsrezept dahinter ist: Die Kinder sehen, dass sie auch etwas bewirken, dass sie in der Welt Probleme angehen können. Das ist, glaube ich, sehr motivierend.
Frage: Nun ist die Klage groß, dass das Kirchenvolk überaltert. Mit Verweis auf die Sternsinger könnte man aber doch auch sagen, dass das Kirchenvolk nachwächst, oder?
Krämer: Es ist ein enormes Engagement, das die Sternsinger auf die Beine stellen. In fast allen Pfarreien sind sie unterwegs. Wir haben etwa 330.000 Kinder und 90.000 Erwachsene, die sie begleiten. Das ist eine stolze Zahl und zeigt auch, wie jung Kirche hierzulande sein kann.
Frage: Trotzdem steigen hierzulande die Austrittszahlen, in vielen Gemeinden sind die Senioren in der Überzahl. Wird es in zehn oder zwanzig Jahren noch genug Nachwuchs geben für die Sternsinger?
Krämer: Die Zusammenlegungen von Gemeinden, die höhere Belastung von Ehrenamtlichen, die geringere Präsenz von Kindern allein durch die demografische Entwicklung geht auch an den Sternsingern nicht spurlos vorüber. Dem stellen wir uns sehr intensiv und versuchen, Modelle zu erarbeiten, wie wir dem begegnen können. Gerade beim Sternsingen haben wir aber eine positive Entwicklung, die in dieser Art auch einzigartig ist in der katholischen Kirche in Deutschland. Kurzum: Wir nehmen die Veränderungen kritisch und wach wahr, sind aber guten Mutes, dass es bei den Sternsingern noch lange weitergehen wird.
Frage: Dieses Jahr ist das Beispielland der Aktion Bolivien - warum?
Krämer: Das Thema der 58. Aktion Dreikönigssingen ist Respekt. Respekt für dich, für mich, für andere. Das wollen wir am Beispiel von indigenen Kindern in Bolivien zeigen.
Frage: Was heißt das konkret?
Krämer: Bolivien ist eines der ärmsten Länder Lateinamerikas, fast jeder zweite Bolivianer lebt heute unterhalb der Armutsgrenze. Zugleich hat Bolivien einen hohen Anteil an indigener Bevölkerung. Und obwohl sie die Mehrheit stellt, wird sie im eigenen Land häufig diskriminiert. Vor allem, wenn die indigenen Familien in die Städte kommen, erfahren ihre Kinder häufig Diskriminierung aufgrund ihres Andersseins und verlieren schnell die Wurzeln zu ihrer eigenen Kultur und ihrer eigenen Heimat. Dafür wollen wir ein Bewusstsein schaffen, aber zugleich auch zeigen, wie man dem Problem begegnen kann.
Frage: Nun haben wir im eigenen Land gerade viele Kinder und Jugendliche, die von zu Hause geflohen sind, und hier eine neue Heimat finden müssen. Engagiert sich das Kindermissionswerk auch in diesem Bereich?
Krämer: Zum einen sind die Sternsinger für Flüchtlinge schon seit langem weltweit sehr intensiv unterwegs. Im, vergangenen Jahr haben wir die große Aktion "Leben retten" gestartet, die das Engagement der Sternsinger für jene Flüchtlinge, die unter anderem über das Mittelmeer zu uns kommen, verdeutlicht. Und dann geht es darum, mit den Flüchtlingskindern in unseren Gemeinden Kontakt aufzunehmen. Da bietet sich vielleicht auch das gemeinsame Sternsingen an.
Frage: Sie sind Präsident des Internationalen Katholischen Missionswerks missio Aachen und leiten gleichzeitig das Kindermissionswerk "Die Sternsinger". Was begeistert Sie an diesem Job?
Krämer: Es ist zum einen sehr schön und erfüllend, wenn man für Kinder in aller Welt etwas tun kann. Das Jahr über bekomme ich immer wieder Besuch von unseren Projektpartnern. Da sehe ich, wie viel Segen von dieser Arbeit ausgeht. Und dann gibt es die große Aussendungsfeier, diesmal in Fulda, und den Empfang der Sternsinger im Bundeskanzleramt in Berlin. Wenn ich sehe, wie fröhlich und begeistert die Kinder bei der Sache sind, macht mir das auch als Erwachsener Mut.