Christkönig: Ein politisches Fest
Das Christkönigsfest ist ein für kirchliche Verhältnisse relativ junges Fest: Es wurde erst 1925 von Papst Pius XI. eingeführt und heißt vollständig "Hochfest unseres Herrn Jesus Christus, des Königs des Weltalls". Für ein kirchliches Fest ist es erstaunlich politisch und das nicht nur aufgrund seines Bezugs zum Königtum.
Ende des 19. und Anfang des 20. Jahrhunderts hatte sich in Europa die politische Landschaft stark verändert: Zum einen hatte der Papst seine ganze weltliche Macht verloren, als 1870 der italienische König in Rom einmarschiert war. Dieser besiegelte damit das Ende des Kirchenstaates und machte den Papst zu einem Gefangenen im Vatikan. Zum anderen waren nach dem Ersten Weltkrieg viele europäische Monarchien durch Demokratien abgelöst worden. Die Herrschaft der Kaiser und Könige war der Herrschaft des Volkes gewichen. Das christliche Königtum in Europa hatte sich traditionell als von "Gottes Gnaden" verstanden.
Bekenntnissonntag der Jugend ab den 1930er Jahren
Da Pius XI. durch den Siegeszug der Demokratie den christlichen Glauben und seine eigene Position geschwächt sah, führte er ein Fest für Christus den König ein. Es sollte den Gläubigen die Bedeutung von Jesus für Welt und Universum vor Augen führen und wurde zunächst am letzten Sonntag im Oktober gefeiert. Seit der Liturgiereform im Anschluss an das Zweite Vatikanische Konzil liegt der Termin von Christkönig auf dem letzten Sonntag des Jahreskreises unmittelbar vor dem Beginn der Adventszeit.
Für die katholische Jugendbewegung in Deutschland gewann das Hochfest Christkönig zehn Jahre nach seiner Einführung eine große Bedeutung. Wie auch die anderen Formen der Jugendbewegung zu Anfang des 20. Jahrhunderts hatte sie sich aus der Forderung nach einer jugendgerechten Weise, den Glauben in der Kirche zu leben, entwickelt. Die Jugendlichen wählten zunächst den Sonntag nach Pfingsten, den Dreifaltigkeitssonntag, als Termin für den Bekenntnissonntag der Jugend. Bei Aufmärschen und gemeinsamen Feierlichkeiten bekannten sie ihre Zugehörigkeit zu Christus. Nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten sah sich auch die katholische Jugendbewegung wachsenden Repressionen ausgesetzt.
1935 wurde das nationalsozialistische Reichssportfest auf den Dreifaltigkeitssonntag gelegt, sodass die katholische Jugendbewegung einen Ausweichtermin für den Jugendbekenntnistag suchen musste. Sie wählte den Christkönigssonntag Ende Oktober dafür aus. Die Wahl des Termins konnte als Affront gegen den Nationalsozialismus verstanden werden. Die katholischen Jugendlichen verehrten Christus den König und nahmen nicht am Führerkult der Nationalsozialisten teil. Sie fingen damit an, Banner mit dem Christusmonogramm zu benutzen – ein eindeutiger Gegenpol zu den Hakenkreuzfahnen der Hitlerjugend. Bis in die 1960er Jahre hinein wurden die Bekenntnissonntage der deutschen katholischen Jugend gefeiert.
Doch nicht nur für die katholische Jugend in Deutschland hatte das Christkönigsfest eine große politische Bedeutung. Im mexikanischen Bürgerkrieg von 1926 bis 1929 kämpften revoltierende Katholiken gegen einen kirchenfeindlichen Staat. Auch für sie war Christus als König ein Ideal. Die Gründe für den sogenannten Cristero-Krieg waren einerseits die antiklerikalen mexikanischen Gesetze, die der katholischen Kirche viele Rechte verwehrten, wie Gebäude zu besitzen und öffentlich Gottesdienste zu feiern. Andererseits die Einmischung der Regierung Mexikos in die Angelegenheiten der Kommunen. Die bäuerlichen Partisanenkämpfer bezeichneten sich selbst als Cristeros, was sich von ihrem Schlachtruf "¡Viva Cristo Rey!", "Es lebe Christus, der König" ableitete.
Ein junger Heiliger der Cristero-Bewegung
Sie forderten einen Staat, der die freie Ausübung des katholischen Glaubens und die kirchlichen Ansprüche respektierte. Auf Vermittlung der USA konnte 1929 ein Kompromiss zwischen Kirche und Staat gefunden werden, der die Interessen beider berücksichtigte. Unter denen von Papst Franziskus im Oktober 2016 heiliggesprochenen war der 14-jährige Jose Sanchez del Rio, ein katholischer Märtyrer des Cristero-Krieges. Er wurde wegen seiner Beteiligung am Krieg gegen den mexikanischen Staat hingerichtet. Kurz vor seiner Erschießung sollen die Soldaten ihm angeboten haben, dass sie ihn am Leben lassen würden, wenn er "Tod Christus, dem König!" riefe. Jose Sanchez del Rio antwortete jedoch mit dem Schlachtruf der Cristeros: "¡Viva Cristo Rey!"
Heute steht der Christkönigssonntag aufgrund seiner Nähe im liturgischen Kalender im Schatten des Advent. Viele Menschen können das Bild von Jesus Christus als König nicht mehr mit Leben füllen. Könige werden in der heutigen Zeit eher als repräsentative denn als mächtige Persönlichkeiten erlebt. Die eigentliche Aussage des Christkönigsfestes war und ist jedoch eine andere.
Kurzkommentar: Ein Fest mit Potenzial
Welche Bedeutung hat das Christuskönigsfest heute noch? Der Zugang der Gläubigen zu diesem Hochfest wird zunehmend schwerer und wird nicht mehr verstanden. Es trägt aber ein großes Potenzial in sich. Christkönig kann daran erinnern, dass christliche Werte die westlichen Demokratien entscheidend geprägt haben und noch heute in ihnen präsent sind. Politisch werden sie jedoch momentan stark in Frage gestellt. Etwa bei der Aufnahme von Flüchtlingen, dem Lebensschutz und dem Ringen um faire Arbeitsbedingungen. Als Christen sollten wir uns im Geiste Jesu in die Gesellschaft aktiv einbringen und verkünden, dass im Königreich Jesu auch geflüchtete, behinderte, alte und kranke Menschen Platz haben.
Der Artikel erschien erstmals am 26. November 2017 und wurde am 24. November 2019 aktualisiert.