Eine ehrwürdige Stätte
Nach einem gescheiterten Renovierungsanlauf der britischen Mandatsmacht von 1929 dauerte es mehr als 80 Jahre, bis das Gotteshaus über der Geburtsgrotte Christi jetzt endlich baulich gesichert wird. Eine italienische Firma erhielt den Zuschlag, das Dach ist bereits repariert. Bis zum Jahresende soll das darunter befindliche Band der Mosaiken fertig sein, berichtete der Jerusalemer Franziskaner-Archäologe Eugenio Alliata (66) bei einer Zwischenbilanz in Rom.
Politische Spannungen sowie Streitigkeiten zwischen den christlichen Konfessionen hatten bislang alle Veränderungen an der Heiligen Stätte blockiert. Da aber Gefahr im Verzug war und die Sicherheit der jährlich zwei Millionen Besucher nicht mehr gewährleistet schien, setzten die Palästinenser-Behörden eine Sanierung des 1.400 Jahre alten Baus durch. Der Zutritt für Pilger und Besucher ist dadurch nicht eingeschränkt, auch wenn Gerüste und eine Zwischendecke den Blick begrenzen. Freilich kommen aufgrund der angespannten politischen Lage derzeit weniger Besucher ins Heilige Land, klagt der Franziskaner-Pater.
Justinians Gotteshaus steht bis heute
Von der ersten Basilika, die Kaiser Konstantin nach 325 über der traditionellen Geburtsstätte Jesu errichtet, ist nur noch wenig erhalten. Warum Justinian 200 Jahre später diesen Bau durch eine nur geringfügig größere Kirche ersetzte, ist nicht ganz geklärt. Diese überdauerte dann den Angriff der Perser im Jahr 614 – offenbar sahen sie in den Heiligen Drei Königen auf der Außenfassade persische Landsleute. Und sie entging wie durch ein Wunder auch der Zerstörungswut Hakims unmittelbar nach der ersten Jahrtausendwende. Auf jeden Fall steht Justinians Gotteshaus bis heute, und zählt damit zu einer der ältesten Kirchen der Christenheit.
Das Dach ist inzwischen regensicher, und hinter den Gerüsten glänzen die gereinigten Mosaiken in unterschiedlichen Goldtönen von hellgelb bis dunkelorange. Anschließend sollen die rund 40 Säulen mit ihrer ebenfalls auf die Kreuzfahrerzeit zurückgehende Bemalung restauriert werden, berichtete Alliata. Dann geht es an die Wände und zum Schluss an die (größtenteils abgedeckten) Boden-Mosaiken, die noch aus der alten Konstantins-Basilika stammen. Für die Geburtsgrotte sowie für die Außenmauern der Kirche gibt es (bislang) keine Restaurierungspläne. Auf einen Zeitrahmen wollte sich der aus Norditalien stammende Franziskaner nicht festlegen. Es werde noch "sehr lange" dauern.
Und das hänge auch von der Finanzierung ab. Ein Teil der Gelder kommt von den Palästinenser-Behörden, weitere von der Stadt Bethlehem, auch aus dem Vatikan, sowie von privaten Spendern. Der einzige Beitrag der Unesco bestehe bislang darin, dass sie die Geburtskirche zum Weltkulturerbe erhoben habe. Ansonsten habe die Organisation keinen Cent beigesteuert, so der Franziskaner. Allerdings schicke sie von Zeit zu Zeit einen Inspekteur vorbei, der sich über die Arbeiten informiere.
Der "Status quo" von 1852 soll einen Streit der Konfessionen verhindern
Möglich geworden sind die Restaurierungsarbeiten in Bethlehem durch den Druck der politischen Behörden auf die drei zuständigen christlichen Konfessionen – Orthodoxe, Armenier, Katholiken. Wie in der Grabeskirche von Jerusalem so soll auch hier der "Status quo" von 1852 einen Streit unter den Konfessionen verhindern. Der damalige Besitzstand und die Nutzungsrechte der Konfessionen an den verschiedenen Teilen des Gotteshauses wurden eingefroren, dürfen nicht geändert werden. Was in Bethlehem freilich noch schwieriger ist als in Jerusalem, weil der ursprüngliche Rechtsstand hier weniger klar definiert ist. Das führte immer wieder zu Handgreiflichkeiten – und war sogar ein Auslöser des Krimkriegs 1853-56.
Auch im Zeitalter der wachsenden Ökumene ist das Verhältnis der Kirchen im Heiligen Land nicht immer konfliktfrei. Dennoch drängt die gemeinsame Minderheitensituation im Krisenherd Nahost die getrennten Christen zunehmend zu Kooperation und Sachabsprachen. Und nach dem Renovierungsprojekt von Bethlehem verständigten sich auch die "Eigentümer" der Jerusalemer Grabeskirche im März auf notwendige Baumaßnahmen. Die nach einem Brand von 1808 errichtete Grabrotunde mit ihrem russischen Zwiebelturm soll statisch gesichert und die Marmorplatten erneuert werden.