Eine unhaltbare Situation
Robert Finn, seit 2005 Bistumsleiter, und andere Verantwortliche in der Diözese kehrten Hinweise auf das kriminelle Treiben des Priesters fünf Monate lang unter den Teppich - obwohl sie aufgrund einer Welle kostspieliger Missbrauchsprozesse gegen das Bistum sensibilisiert sein mussten. 2008 versuchte Bischof Finn das Thema mit einer zehn Millionen Dollar schweren Einigung mit 47 Klägern aus der Welt zu schaffen.
Als die Behörden dann Ermittlungen gegen Finn aufnahmen, fand er sich in einer unhaltbaren Position wieder. Das Gericht von Jackson County verurteilte ihn im September 2014 zu zwei Jahren Gefängnis auf Bewährung, weil er es unterlassen hatte, Ratigan den Behörden umgehend zu melden. Finn war damit der erste Bischof, der strafrechtlich zur Rechenschaft gezogen wurde. Der aus dem Priesteramt entfernte Ratigan verbüßt heute eine 50-jährige Haftstrafe.
Helfer zur Verantwortung ziehen
Der Opferverband SNAP lobt die Entscheidung des Papstes, den Rücktritt des Bischofs anzunehmen, als einen "kleinen, aber verspäteten Schritt nach vorn". Nun sei es wichtig, auch die Helfer in der Diözese zur Verantwortung zu ziehen, die Finn bei der Vertuschung assistiert hätten. Solange dies nicht geschehe, seien Kinder in dem Bistum nicht sicher.
Die Organisation "BishopAccountability.org" spricht von 25 öffentlich beschuldigten Klerikern der Diözese, deren Fälle noch nicht geklärt seien. Die Ko-Vorsitzende Anne Barrett Doyle forderte Papst Franziskus auf, "öffentlich zu erklären, dass Finn wegen der Handhabung des Falls Ratigan und dem Versagen, Kinder zu schützen, abberufen worden ist".
Der Vatikan hatte in seiner offiziellen Mitteilung am Dienstag keinen Grund für die Entscheidung des Papstes genannt. Die Mitteilung verwies lediglich auf eine Vorschrift des katholischen Kirchenrechts, nach der ein Diözesanbischof zum Amtsverzicht "nachdrücklich gebeten" wird, wenn er wegen seiner angegriffenen Gesundheit oder aus einem "anderen schwerwiegenden Grund" seine Amtsgeschäfte nicht mehr ausführen kann.
Die neue Null-Toleranz-Politik der Kirche
Spekulationen zufolge soll der Bostoner Kardinal Sean O'Malley im Hintergrund eine Schlüsselrolle gespielt haben. In einem Interview des Senders CBS erklärte der für die Aufarbeitung des Missbrauchsskandals im Vatikan mitzuständige Kardinal im November, unter der neuen Null-Toleranz-Politik der Kirche in seinem Bistum Boston dürfte Finn nicht einmal als Lehrer in der Sonntagsschule arbeiten.
Der Sprecher des Bistums Kansas City-Saint Joseph, Jack Smith, nannte es "reinen Zufall", dass Finns Besuch im Vatikan mit dem Treffen der Missbrauchs-Kommission des Papstes am 13. April zusammenfiel. Gut denkbar, dass der 62-jährige Bischof in Rom Gelegenheit bekam, sich zu Ermittlungsergebnissen des kanadischen Erzbischofs Terrence Prendergast zu äußern, der vergangenen Herbst in Kansas nach dem Rechten schaute.
Bis zur Berufung eines Nachfolgers für Finn wird der Erzbischof der Nachbardiözese Kansas City in Kansas, Joseph Naumann, die Leitung übernehmen. In einem Schreiben an die Gläubigen heißt es, er bete dafür, "dass die kommenden Wochen und Monate eine Zeit der Gnade und der Heilung werden".
Der nach zehn Jahren im Amt zurückgetretene Bischof Finn äußerte sich ebenfalls in einer vom Bistum veröffentlichten Erklärung. "Es war eine Ehre und Freude für mich, hier unter so vielen guten Menschen des Glaubens dienen zu dürfen."
Von Thomas Spang (KNA)