Kardinal Koch hält weitere Klärung des Kirchenverständnisses für nötig

Es knistert in der Ökumene

Veröffentlicht am 08.07.2014 um 00:00 Uhr – Lesedauer: 
Theologie

Bonn ‐ Der Diskussionsbedarf in der Ökumene hält an. Gerade im Hinblick auf das Reformationsjubiläum 2017 gibt es gegenseitig Verständnisprobleme, Bedauern und Kritik. Während Kurienkardinal Kurt Koch über den Kirchenbegriff allgemein diskutieren möchte, wird an anderer Front der Text der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) zur Rechtfertigung weiter diskutiert und kritisiert.

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Koch, der Präsident des Päpstlichen Rates zur Förderung der Einheit der Christen, hat die Kirchen der Reformation zu einer "weiteren Klärung des Kirchenverständnisses" aufgefordert. Die katholische Kirche erkenne "die Evangelische Kirche so an, wie sie sich selbst versteht", erklärte er in einem am Montag veröffentlichten Diskussionsbeitrag für das ökumenische Internetprojekt " 2017 gemeinsam unterwegs ".

Die Protestanten verstünden sich allerdings anders als die katholische Kirche, fügte er hinzu. Sie wollten "auf andere Weise" Kirche sein, als dies Papst Benedikt XVI. interpretiert habe. Demnach sieht die katholische Kirche die evangelische als "kirchliche Gemeinschaft" und nicht als Kirche "im eigentlichen Sinn".

Kardinal Kurt Koch ist Präsident des Päpstlichen Rates zur Förderung der Einheit der Christen.
Bild: ©KNA

Kardinal Kurt Koch ist Präsident des Päpstlichen Rates zur Förderung der Einheit der Christen.

Koch: Protestanten haben Selbstbezeichnung Kirche lange abgelehnt

Diese "andere Weise" muss nach Auffassung des Schweizer Kardinals im ökumenischen Dialog weiter besprochen werden. Zu klären sei etwa, warum die Selbstbezeichnung als Kirche für evangelische Christen gerade heute so wichtig sei, "nachdem sie diese in der Geschichte lange für sich abgelehnt haben". Weiter fragte Koch, ob nur die Landeskirchen Kirche seien oder auch die Freikirchen und evangelischen Gemeinschaften.

Auf "2017 gemeinsam unterwegs" gibt es allerdings auch einen weiteren aktuellen Beitrag : Der Generalsekretär des Lutherischen Weltbunds (LWB), Pfarrer Martin Junge, betont, evangelische Kirchen verstünden sich "als Kirchen im vollen Sinne". Sie bekennten sich als Teil und Ausdruck der "einen, heiligen, katholischen und apostolischen Kirche". Junge hob hervor: "Evangelische Kirchen sind darum nicht auf eine Anerkennung angewiesen, die ihnen von dritter Seite zugesprochen werden müsste, um sich als Kirche verstehen zu dürfen."

Scharfer Ton in Debatte über EKD-Text

Allerdings sei es wichtig, dass eine weitere Verständigung zwischen den evangelischen Kirchen und der katholischen Kirche erfolge, so Junge. Er verweist auf viele bedeutende Meilensteine, etwa die internationalen Dialogergebnisse, auf denen aufbauend weiter gearbeitet werden sollte. Auf praktischer Ebene seien es die vielerorts gängigen Begegnungen und die intensive Zusammenarbeit, die das Miteinander prägen. Protestanten und Katholiken seien längst keine Fremden mehr, betonte der LWB-Generalsekretär.

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Video: © Schortemeyer, Tesoro, Lukassek

Ökumene-Bischof Gerhard Feige und Ökumene-Experte Wolfgang Thönissen erläutern die Schwierigkeiten mit dem Reformationsgedenken 2017

Schärfer wird der Ton in der Debatte über den EKD-Grundlagentext " Rechtfertigung und Freiheit " geführt. Das im Mai erschienene Dokument hatten führende katholische Würdenträger kritisiert, wie etwa der emeritierte Kurienkardinal Walter Kasper und der "Ökumenebischof" der Deutschen Bischofskonferenz, Gerhard Feige (Magdeburg). Harte Worte fand vergangene Woche auch der Leitende Direktor des Johann-Adam-Möhler-Instituts für Ökumenik in Paderborn, Wolfgang Thönissen .

Theologe: gemeinsame Feiern 2017 zurückzuweisen?

Der Paderborner katholische Theologe Thönissen nannte den Text "eine wohlbegründete Absage an die mit der katholischen Kirche geführten ökumenischen Gespräche der letzten Jahrzehnte". Die katholische Kirche solle darüber nachdenken, ob sie nicht alle Einladungen zu gemeinsamen Feiern zum Reformationsjubiläum zurückzuweisen müsse, schrieb er in einem Beitrag für den Fachdienst "Ökumenische Information" der Katholischen Nachrichten-Agentur.

Thönissen wirft den Autoren vor, zentrale Einsichten der Reformatoren "für eine protestantische Orientierung unhistorisch zu instrumentalisieren". Protestantisch heiße dabei, "sie so zuzuspitzen, dass eine ökumenische Verständigung von vornherein ausgeschlossen ist". Darin unterscheide sich der EKD-Text grundlegend von dem im vergangenen Jahr vorgelegten lutherisch-katholischen Dokument "V om Konflikt zur Gemeinschaft ". Die Forderung des Theologen an die evangelische Kirche: "Die EKD sollte jetzt schnellstens erklären, bevor weiteres Porzellan zerschlagen wird, wie sie selbst die ökumenischen Dokumente und Vorgänge der letzten Jahrzehnte bewertet."

Auf ihn antwortet in der aktuellen Ausgabe der " Ökumenischen Information " der Catholica-Beauftragte der Vereinigten Evangelisch-Lutherischen Kirche Deutschlands (VELKD), Landesbischof Karl-Hinrich Manzke. Er äußert Verständnis für katholische Kritik am EKD-Text. "Ich verstehe das Bedauern gut, dass wesentliche Texte des ökumenischen Gespräches aus der jüngsten Zeit in dem Dokument der EKD keine Erwähnung finden", schrieb Manzke für den Fachdienst. Es hätte dem Text gut getan, wenn dort auf ökumenische Fortentwicklungen verwiesen worden wäre.

"Ermutigende Schritte"

Aus Sicht Manzkes geht Thönissen aber "zu hart mit den gewiss erkennbaren Grenzen und der eingeschränkten Stoßrichtung des EKD-Textes um". Es übersehe die "Zielsetzung einer innerprotestantischen Verständigung, die genau darauf abzielt, die Grundlagen für ein nicht konfessionell verengtes Begehen des Reformationsgedenkens in 2017 ins Gespräch zu bringen". Es gebe "ermutigende Schritte" auf dem Weg zu einem gemeinsam begangenen Reformationsgedenken auf verschiedenen Arbeitsebenen, so Manzeke. Diese sollten nicht durch "allzu schnelle und heftige Reaktionen nicht verstellt" werden. (Mit Material von KNA)

Von Agathe Lukassek