Forum "Geschieden - Wiederverheiratet"
Soviel steht fest: Der in der katholischen Kirche geltende Ausschluss wiederverheirateter Geschiedener von den Sakramenten stößt bei der großen Mehrheit der Gläubigen auf Unverständnis. Einmal mehr wurde dies am Wochenende in Trier bei einem mit "Geschieden - Wiederverheiratet" überschriebenen Forum deutlich, zu dem rund 220 Teilnehmer kamen. Dazu eingeladen hatte der Trierer Bischof Stephan Ackermann.
Der Ausschluss vom Empfang der Sakramente bedeutet in der Praxis vor allem den Ausschluss vom Kommunionempfang. Zur Praxis gehört freilich auch, dass wiederverheiratete Geschiedene oft genug dennoch zur Kommunion gehen, nicht selten auch mit Wissen des jeweiligen Pfarrers. Offiziell aber gilt, dass sie nicht zu den Sakramenten zugelassen sind, weil sie den von der Kirche, die sich auf Jesus beruft, den als unauflöslich betrachteten Ehebund gebrochen haben; laut Kirchenrecht verharren sie "hartnäckig in einer offenkundigen schweren Sünde".
Den moralischen Ernst der Situation vor Augen
Bei dem Ehepaar aus Bad Kreuznach sieht die Sache so aus: Zwar ist die Ehefrau nicht geschieden, verharrt aber mit ihrem Ehemann in "schwerer Sünde". Sie fand sich bestraft, weil sie nicht kirchlich heiraten durfte, wollte und will aber "von der Kommunion nicht lassen". Auch wurde ihr von kirchlicher Seite signalisiert, ihre Situation sei nicht ganz so ernst wie die ihres Ehemannes. Dieser wiederum "respektiert" die Lage der Dinge, geht auch nicht "klammheimlich" zur Kommunion. Er wie sie reden keiner Beliebigkeit das Wort. Vielmehr: Man müsse wiederverheirateten Geschiedenen schon den moralischen Ernst ihrer Situation vor Augen halten, aber auch eine Gewissensentscheidung achten. Nötig sei eine Abkehr von Dogmatismus in Verbindung mit Formalismus.
Wie nicht wenige andere katholische deutsche Bischöfe, so hält auch der Trierer Oberhirte Ackermann den Ist-Zustand für mehr als unbefriedigend. Er spricht von einem drängenden seelsorglichen Problem, weil die Sache Menschen in Distanz zur Kirche bringe, mahnt Lösungen dieses Problems als dringlich an. Er warnt zugleich vor Schnellschüssen, weil die Thematik zu komplex sei, und betont, es müsse klar bleiben, dass die Kirche zur Unauflöslichkeit der Ehe stehe.
Pfarrer: Ohne Lösung "Ausverkauf der Seelsorge"
Auf der Suche nach einem Ausweg vom Ausschluss meldeten sich bei dem Trierer Forum Theologen und Gesellschaftswissenschaftler zu Wort, nicht zuletzt und vor allem aber Betroffene. "Betroffen" ist auch Lutz Schultz (55), Pfarrer in Simmern. Ihm macht zu schaffen, dass sich da Menschen mit der Erfahrung eines Bruchs von der Kirche als "schwere Sünder" ausgeschlossen fühlten. Und das seien "nicht die anderen", sondern viele Paare aus dem Kern der Kirchengemeinde. Dem Pfarrer ist es wichtig, in der Seelsorge nach dem Gewissen zu fragen, es zu stärken und von daher Wege zu finden.
Ein wiederverheirateter geschiedener Ehemann aus Saarbrücken erklärt, wenn man zehn Jahre nach der Scheidung wieder heirate, beginne man ein neues Leben. "Warum soll ich zehn Jahre nach der Scheidung nicht wieder heiraten können?", fragt er. Ein anderer Teilnehmer des Forums fragt, wie man überhaupt davon ausgehen könne, dass das Scheitern einer Ehe immer schuldhaftes Versagen bedeute. Eine Teilnehmerin mokiert sich über die im Kirchenrecht angelegte Möglichkeit, eine kirchlich geschlossene Ehe unter bestimmten Voraussetzungen als nicht gültig zustande gekommen zu erklären - und spricht von einem Recycling-Verfahren. Und einer der nicht wenigen Geistlichen unter den Forums-Teilnehmern mahnt, wenn die Kirche keine neuen Wege für den Umgang mit wiederverheirateten Geschiedenen finde, komme das einem "Ausverkauf der Seelsorge" gleich.
Von Peter de Groot (KNA)