Kurienerzbischof blickt auf seine Zeit mit Benedikt XVI. zurück

Gänswein: Abschied vom Palazzo "sehr schmerzhaft"

Veröffentlicht am 28.06.2016 um 16:34 Uhr – Lesedauer: 
Kurienerzbischof Georg Gänswein im Interview mit Journalist Paul Badde.
Bild: © YouTube
Vatikan

Vatikanstadt ‐ Georg Gänswein hat in einem Interview über sein Leben an der Seite von Benedikt XVI. gesprochen. Darin hat er auch verraten, wie nah er und der emeritierte Papst sich persönlich stehen.

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"Die Natur hat hier gesprochen, und zwar ziemlich deutlich", sagte Gänswein. Er habe den Eindruck gehabt, es sei eine Reaktion oder ein Zeichen "von weiter oben" gekommen. Der anschließende Abschied vom Apostolischen Palast sei "sehr schmerzhaft" gewesen. In den letzten drei Jahren habe er jedoch gesehen, dass Benedikt in vollem Frieden mit seiner Entscheidung lebe. Das habe auch Gänswein selbst geholfen, den inneren Widerstand aufzugeben "und die Entscheidung des Papstes anzunehmen".

Zurückgezogen im Kloster Mater Ecclesiae lebe Benedikt nun ein "mönchisches Lebensprogramm", erklärte Gänswein. Nach seinem Rücktritt habe er sich sicherlich auf mehr Zeit für das Gebet, zum Lesen, Nachdenken und die Begegnung mit Menschen gefreut. Vergessen sei der emeritierte Papst bei den Gläubigen anscheinend nicht. Aufgrund vieler Zuschriften glaubt sein Privatsekretär, dass "unheimlich viele Menschen für ihn beten". Das Gebetsgedenken sei in letzter Zeit sogar noch gestiegen. Für ihn selbst sei Benedikt zu einem großen Vorbild, aber auch zu einer großen Bezugsperson geworden. "Er verkörpert eine geistige Klarheit, und zwar mit einer unheimlich intellektuellen Präsenz, aber einer entwaffnenden Milde", beschrieb es Gänswein. "In dieser Form kenne ich keine zweite Person."

Papst Benedikt XVI. im Jahr 2010 während einer Wanderung mit seinem Privatsekretär Georg Gänswein in den Wäldern um Rocca di Mezzo in der Nähe von L'Aquila.
Bild: ©KNA

Der Vertraute des Papstes: Georg Gänswein begleitete Papst Benedikt XVI. sogar in dessen Urlaub: Hier im Jahr 2010 während einer Wanderung in den Wäldern um Rocca di Mezzo in der Nähe von L'Aquila.

Auf die Kurienreform angesprochen, mit der Benedikts Nachfolger Franziskus die vatikanische Verwaltung verschlanken will, zeigte sich Gänswein abwartend. Vor allem zu Beginn des Pontifikats seien "viele Thesen herumposaunt" worden, die nahelegten, dass die Kurie in einer desaströsen Situation und es höchste Zeit sei, das etwas reformiert werde. Er selbst sei jedoch seit 20 Jahren im Vatikan und habe gedacht: "Mancher, der da große Worte gefunden hat, kennt die Kurie eigentlich nur über die Regenbogenpresse, hat aber keine konkrete Kenntnis und sollte vielleicht besser den Fuß vom Gaspedal nehmen."

Natürlich habe es in der katholischen Kirche auch Schwierigkeiten gegeben, so dass es notwendig geworden sei, bestimmte Dinge zu ändern, sagte Gänswein. Auf die Ergebnisse der Kurienreform sei er allerdings neugierig. Was die Umstrukturierungen der Vatikanbank betreffe, sei das weitergeführt worden, was bereits unter Papst Benedikt angefangen wurde. "Eine Reform in dem Punkt braucht aber einfach Zeit, bis sie greift. Das sieht man eindeutig."

Eine Tür für Papstrücktritt geöffnet

Über den Rücktritt des Papstes sagte Gänswein, dass "eine Tür geöffnet worden ist". Ob durch diese Tür auch andere Päpste schritten, könne er jedoch nicht voraussagen - halte es aber auch nicht für unrealistisch. In diesem Zusammenhang präzisierte er auch seine Aussagen zum "geteilten Papstamt", mit der er für Irritationen gesorgt hatte. Damit habe er keineswegs zum Ausdruck bringen wollen, dass es aus seiner Sicht zwei Päpste gebe und Franziskus dieses Amt nicht rechtmäßig innehabe, so Gänswein. Der amtierende Papst hat die Diskussion mittlerweile persönlich beendet. Benedikt XVI. sei "der emeritierte Papst, nicht ein zweiter Papst", sagte Franziskus. (jhe)