Und vom Papst wünscht sich der Kurienerzbischof Klarheit über die kirchliche Lehre

Gänswein übt Kritik am Kirchensteuersystem

Veröffentlicht am 17.07.2016 um 09:51 Uhr – Lesedauer: 
Kirche

Vatikanstadt ‐ Kurienerzbischof Georg Gänswein hat die Exkommunikation bei Kirchenaustritt als "übertrieben und nicht nachvollziehbar" bezeichnet. Und vom Papst wünscht er sich Klarheit über die kirchliche Lehre.

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Außerdem müsse die Frage diskutiert werden, ob die Kirchensteuerpflicht die einzig richtige und angemessene Form der Finanzierung kirchlicher Aufgaben sei, so der Erzbischof. "Die einen sagen: Weg mit der Kirchensteuer, die anderen stilisieren sie hoch zu einem Glaubensgut. Beide Extreme taugen nichts." Gänswein stellte die Frage, wem damit gedient sei, "wenn eine Diözese superreich ist, aber der Glaube nach und nach versickert".

In dem Interview gesteht der Erzbischof auch, selbst kein Bischof einer deutschen Diözese werden zu wollen. "Das kirchliche Establishment hat von mir ein negatives Bild. Zu deren Lieblingen gehöre ich nicht." Er werde in Deutschland unberechtigt als Hardliner und Rechtsaußen abgestempelt und trage ein "Kainsmal", sagt der 59-Jährige. Gänswein stammt aus dem Landkreis Waldshut in Baden-Württemberg, lebt aber bereits seit mehr als 20 Jahren im Vatikan. Er ist auch nach dem Rücktritt Benedikts XVI. dessen Privatsekretär.

Über Papst Franziskus sagte Gänswein, dass dieser "zuweilen etwas unpräzise, ja flapsig" rede. Das führe zu gelegentlicher Konfusion und Unsicherheiten. "Es ist seine Art, so zu reden, auch auf die Gefahr hin, dass das Anlass zu Missverständnissen, mitunter auch zu abenteuerlichen Interpretationen gibt." Dies hänge auch mit der Medienberichterstattung zusammen.

Gänswein forderte klare Festlegungen in der Lehre der Kirche

Mit Blick auf die zurückliegende Weltbischofssynode zu Familienfragen räumte Gänswein ein, dass es unterschiedliche Positionen in der Kirche zu Fragen von Familie, Ehe und Sexualität gebe. Von der Aussage, dass ein Riss durch die Kirche gehe, halte er allerdings nicht viel. "Der Wahrheit halber ist aber auch hinzuzufügen, dass einige Bischöfe wirklich Sorge haben, dass das Lehrgebäude durch den Mangel an glasklarer Sprache Einbußen erleiden könnte."

Gänswein forderte klare Festlegungen in der Lehre der Kirche. Nach den Worten des Kurienerzbischofs sind Unsicherheiten, gelegentlich auch Konfusionen und ein Durcheinander in der Kirche gewachsen. "Wenn ein Papst in der Lehre etwas ändern will, dann muss er das deutlich sagen, damit das auch verbindlich ist", sagte er. "Wichtige Lehrauffassungen lassen sich nicht durch Halbsätze oder etwas offen formulierte Fußnoten verändern." Aussagen, die unterschiedliche Interpretationen ermöglichten, seien eine riskante Sache. (bod/KNA)

17.07.2016, 17.28 Uhr: ergänzt um Aussagen zu Franziskus und Synode