Debatte nach Essener Studie "Kirchenaustritt - oder nicht?"

Generalvikar: "Miserables" Kirchenimage überraschend

Veröffentlicht am 01.03.2018 um 14:35 Uhr – Lesedauer: 
Ein Hinweisschild in einer Behörde, auf dem "Kirchenaustritte" steht.
Bild: © KNA
Bistum Essen

Mülheim ‐ "Kirchenaustritt - oder nicht?" heißt eine Studie, die das Bistum Essen in Auftrag gegeben hat. Generalvikar Klaus Pfeffer spricht über den Kontakt mit Ausgetretenen und Probleme im Umgang mit Kritik.

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Der Essener Generalvikar Klaus Pfeffer ruft die katholischen Gemeinden dazu auf, verstärkt den Kontakt zu aus der Kirche ausgetretenen Menschen zu suchen. Die Kirche sollte anerkennen, dass auch in ihren Kritikern der Geist Gottes wirke, sagte er am Mittwochabend in Mülheim an der Ruhr. In den persönlichen Gesprächen sollte es darum gehen, die Motive der Ausgetretenen zu verstehen, etwa welche Ereignisse sie verletzt hätten oder was sie an der Kirche frustriere.

Pfeffer äußerte sich am Rande einer Tagung, bei der die Diözese Essen die Ergebnisse einer von ihr in Auftrag gegebenen Kirchenaustritt-Studie vorstellte. Danach liegen die Hauptgründe in einer langen Phase der Entfremdung und einer fehlenden emotionalen Bindung zur Kirche. Die Unzufriedenheit mit der Kirchensteuer sei dann meist der Auslöser dafür, der Kirche den Rücken zu kehren. Zu den am meisten genannten Austrittsgründen zählen eine "nicht mehr zeitgemäße Haltung" im Bereich der Sexualmoral, das Frauenbild der Kirche, ihre Positionen zu wiederverheirateten Geschiedenen und dem Zölibat. Jeder zehnte Befragte nannte die Missbrauchsfälle oder die Finanzaffäre um das Limburger Bischofshaus.

Kritische Anfragen sind für Kirche Herausforderung

Pfeffer verwies darauf, dass die Menschen in der heute von Pluralität gekennzeichneten Zeit über ihre Kirchenmitgliedschaft frei entschieden. Auf diesen Wandel sei die katholische Kirche nicht gut vorbereitet. Kritische Anfragen bedeuteten für sie eine Herausforderung. Die Kirche könne die Empfehlungen der Ausgetretenen nicht zur Kenntnis nehmen, ohne sich auch in ihren Lehr- und Moralfragen infrage stellen zu lassen, betonte Pfeffer.

Der Generalvikar nannte es für ihn überraschend, dass das Gesamtimage der Kirche so "miserabel" sei. Umgekehrt erlebe er, dass die Kirche in der Gesellschaft immer noch eine hohe Wertschätzung genieße und sich große Erwartungen an sich richteten. Dies zeige sich etwa in den stark besuchten Weihnachtsgottesdiensten. Die Kirche müsse sich aber fragen, inwieweit es ihr wirklich gelinge, Lebenssinn und Hoffnung zu vermitteln. "Da haben wir noch ziemlich viel Luft nach oben", so der Generalvikar.

Autoren der Studie "Kirchenaustritt - oder nicht?" sind Experten der Universität Siegen, der CVJM-Hochschule Kassel, des Zentrums für angewandte Pastoralforschung der Ruhr-Universität Bochum und des Philosophisch-theologischen Instituts M.-Dominique Chenu in Berlin. Teil der Studie ist eine Online-Umfrage, an der sich rund 3.000 Personen aus dem Ruhrgebiet beteiligten, darunter 450 Ausgetretene. Zusätzlich wurden rund 40 Einzelinterviews geführt. (KNA)