Heilige, Theologen, Mystiker
Der Dominikanerorden ist eine der einflussreichsten Gemeinschaften in der Kirche. Aus ihm sind viele bedeutende Persönlichkeiten - Heilige, Theologen, Mystiker - hervorgegangen. Der Orden wurde vom heiligen Dominikus gegründet und verbindet in seinem Wirken Kontemplation und Aktion, Studium und Verkündigung. Am 22. Dezember 1216, also heute vor 800 Jahren, wurde der Orden der Prediger - so der offizielle Name der Dominikaner - von Papst Honorius III. bestätigt. Aus diesem Anlass stellt katholisch.de einige der bedeutendsten Dominikaner der vergangenen 800 Jahre vor.
Thomas von Aquin
Er ist für viele Katholiken der größte Theologe der Christenheit: Der heilige Thomas von Aquin (1225-1274). Nach dem Studium in Bologna, Köln und Paris übte er verschiedene Ämter im Predigerorden und unter mehreren Päpsten aus. Die letzten Jahre vor seinem Tod lehrte Thomas als Professor in Paris und Neapel. Sein bekanntestes Werk, die Summe der Theologie, ist ein umfassender Überblick über die christliche Theologie. Thomas setzte sich aber auch mit dem Islam und der arabischen Philosophie auseinander. Der Legende nach soll der Ausnahme-Theologe einige Monate vor seinem Tod aus Demut vor dem Geheimnis Gottes nur noch geschwiegen haben. Der heilige Thomas ist der Patron der Hochschulen, der Studierenden und der Bleistifthersteller.
Meister Eckhart
Voller Ehrfurcht wird er Meister genannt: Der Dominikaner Eckhart von Hochheim (um 1260-1328). Über die Herkunft von Meister Eckhart ist wenig bekannt, vermutlich stammte er aus einem Rittergeschlecht in Thüringen. Er trat wahrscheinlich in Erfurt den Predigerbrüdern bei und studierte in Köln. Als einer der bedeutendsten Theologen seiner Zeit verfasste er Werke auf Latein und Deutsch. Aber seine Gedanken über das Wesen Gottes trafen in der Kirche auf Gegenwind. Es wurde ein Inquisitionsverfahren eröffnet, das einzige gegen einen Theologen von Rang. 1328 starb Meister Eckhart vor Abschluss des Prozesses. Seine Theologie und Spiritualität haben viele Mystiker beeinflusst. Auch heute noch entdecken Gottsucher bei Meister Eckhart eine geistige Heimat.
Katharina von Siena
Als sie mit 33 Jahren in Rom starb, hatte Katharina von Siena (1347-1380) Päpste und Fürsten beraten. Sie sorgte als Ratgeberin von Gregor XI. dafür, dass er das päpstliche Exil in Avignon verließ und den Petrusstuhl wieder nach Rom verlegte. Dabei hatte sie eigentlich keine kirchenpolitische Karriere im Sinn, als sie mit 18 Jahren Dominikanerin wurde. In Siena und Pisa pflegte sie Pestkranke und steckte sich sogar selbst mit der Seuche an. Katharina war auch Mystikerin. Es sollen sich auf wundersame Weise die Stigmata, die Wundmale Christi an ihrem Körper gezeigt haben. Zudem verfasste sie mehrere hundert geistliche Briefe. Papst Paul VI. ernannte die heilige Katharina 1970 zur Kirchenlehrerin, eine Ehre, die bisher nur vier Frauen zu Teil wurde.
Fra Angelico
Der selige Johannes von Fiesole (1395-1455) ist besser bekannt unter dem Namen Fra Angelico, der engelsgleiche Bruder. Diesen Beinamen bekam er für seine Art zu malen. Fra Angelico soll um 1417 in Fiesole in der Toskana in den Dominikanerorden eingetreten sein. Zu dieser Zeit arbeitete der schon als Maler. Er lebte in Florenz und Rom, wo er für die Päpste Eugen IV. und Nikolaus V. im Vatikan geistliche Werke malte. Zu seinen bekanntesten Werken zählt das Teilbild eines Altars, das die Verkündigung Mariens zeigt und heute in Madrid zu sehen ist. Als einer der wenigen heiliggesprochenen Maler ist er der Patron der Künstler.
Bartolomé de las Casas
In der Epoche der Entdeckungen lebte der Dominikanerbischof Bartolomé de las Casas (1484-1566). Er war ein Grenzgänger zwischen der Alten und der Neuen Welt. Las Casas war Sohn eines spanischen Kaufmanns, der Kolumbus auf seiner zweiten Reise nach Amerika begleitet hatte. Er trat in die Fußstapfen seines Vaters und nahm ebenfalls an der Eroberung Amerikas teil. So kam es, dass er über ein Stück erobertes Land und die dort lebenden Eingeborenen herrschte. 1514 verzichtete Las Casas auf seine Ansprüche und fing an, sich für die Rechte der Indios einzusetzen. Sie wurden von den neuen Herrschern unterdrückt, misshandelt und versklavt. Las Casas trat 1523 in ein Dominikanerkloster auf Hispaniola (Haiti) ein und verfasste Bücher über die Eroberung Amerikas, in denen er detailliert die Grausamkeiten an den Indigenen beschrieb. Beim spanischen Kaiser Karl V. setzte er sich wiederholt für eine bessere Behandlung und die Rechte der Eingeborenen ein. 1544 wurde Las Casas auf Vorschlag von Karl V. zum Bischof der südmexikanischen Stadt Chiapas ernannt. Der "Chronist der Konquista" und "Apostel der Indianer" genannte Las Casas starb 1566 in Madrid.
Pius V.
Ein Dominikaner ist dafür verantwortlich, dass die Päpste eine weiße Soutane tragen. Als der Dominikanerkardinal Michele Ghisliere 1566 zum Papst Pius V. (1504-1572) gewählt wurde, behielt er seinen weißen Habit einfach an. Die nachfolgenden Päpste taten es dem ehemaligen Inquisitor gleich. Der asketisch lebende Pius V. setzte sich für Reformen in Liturgie und Verwaltung der Kirche ein. So veröffentlichte er den Römischen Katechismus und förderte die Verbreitung von Priesterseminaren. Zudem erneuerte er das Römische Messbuch und das Brevier zur Feier des Stundengebets. 1570 schloss er sich mit Spanien und Venedig zur "Heiligen Liga" zusammen, um Europa gegen die Türkenbedrohung zu verteidigen. Bei der Seeschlacht von Lepanto 1571 siegte die christliche Flotte. Pius V. schrieb diesen Sieg der Muttergottes und dem Rosenkranzgebet zu, das er besonders gefördert hatte. In seinem Todesjahr 1572 führte er das Fest der Jungfrau Maria vom Rosenkranz ein. Pius V. wurde 1712 heiliggesprochen.
Rosa von Lima
Papst Innozenz XI. sagte über die heilige Rosa von Lima (1586-1617), dass sie wahrscheinlich mehr Menschen bekehrt habe, als alle Missionare Amerikas. Mit 20 Jahren schloss sich Rosa von Lima gegen den Willen ihrer Eltern dem Dritten Orden der Dominikaner an. Sie lebte in einer Baracke im Garten ihrer Eltern in Lima (Peru) und quälte ihren Körper mit schmerzhaften Bußübungen. 1614 gründete sie das erste kontemplative Kloster Südamerikas und begann in der Krankenpflege zu arbeiten. Rosa ermahnte die Priester zu einem heiligen Leben und kritisierte die Gewalt gegen Indios. Im Ruf der Heiligkeit starb Rosa von Lima 1617 und wurde 1671 als erste Frau Amerikas heiliggesprochen. Im Lateinamerika ist sie bis heute eine der bedeutendsten Heiligen.
Dominique Pire
Für Dominique Pire (1910-1969) war die Fluchterfahrung während des Ersten Weltkriegs ein Erlebnis, das sein späteres Engagement entscheidend prägte. Im Alter von vier Jahren verließ er mit der Familie seine Heimatstadt in Belgien. Nach dem Exil in Frankreich konnte Pire dorthin erst 1918 zurückkehren. Das Haus der Familie war zu diesem Zeitpunkt komplett zerstört. Mit 18 Jahren trat er den Dominikanern bei und studierte Philosophie, Theologie und Sozialwissenschaften. Während des Zweiten Weltkriegs und in der Nachkriegszeit setzte sich der Dominikaner besonders für Waisenkinder und Heimatlose ein. Die Einrichtung der insgesamt sieben Europadörfer, in denen durch den Krieg heimatlos gewordene Menschen ein neues Zuhause bekamen, führte zur Verleihung des Friedensnobelpreises 1958 an Pire. In den 1960er Jahren gründete er das Projekt Friedensinsel, das durch Hilfe zur Selbsthilfe Menschen in Asien, Afrika und Amerika befähigte, sich ein besseres Leben aufzubauen. 1969 starb Pire an den Folgen einer Operation in Belgien.
Gustavo Gutiérrez
Gleichzeitig Vordenker und Spätzünder ist Gustavo Gutiérrez (*1928). Der peruanische Theologe studierte in mehreren Städten Europas und ist seit 1959 Priester. Sein 1971 erschienenes Buch "Die Theologie der Befreiung" war ein Meilenstein. Damit begründete Gutiérrez die nach seinem Werk benannte Befreiungstheologie. Diese theologische Schule befand sich oft im Konflikt mit der Glaubenskongregation. Umso mehr überrascht es, dass Gutiérrez ein persönlicher Freund von Kardinal Gerhard Ludwig Müller ist, dem aktuellen obersten Glaubenshüter. In einem Alter, in dem andere längst im Ruhestand sind, entschied sich der mehrfache Ehrendoktor dazu, einen neuen Lebensabschnitt zu wagen. Mit 71 Jahren wurde Gutiérrez Predigerbruder. Seine Entscheidung begründete er damit, dass ihm bei seiner theologischen Arbeit immer wieder dominikanische Denker begegnet seien.
Christoph Schönborn
Der Wiener Kardinal Christoph Schönborn (*1945) wusste schon seit seiner Zeit als Messdiener, dass er Geistlicher werden wollte. Mit 18 Jahren trat er den Dominikanern bei und wurde nach dem Studium der Theologie und Philosophie Seelsorger und Professor. Seit 1995 hat er das Amt des Erzbischof von Wien inne. Als weltoffener Oberhirte galt er einigen Beobachtern beim letzten Konklave 2013 als papabile, als möglicher neuer Heiliger Vater.