Menschenrechtsorganisationen in Ägypten warnen vor einer Militärdiktatur

Hoffnung und Sorge

Veröffentlicht am 04.07.2013 um 00:00 Uhr – Lesedauer: 
Ägypten

Berlin/Kairo ‐ Nach dem Sturz des ägyptischen Präsidenten Mohammed Mursi warnen Menschenrechtsorganisationen vor einer Militärdiktatur. Repräsentanten der koptischen Christen in Deutschland sowie Kirchenvertreter begrüßten die friedliche Entmachtung Mursis. Ägypten habe jetzt die Chance auf einen Neubeginn.

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Amnesty International (AI) äußerte sich skeptisch zur Rolle der ägyptischen Sicherheitskräfte. Militär und die Polizei hätten sich in der Vergangenheit immer wieder schwerer Menschenrechtsverletzungen wie Folter und der Anwendung exzessiver Gewalt gegen Demonstranten schuldig gemacht. Die Menschenrechtsorganisation "Reporter ohne Grenzen" warnte vor Einschränkungen bei der die Pressefreiheit. Die neuen Machthaber versuchten, eine kritische Berichterstattung zu verhindern. Der koptisch-katholische Patriarch Ibrahim Sedrak erklärte unterdessen in Kairo, die Armee habe ihre Verantwortung für das Wohlergehen Ägyptens wahrgenommen.

Menschen, die sich in Umrissen vor dem von bengalischen Fackeln erleuchteten Nachthimmel abzeichnen, schwenken ägyptische Fahnen und Recken ihre Fäuste gen Himmel.
Bild: ©dpa/picture alliance

Gegner der Mursi-Regierung feiern den Sturz des Präsidenten.

missio: eine Kehrtwende

Der koptische Bischof für Deutschland, Anba Damian, begrüßte die unblutige Entmachtung Mursis. Er habe die große Hoffnung, dass es mit dem Land wieder aufwärtsgehe und dass die koptischen Christen in Ägypten gleichberechtigt würden, sagte Damian in Höxter der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA).

Ähnlich äußerte sich das katholische Hilfswerk missio. Dass auch der koptisch-orthodoxe Papst Tawadros II. in die Entscheidung über eine Entmachtung des Präsidenten eingebunden worden seien, bedeute "eine Kehrtwende in der Politik Ägyptens".

Das Hilfswerk Misereor erklärte sich solidarisch mit den Demonstranten. Sie sollten ihre Meinung "frei von Angst und ohne Einschüchterung" kundtun können. In der Nacht zum Donnerstag kam es dem Hilfswerk zufolge vor allem in Oberägypten zu Ausschreitungen. In der Stadt Al-Minya wurden demnach Autos und Läden zerstört und zum Teil in Brand gesetzt. Bei den gewalttätigen Zusammenstößen kamen den Angaben zufolge drei Menschen ums Leben, 20 wurden verletzt.

Theologe: Mursi hat Probleme nicht angefasst

Der deutsche Theologen Frank van der Velden erklärte in Kairo, der Umsturz sei "keine Kampfansage gegen islamische Werte". Die Bevölkerung und das Militär hätten Mursi "nicht deswegen abgesetzt, weil er islamische Werte vertritt - deswegen wurde er gewählt -, sondern weil er die wirtschaftlichen und sozialen Probleme des Landes nicht angepackt hat", sagte der Mitarbeiter der deutschen katholischen Gemeinde in Kairo am Donnerstag der KNA.

Der Leiter der deutschen katholischen Gemeinde, Joachim Schroedel, sagte dem "Münchner Kirchenradio", die Absetzung Mursis sei ein "wichtiges Signal" für jeden künftigen Herrscher Ägyptens. Das ägyptische Volk habe bewiesen, dass es sowohl eine weltliche als auch eine religiöse Diktatur ablehne. (KNA)

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