Kneippen, Sternsingen und Choralsingen sind Kulturerbe
Der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Kardinal Reinhard Marx, zeigte sich erfreut über die Aufnahme des Sternsingens. Die vielen Teilnehmer beim Dreikönigssingen seien "ein sichtbares Zeichen für eine aktive und bewegte Kirche in Deutschland, die einen alten Brauch lebendig fortführt in christlicher Nächstenliebe und Solidarität mit benachteiligten Kindern in aller Welt". Die Entscheidung bedeute insofern eine besondere Würdigung des kirchlichen Ehrenamts.
Fünfhundertjährige Tradition
Das Choralsingen wurde auf Initiative des Kulturbüros des Rates der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) aufgenommen. Damit erführen eine fast fünfhundertjährige protestantische Tradition und die künstlerische Arbeit von Musikern "eine herausragende Wertschätzung", hieß es vom Kulturbüro. Das Choralsingen werde heute weit über die Kirchen hinaus genutzt; gerade im Advent wirke diese Tradition "allerorten sinnstiftend".
Die Bewerbung für das Schützenwesen hatten der Deutsche Schützenbund (DSB) und die Europäische Gemeinschaft Historischer Schützen (EGS) zuletzt gemeinsam getragen. Die Aufnahme in das deutsche Verzeichnis sei in erster Linie den Mitgliedern zu verdanken, erklärte DSB-Präsident Heinz-Helmut Fischer. Sie investierten nicht nur viel Herzblut, um die alten Bräuche aufrecht zu erhalten, sondern auch Aufgeschlossenheit und Fantasie, um sie an die junge Generation weiterzugeben.
Frühere Bewerbung der Schützebruderschaft zurückgestellt
Eine frühere Bewerbung des Bundes der Historischen Deutschen Schützenbruderschaft (BHDS) hatte die Unesco in der vorigen Runde zurückgestellt. Hintergrund war die Debatte um einen muslimischen Schützenkönig in Werl, den der BHDS nicht anerkannt hatte. Zuletzt kündigten die Schützen eine Öffnung gegenüber Nicht-Christen, wiederverheirateten Geschiedenen und Homosexuellen an. Die Vereinigungen, die zum BHDS gehören, sind nun ebenfalls anerkannte Träger des kulturellen Erbes, ebenso die Vertreter des rheinisch-westfälisch-sauerländischen Schützenwesens.
Weltweit fördert die Unesco seit zwölf Jahren den Erhalt von Alltagskulturen und -traditionen. Das Verfahren ist zweistufig: Jedes Land baut ein Verzeichnis auf, im nächsten Schritt können Vorschläge für die weltweite Unesco-Liste eingereicht werden. Ende 2016 könnte erstmals eine deutsche Tradition international aufgenommen werden, nämlich Orgelbau und Orgelmusik. Eine finanzielle Förderung umfasst der Titel "Immaterielles Kulturerbe der Menschheit" nicht. (KNA)