Kritik nach Papstentscheidung zu Abtreibung
Die Entscheidung von Papst Franziskus, Frauen nach einer Abtreibung den Weg zu kirchlicher Vergebung zu erleichtern, stößt im Vatikan offenbar teils auf Bedenken. Es bestehe die Gefahr, dass sich Frauen nun eher für eine Abtreibung entschieden, weil sie irrtümlich glaubten, "ihnen werde leicht vergeben", sagte der pensionierte Kurienerzbischof Gianfranco Girotti der italienischen Tageszeitung "La Repubblica" (Dienstag). Der Umstand, dass nun jeder Priester die Befugnis habe, von dieser schweren Sünde loszusprechen, könne das Bewusstsein für die Sündhaftigkeit von Abtreibungen schwächen, so der italienische Geistliche. Ein solcher Effekt sei auch eingetreten, als Johannes Paul II. (1978-2005) die ursprünglich dem Vatikan vorbehaltene Vollmacht, von der Sünde der Abtreibung loszusprechen, an die Bischöfe delegiert habe.
Laut der Zeitung sollen im Vatikan etliche Geistliche die Bedenken Girottis teilen. Dieser sei jedoch einer "der wenigen", die ihren Unmut öffentlich machten. Als Regent der sogenannten Apostolischen Pönitentiarie, einem vatikanischen Gerichtshof, war Girotti bis 2012 unter anderem für die Lossprechung von jenen schweren Sünden zuständig, die dem Vatikan vorbehalten ist. Der Papst hatte mit seinem am Montag veröffentlichten Schreiben "Misericordia et misera" allen Priestern die Befugnis erteilt, von der Sünde der Abtreibung loszusprechen. Eine entsprechende Vollmacht hatte Franziskus schon für das Heilige Jahr erteilt, das am Sonntag zu Ende ging. Nun soll sie dauerhaft gelten.
Nach dem katholischen Kirchenrecht zieht die Mitwirkung an einem Schwangerschaftsabbruch die Exkommunikation (siehe Stichwort) nach sich. In den meisten Ländern war bislang eine sakramentale Lossprechung und die Aufhebung der Exkommunikation nur durch bestimmte Beichtväter möglich. In Deutschland, Österreich und der Schweiz ändert sich durch die neue Praxis nichts; hier konnte schon vor dem Heiligen Jahr jeder Priester Vergebung für eine Abtreibung erteilen. Die neue Bußpraxis bei Abtreibungen führt der Papst nach eigenen Worten ein, "damit dem Wunsch nach Versöhnung und der Vergebung Gottes nichts im Wege stehe". Zugleich betonte er, "dass Abtreibung eine schwere Sünde ist, da sie einem unschuldigen Leben ein Ende setzt". Jedoch gebe es keine Sünde, "die durch die Barmherzigkeit Gottes nicht erreicht und vernichtet werden kann, wenn diese ein reuevolles Herz findet". (KNA)