Vor 1.150 Jahren starb der heilige Ansgar

Missionar des Nordens

Veröffentlicht am 03.02.2015 um 00:00 Uhr – Lesedauer: 
Bild: © KNA
Heilige

Hamburg ‐ Der heilige Ansgar ist unübersehbar. Überlebensgroß, mit dem Bischofsstab in der einen und einer Kirche in der anderen Hand steht er da auf der Trostbrücke in Hamburgs Altstadt. Der Bildhauer Engelbert Pfeifer schuf das Standbild 1883 in Erinnerung an den Benediktinermönch, Erzbischof von Hamburg und Bischof von Bremen.

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Nur einen Steinwurf entfernt lag vor rund 1.200 Jahren zu Ansgars Lebezeiten die Hammaburg, Keimzelle der Stadt Hamburg. Und hier stand der erste Dom, die Marienkirche, in der Ansgar wirkte. Hammaburg und Marienkirche sind untergegangen. Beide wurden von den Wikingern 845 geplündert, in Brand gesteckt und dem Erdboden gleichgemacht. Den Rest besorgte die bald wieder florierende Stadtentwicklung, in deren Verlauf immer wieder Neues auf Altes gesetzt wurde. Erst vor wenigen Jahren konnten Archäologen überhaupt den Standort von Hamburgs Ursprung genau bestimmen.

Ansgar, wohl um 801 in Flandern geboren, bei Benediktinern aufgewachsen und ab seinem 21. Lebensjahr in Kloster Corvey bei Höxter auf größere Aufgaben vorbereitet, war 831 nach Hamburg gekommen. Die Stadt war kurz zuvor zum Erzbistum geworden. Ansgar wurde mit der Leitung beauftragt und von Drogo von Metz zum Bischof geweiht. Von hier aus sollte er Skandinavien und Dänemark missionieren. Schon Jahre zuvor hatte er dort für kurze Zeit gewirkt. Die erste christliche Kirche in Birka, einem wichtigen Handelsplatz der Wikinger, geht auf ihn zurück.

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Markenzeichen Wiederauferstehung: Das ehemalige Kloster Corvey will Weltkulturerbe werden. Bild: Westfassade des Schlosses.

Flucht vor den Wikingern

In Hamburg gründet Ansgar eine Schule und ein Kloster und lässt die dreischiffige, hölzerne Marienkirche errichten. Auf seinen Missionsreisen gen Norden kommt er noch bis Schleswig. Dann aber brechen die Wikinger über die Stadt herein. Ansgar flieht aus der Hammaburg mit dem, was er am Leib hat, so die Überlieferung. Mit dem Überfall endet auch der erste Abschnitt der Geschichte Hamburgs als Sitz eines Erzbischofs. Sein eigenes Resümee soll Ansgar mit den Worten des Propheten Hiob so gezogen haben: "Der Herr hat's gegeben, der Herr hat's genommen. Der Name des Herrn sei gelobt."

Ansgar verlegt seinen Bischofssitz nach Bremen. In der Folge wird das Erzbistum Hamburg mit dem Bistum Bremen vereinigt, der Erzbischof von Hamburg wird auch Bischof von Bremen. Hier errichtet er Spitäler und Klöster, baut eine Kirche, kauft Gefangene frei und setzt sich für die Abschaffung des Sklavenhandels ein. Er bricht auch wieder nach Norden auf, gründet eine Kirche in Schleswig und weiht Priester in Dänemark und Schweden. Aber Ansgars Zeit auf Erden ist bald am Ende. Der "Apostel des Nordens" stirbt schwer krank vor 1.150 Jahren, am 3. Februar 865, in Bremen.

Marmorstatue von Ansgar wurde 1944 zerstört

In der Stadt an der Weser erinnerte Jahre lang unter anderem eine zum 1.000 Todestag 1865 erstellte Marmorstatute von Carl Steinhäuser an Ansgar. Sie stand im damaligen Ansgarikirchhof vor dem Gewerbehaus, nicht weit vom heutigen St. Petri-Dom entfernt, und zeigte den Bischof, wie er einem vor ihm knienden Knaben das Joch der Sklaverei abnimmt. Aber nur alte Bremer können sich noch an das Standbild und die lateinische Inschrift erinnern. Sie lautete übersetzt: "Der starke Streiter, der in der Schlacht die Heiden zu Gott führt, hat sie auf den Weg zum Himmel gebracht." Die Statue wurde 1944 beim Einsturz des Kirchturms zerstört.

Heute steht hier ein Einkaufszentrum. Eine kleine Ansgar-Säule ist geblieben. Auch lebt Ansgar weiter in den Namen von Bremer Straßen und Plätzen, auch eine Kirchengemeinde ist nach ihm benannt. Nach einem neuen Standbild für den Heiligen und früheren Bischof sucht man aber vergeblich.

Anders in Hamburg. Fast ebenso groß wie an der Trostbrücke ist Ansgar im Innenhof der ehrwürdigen Rathauses vertreten. Als Steinfigur steht er dort neben weiteren bedeutenden Bischöfen und Grafen. Und noch fast neu ist die Bronzeskulptur vor dem Mariendom, der Kathedrale der Stadt, die erst seit 1995 wieder Erzbischofssitz ist, nachdem das Bistum Hamburg im Zuge des Westfälischen Friedens (1648) komplett ausgelöscht worden war. Das Denkmal wurde 2000 aufgestellt und stammt von dem Mainzer Künstler Karl-Heinz Oswald. Es zeigt einen kleinen Mann in wallendem Umhang, mit gegerbtem Gesicht und einem Lächeln auf den Lippen. Die Menschen legen ihm oft Blumen in den Arm.

Reliquien des heiligen Ansgars im Mariendom

Der Namen Ansgar ist präsent etwa im Ansgar-Gymnasium, in der Bildungsstätte Ansgar-Haus oder im "Kleinen Michel" St. Ansgar und St. Bernhard. Ihm schenkte 1865 - zum 1.000. Todestag Ansgars - Bischof Melchers von Osnabrück eine Unterarmreliquie des Heiligen. Sichtbar im Altar der Kirche ist sie das Grab Ansgars für die Stadt und das Erzbistum Hamburg. Weitere Reliquien befinden sich im Mariendom. Sie sind eine Dauerleihgabe des Nachbarbistums Hildesheim, in dessen Dom sie bis 2010 verehrt wurden.

Ansgar war und ist der Heilige des Nordens. Von Schweden und Dänemark bis nach Schleswig-Holstein, Mecklenburg und Niedersachsen sind Kirchen und Krankenhäuser nach ihm benannt, tragen Städte und Dörfer ihn im Wappen. In Deutschlands Mitte und im Süden dagegen ist er eher unbekannt. Nur ein Denkmal ist weit von allen anderen entfernt: Ein Mondkrater, 95 Kilometer im Durchmesser, am östlichen Rand der sichtbaren Mondseite gelegen, trägt seit 1935 dem Namen "Ansgarius".

Von Johannes Schönwälder (KNA)