Erzbischof Heße ruft zu mehr Realismus in der Sexualmoral auf

"Müssen Vielfalt der Lebensformen sehen"

Veröffentlicht am 01.08.2015 um 12:13 Uhr – Lesedauer: 
Ehe und Familie

Köln  ‐ In den Hamburger Dom sehe er "natürlich auch gleichgeschlechtliche Paare kommen, und keiner setzt sie vor die Tür". Der Erzbischof von Hamburg, Stefan Heße, hat seine Kirche zu mehr Realismus in der Sexualmoral aufgerufen.

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Er sei zwar zurückhaltend, was die "Homo-Ehe" betrifft, sagte Heße. "Aber wenn diese Menschen unsere Nähe suchen, sind wir als Kirche für sie da. Was denn sonst?" Die Kirche müsse es wertschätzen, wenn in homosexuellen Beziehungen Werte wie Treue und Verlässlichkeit gelebt würden. "In meinen Augen mindert das nicht Liebe und Treue zwischen zwei Menschen", so Heße. Für wiederverheiratete Geschiedene wünsche er sich "lebbare Formen für die kirchliche Anerkennung und Begleitung", ohne deshalb das Ideal der Ehe aufzugeben.

Heße verteidigte auch die Reform des kirchlichen Arbeitsrechts. "Anders könnten wir gar nicht weitermachen, weil wir sonst zu wenig qualifizierte Mitarbeiter bekämen, um unsere Einrichtungen zu betreiben", sagte Heße und wandte sich gegen die Haltung einiger bayerischer Bischöfe, die mit der Umsetzung des reformierten Arbeitsrechts zögern. "Ich frage mich, welches Kirchenbild steht dahinter? Wollen wir eine Kirche sein, die ihren Platz mitten in der Welt hat? Dann müssen wir nahe am Leben der Menschen sein, und möglichst viele mitzunehmen versuchen. Oder wollen wir sozusagen eine 'Kirche der Reinen' ohne existenzielle Schwierigkeiten und Brüche? Das wäre dann eine kleine, sehr kleine Schar, die nur wenige Berührungspunkte mit ihrer Umgebung hätte", so der Erzbischof.

Die deutschen Bischöfe hatten im Mai eine überarbeitete Fassung der katholischen Grundordnung veröffentlicht. Danach sollen Wiederheirat oder eine eingetragene Lebenspartnerschaft nur noch in schwerwiegenden Fällen arbeitsrechtliche Konsequenzen bis hin zur Kündigung haben. Die Neufassung hat nur empfehlenden Charakter und bedarf der Inkraftsetzung durch den jeweiligen Bischof einer Diözese. In den meisten Bistümern ist dies zum 1. August veranlasst worden. Nach fünf Jahren soll die Grundordnung auf ihre Zweckmäßigkeit und Wirksamkeit hin überprüft werden. (KNA)