Ein schwieriges Erbe für den künftigen Papst

Neue Chance für die Piusbrüder?

Veröffentlicht am 23.02.2013 um 00:00 Uhr – Von Johannes Schidelko (KNA) – Lesedauer: 
Die traditionalistische Piusbruderschaft zelebriert die Messe nach dem alten Ritus.
Bild: © KNA
Traditionalisten

Vatikanstadt ‐ Im Strudel der Ereignisse um den Papstrücktritt ist ein lange angekündigter Termin für eine wichtige kirchenpolitische Entscheidung in den Hintergrund geraten. Bis zum vergangenen Freitag (22. Februar) hatte der Vatikan der Piusbruderschaft eine Frist gesetzt, um eine definitive Stellungnahme zu einem Lehrschreiben der Glaubenskongregation abzugeben, um eine Wiederherstellung der Einheit mit der Kirche erreichen zu können.

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Durch den angekündigten Amtsverzicht von Papst Benedikt XVI. ist der gesamte Vorgang nun faktisch ausgesetzt. Vatikansprecher Federico Lombardi teilte mit, Benedikt XVI. werde in den letzten Tagen seines Pontifikates keine so schwerwiegende Entscheidung mehr treffen. Sie werde dem im März zu wählenden Nachfolger vorbehalten sein.

Eine Aufgabe für den Neuen

Eine Entscheidung Benedikts XVI. in letzter Minute hätte eine Einigung mit einem Teil der Traditionalisten und die Gründung einer Personalprälatur besiegeln können - oder aber eine endgültige Kirchenspaltung nach rechts. Daher überlässt Benedikt XVI., der selbst die Aussöhnung mit den seit 1988 abgespaltenen Anhängern von Erzbischof Marcel Lefebvre vorantrieb, das Thema dem neuen Papst.

Anfang Januar war in Rom ein Schreiben von Erzbischof Joseph Augustine Di Noia, dem neuen Vize-Präsidenten der Kommission "Ecclesia Dei", bekanntgeworden, in dem er den Piusbrüdern ein Ultimatum setzte. In dem acht Seiten umfassenden Text bat er die Leitung der Priesterbruderschaft St. Pius X. um eine Antwort auf das vom Vatikan vorgelegte Einigungsdokument. Dieses war am 14. September 2011 ihrem Oberen Bernard Fellay übergeben worden.

Ein langer Konflikt

Nach einer Sitzung des Piusbrüder-Generalkapitels erläuterte Fellay im Juni 2012 im Gespräch mit dem damaligen Kongregations-Präfekten Kardinal William Levada seine Vorbehalte. Bei dem Gespräch überreichte der Kardinal seinem Gast auch ein persönliches Schreiben des Papstes.

Auch in diesem Brief wiederholte Benedikt XVI. seinen Appell an die Traditionalisten, das gesamte Lehramt der katholischen Kirche einschließlich des Zweiten Vatikanischen Konzils zu akzeptieren. Zudem müssten sie die Gültigkeit der neuen Form der katholischen Liturgie anerkennen. Im Fall einer Einigung könne die Priesterbruderschaft als Personalprälatur eine Zukunft in der katholischen Kirche finden, stellte er in Aussicht.

Im Herbst 2012 meldete sich der Vatikan erneut am Stammsitz der Piusbrüder in Econe, inzwischen leitete Erzbischof Gerhard Ludwig Müller die Glaubenskongregation. Er räumte den Traditionalisten nochmals Zeit zum Nachdenken ein. Schließlich gehe es um eine schwerwiegende Entscheidung in einer Lage, die sich über 25 Jahre entwickelt hatte.

Neue Situation durch Rücktrittsankündigung

Allerdings wollte Rom sich nicht ewig hinhalten lassen. Daher der letzte Brief von Di Noia. Die Frist bis zum 22. Februar war nicht im Dokument selbst erwähnt, scheint aber in einem Begleitschreiben enthalten zu sein.

Der Rücktritt von Benedikt XVI. hat nun eine neue Situation geschaffen. Da manche Traditionalisten auf einen Papst hoffen, der ihnen noch weiter entgegenkommt als Benedikt XVI., rieten in diesem Lager manche zum Abwarten. Einige Stimmen in ultrakonservativen Internetforen meinten hingegen, der Generalobere Fellay sollte mit einem Überraschungs-Coup in letzter Minute die Gunst der Stunde nutzen. Er solle der Glaubenskongregation noch fristgemäß das geforderte umfassende Glaubensbekenntnis (mit einer weichen Anerkennungsformel für das Konzil) schicken und dann später beim neuen Papst auf die Errichtung der versprochenen Personalprälatur pochen.

Der Rat kam wohl zu spät. Angesichts der alten Tradition, in der Übergangsphase zwischen zwei Pontifikaten Grundsatzfragen nicht zu entscheiden, sind die Handlungsspielräume des scheidenden Papstes und der Glaubenskongregation begrenzt. Die Piusbruderschaft dürfte durch die römischen Wirren also einige Monate weitere Bedenkzeit gewinnen. Am Ende muss man ohnehin sehen, welchen Stellenwert der neue Papst der Wiederaussöhnung mit den Traditionalisten beimessen wird.

Von Johannes Schidelko (KNA)