Nicaraguanischer Kardinal Obando y Bravo gestorben
Kardinal Miguel Obando y Bravo aus Nicaragua ist tot. Das teilte die Bischofskonferenz des mittelamerikanischen Landes am Sonntag über Twitter mit. Obando y Bravo wurde 92 Jahre alt.
Der Salesianer war einer der prominentesten und schillerndsten Kirchenvertreter seines Landes. Er stand bis 2005 rund 35 Jahre an der Spitze der Hauptstadt-Erzdiözese Managua. Sein kirchlicher Aufstieg fiel in die Schlussphase der Somoza-Dynastie, die Nicaragua seit Mitte der 1930er-Jahre ausgebeutet hatte, sowie in die Herrschaft der marxistisch orientierten Sandinisten ab 1979. Zwischen 1971 und 2005 war Obando y Bravo mehrfach Vorsitzender der Nicaraguanischen Bischofskonferenz.
Als Obando mit 44 Jahren Erzbischof in Managua wurde, nahm er rasch politischen Einfluss in dem stark katholisch geprägten Land und bezog Position gegen das Unrecht des Somoza-Clans. Ende der 70er-Jahre versuchte er, zwischen dem Regime und der damals noch kleinen Rebellengruppe der "Sandinistenfront" (FSLN) zu vermitteln.
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Nach deren Revolution stand der Erzbischof den Sandinisten zunächst aufgeschlossen gegenüber. In der neuen Regierung übernahmen auch vier katholische Priester Ministerämter, darunter die Brüder Ernesto und Fernando Cardenal. Durch die Propagierung des Sozialismus unter Ortega gerieten die Sandinisten jedoch in Frontstellung zu Obando. Weil dieser zugleich Verständnis für die Anliegen der "Contra"-Rebellen zeigte, stand er bald auch im Westen im Ruf eines politischen Reaktionärs. 1990 siegte bei den ersten freien Wahlen in Nicaragua die vom Erzbischof unterstützte Parteienkoalition "Uno" unter Violeta Chamorro.
Versöhnungssignale zwischen Kardinal und Sandinisten
In den vergangenen zehn Jahren mehrten sich dann Versöhnungssignale zwischen dem Kardinal und den wieder erstarkten Sandinisten. So war er 2007 Präsident der staatlichen Versöhnungskommission. 2012 unterstützte Obando den erfolgreichen Präsidentschaftswahlkampf des Sandinisten Ortega. 2013 erhielt er aus der Hand Ortegas für seinen Einsatz für den Frieden den höchsten Orden Nicaraguas im Bereich Kultur und Wissenschaft; 2016 wurde der Kardinal nach einem Beschluss der Nationalversammlung des Landes und auf Betreiben Ortegas offiziell zum "Helden des Friedens" ernannt.
Obandos zuletzt immer deutlichere Nähe zu der sandinistischen Regierung war nicht unumstrittenen. So zeigte sich der Hauptgeschäftsführer des Lateinamerika-Hilfswerks Adveniat, Michael Josef Heinz, in einem Interview der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA) im vergangenen Jahr verwundert über den Kurs des Kardinals. Derzeit steht Nicaragua wegen seit Wochen anhaltender Proteste gegen die Regierung Ortegas in den Schlagzeilen.
Obando gehörte seit 1985 dem Kardinalskollegium an. Mit seinem Tod hat es nun 212 Mitglieder. Davon sind 115 unter 80 Jahre alt und damit zur Papstwahl berechtigt. (KNA)