Papst Franziskus trifft die ukrainischen Bischöfe

"Politik ist nicht eure Aufgabe"

Veröffentlicht am 20.02.2015 um 00:00 Uhr – Lesedauer: 
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Vatikan

Vatikanstadt ‐ Papst Franziskus hat eine Einhaltung der Waffenruhe in der Ukraine gefordert. Er nutzte den Besuch der ukrainischen Bischöfe im Vatikan am Freitag zu einem neuerlichen Friedensappell. Er bete dafür, dass die jüngste Minsker Vereinbarung respektiert und alles unternommen werde, um ein Wiederaufleben der Feindseligkeiten zu verhindern, heißt es in seiner Rede vor Bischöfen der Ukraine.

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Die Bischöfe halten sich bis Samstag zu ihrem sogenannten Ad-Limina-Besuch im Vatikan auf; sie berieten dort auch über mögliche Strategien für eine friedliche Beilegung des Konfliktes. Die Ukraine ist für den Vatikan kirchenpolitisch ein besonders heikles Pflaster. Denn die Kämpfe zwischen prorussischen Separatisten und der ukrainischen Armee haben auch die Gräben zwischen griechisch-katholischer Kirche und russisch-orthodoxer Kirche noch weiter vertieft. Die eine Kirche, zu der die meisten Katholiken der Ukraine zählen, ist mit Rom verbunden und erkennt den Papst als Oberhaupt an. Die andere ist ein wichtiger Gesprächspartner des Vatikan im ökumenischen Dialog.

Vor allem das Moskauer Patriarchat fällt durch nationalistische und kriegerische Rhetorik auf. Aber auch unter den Katholiken in der Ukraine waren bisweilen kämpferische Untertöne zu vernehmen. Der Primas der griechisch-katholischen Kirche dort, der Kiewer Großerzbischof Swjatoslaw Schewtschuk, vermeidet hingegen solche Rhetorik.

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Papst will sich für Rechte der Kirche einsetzen

Der Papst warnte die Bischöfe des Landes am Freitag nun vor allzu konkreten politischen Stellungnahmen im Ukraine-Konflikt. Er kenne die "historischen Vorgänge", die bis heute im kollektiven Gedächtnis seien, heißt es im Redetext.

Damit war offenbar die schwierige russisch-ukrainische Geschichte gemeint. Es handele sich hierbei jedoch um teils politische Fragen. Darauf "eine direkte Antwort zu geben", sei "nicht ihre Aufgabe", ließ Franziskus die Bischöfe wissen. Sie seien zwar Bürger der Ukraine und hätten als solche das Recht, ihre Meinung zu äußern. Das heiße aber nicht, dass sie eine "konkrete politische Aktion" fördern dürften.

Gerne gehört haben werden die Gäste aus der Ukraine hingegen die päpstliche Versicherung, dass der Vatikan an ihrer Seite stehe. Er wolle sich auch vor internationalen Gremien für ihre Rechte einsetzen. Zuletzt war Franziskus in der griechisch-katholischen Kirche eine prorussische Haltung vorgeworfen worden. Anlass waren Äußerungen bei seiner Generalaudienz vor gut zwei Wochen. Damals sprach er in einem Friedensappell von einem "Brudermord" in der Ukraine .

Ukraine-Konflikt sorgte bei Synode für Eklat

Diese Äußerungen waren dort als Verharmlosung der russischen Aggression kritisiert worden. Der Papst mache sich mit dem Begriff "Brudermord" das Vokabular der Moskauer Propaganda zu eigen, lautete der Vorwurf. Als angebliches Motiv wurde Rücksichtnahme auf das russisch-orthodoxe Patriarchat in Moskau genannt. Der Vatikan stellte daraufhin die päpstliche Neutralität in dem Konflikt klar. Die Appelle des Papstes richteten sich stets an alle Konfliktparteien, erklärte Sprecher Federico Lombardi.

Die ukrainischen Bischöfe haben in Rom auch ihre Position deutlich gemacht. Die Wahrheit müsse ausgesprochen und unter allen Umständen verteidigt werden, hatte Schewtschuk dem neuen vatikanischen Außenminister, Erzbischof Richard Gallagher, gesagt. "Das erwarten die Bürger der Ukraine heute vom Heiligen Stuhl als oberster moralischer Autorität." Die Bischöfe wollten dem Papst nach Worten Schewtschuks in Rom "die Wahrheit über die Aggression" berichten, die sich gegen die Ukraine richte.

Während der Bischofssynode im Vatikan im Oktober hatte der Ukraine-Konflikt sogar für einen Eklat gesorgt. Der Außenbeauftragte des Moskauer Patriarchats, Metropolit Hilarion, beschimpfte die griechisch-katholische Kirche in seinem Grußwort an die Teilnehmer der Synode wüst. An diesem Samstag nun hat Franziskus Gelegenheit, den Konflikt von einer anderen Warte zu betrachten: Dann empfängt er die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel. Sie hatte zuletzt gemeinsam mit Frankreichs Staatspräsident Francois Hollande das Waffenstillstandsabkommen vermittelt.

Von Thomas Jansen (KNA)

Stichwort "Ad-limina-Besuch"

Der Ad-limina-Besuch bezeichnet die im Kirchenrecht vorgesehene Verpflichtung der Diözesanbischöfe, alle fünf Jahre den Papst zu besuchen und einen Rechenschaftsbericht über das Bistum zu geben. Seinen Ursprung hat der Ad-Limina-Besuch in der Pilgerfahrt zu den Gräbern der Apostel Petrus und Paulus in Rom (ad limina apostolorum = "zur Türschwelle der Apostel"). (som)

Die Kirche in der Ukraine

Rund 70 Prozent der 45 Millionen Ukrainer bekennen sich zum orthodoxen Christentum. Sie gehören allerdings drei verschiedenen Kirchen an: entweder der ukrainisch-orthodoxen Kirche des Moskauer Patriarchats, dem 1992 gegründeten Kiewer Patriarchat oder der vor gut 90 Jahren entstandenen kleinen "Ukrainischen Autokephalen Orthodoxen Kirche". Einzig die mit Moskau verbundene Kirche wird von der Weltorthodoxie anerkannt. Die drei Kirchen unterscheidet vor allem ihre Haltung zum Nachbarland Russland. Das Kiewer Patriarchat pocht vehement auf die Unabhängigkeit von Moskau und betrachtet die russisch-orthodoxe Kirche als verlängerten Arm von Staatspräsident Wladimir Putin. Die ukrainisch-orthodoxe Kirche des Moskauer Patriarchats betont einerseits die traditionelle Einheit mit der russischen Orthodoxie. Andererseits genießt sie eine weitreichende Autonomie. Verhandlungen über eine Wiedervereinigung der drei Kirchen scheiterten in den vergangenen Jahren hauptsächlich an der Frage, ob die Kirche eigenständig sein oder dem Moskauer Patriarchat unterstehen soll. Außerdem gibt es zwei dem Papst unterstehende Kirchen: die polnisch geprägte römisch-katholische mit etwa einer Million Mitgliedern und die etwa 5,5 Millionen Gläubige zählende griechisch-katholische. Letztere Kirche feiert ihre Gottesdienste wie die orthodoxen Kirchen im byzantinischen Ritus. Sie war 1946 unter Stalin verboten und in die orthodoxe Kirche zwangsintegriert worden. Oberhaupt der 1989 offiziell wieder zugelassenen Kirche ist der erst 44-jährige Kiewer Großerzbischof Swjatoslaw Schewtschuk. (KNA)