Der Kuba-Gipfel und die innerorthodoxen Gleichgewichte

Rom drei trifft Rom eins

Veröffentlicht am 14.02.2016 um 13:30 Uhr – Von Alexander Brüggemann (KNA) – Lesedauer: 
Rom drei trifft Rom eins
Bild: © KNA
Orthodoxie

Bonn/Havanna  ‐ Die Begegnung zwischen Papst Franziskus und Patriarch Kyrill I. in Havanna hatte eine deutlich politische und weniger geistliche Ausrichtung. Das historische Treffen der beiden könnte nun auch Auswirkungen auf das Gefüge der Weltorthodoxie haben.

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Über Jahrzehnte ist seit dem Zweiten Vatikanischen Konzil (1962-1965) eine echte ökumenische Freundschaft zwischen den Päpsten in Rom und den Patriarchen von Konstantinopel gewachsen - man erinnere sich nur an die herzlichen Umarmungen von Bartholomaios I. mit Benedikt XVI. bzw. Franziskus 2006 und 2014 in Istanbul. Das historische erste Treffen von Papst Franziskus und dem Moskauer Patriarch Kyrill I. auf Kuba könnte nun mittelfristig auch Auswirkungen auf das Gefüge innerhalb der Weltorthodoxie haben.

Moskau als "drittes Rom"

Schon seit einem halben Jahrtausend versteht sich die Kirchenführung in Moskau als das "Dritte Rom". Der Mönch Filofei fasste dieses Selbstverständnis 1510 in Worte, als er dem Zaren schrieb, dieser sei "der einzige, der die Zügel der heiligen apostolischen Kirche" halte - die nun statt im untergegangenen Rom oder Konstantinopel in Moskau stehe. "Zwei Rome sind gefallen, das dritte steht, und ein viertes wird es nicht geben."

Erloeserkirche Moskau
Bild: ©KNA

Die Erlöserkirche in Moskau gilt als das zentrale Gotteshaus der Russisch-Orthodoxen Kirche. Mit 103 Metern gehört sie zu den höchsten orthodoxen Sakralbauten weltweit.

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Historischer Handschlag in Havanna: Papst Franziskus und der Moskauer Patriarch Kyrill I. haben sich am Freitagabend in der kubanischen Haupstadt zu ihrer ersten Begegnung getroffen. Sie unterzeichneten eine achtseitige gemeinsame Erklärung.

Dieses selbstbewusste politische Statement hatte in jenen Jahren historisch durchaus Berechtigung. Nachdem Großfürst Wladimir von Kiew 988 getauft und durch Eheschließung Teil der kaiserlichen Familie in Konstantinopel geworden war, blieb das werdende Russland noch über Jahrhunderte Teil der byzantinischen Reichskirche. Doch als "die Politik" versagte und die russischen Fürsten Mitte des 13. Jahrhunderts Vasallen der Mongolen wurde, wuchs die russische Kirche in ihre historische Rolle als Identitätsstifterin der Nation und Wahrerin der russischen Kultur hinein.

"Symphonie von Krone und Altar"

Auf weltlicher Seite bereitete der Großfürst von Nowgorod, Alexander Newski, mit seinem Sieg gegen den Deutschen Orden 1242 die künftige "Symphonie von Krone und Altar" vor. Seine Zurückdrängung der katholischen Expansion machte ihn kirchlich zu einem Heiligen und weltlich zum Nationalhelden und Vorreiter im ewigen Kampf Russlands gegen ausländische Invasoren - wie ihn etwa der sowjetische Regisseur Sergei Eisenstein 1938 in einem antideutschen Propagandafilm im Auftrag Stalins stilisierte.

Entscheidend für die Lehre vom "Dritten Rom" waren die Vorgänge in Konstantinopel Mitte des 15. Jahrhunderts. Die waidwunden Byzantiner ließen sich 1439 in der "Union von Florenz" auf eine kirchliche Wiedervereinigung nach der Spaltung von 1054 ein, um aus Rom Unterstützung gegen die aufziehenden Osmanen zu erhalten. Als nun 1441 aus Byzanz ein neuer Metropolit mit einem lateinischen Kreuz in Moskau erschien, wurde er abgewiesen und sogar inhaftiert.

Patriarch hofft auf Konsolidierung der Orthodoxie

Das erste panorthodoxe Konzil seit 750 Jahren! Der Patriarch der russisch-orthodoxen Kirche, Kyrill I., erhofft sich von der Versammlung eine "Konsolidierung der orthodoxen Welt". Das Kirchenoberhaupt hatte zuletzt großen Einfluss auf die Vorbereitungen des Konzils genommen.

Als 1453 Konstantinopel an die Türken fiel, wurde dieser Untergang des "Zweiten Rom" in Moskau als Gottes Strafe für die Anbiederung an die Lateiner interpretiert. Der Zar ("Kaiser") galt fortan als einziger "Selbstherrscher" (byzantinisch "Autokrator"), und der Moskauer Metropolit - ab 1589 Patriarch - wurde fortan in Moskau bestimmt.

Das Selbstverständnis vom "Dritten Rom" ist bis heute in den Köpfen der russischen Orthodoxie verankert. Es wird genährt von der neuen Nähe zum Putin-Staat, von neuem materiellen Reichtum und der zahlenmäßigen Größe Russlands im Konzert der orthodoxen Nationalkirchen. Konstantinopel, das "Zweite Rom", hat dagegen im Laufe des 20. Jahrhunderts so viele ethnische und politische Nackenschläge zu verkraften, dass es personell kurz vor dem Existenzminimum steht. Seine Größe innerhalb der Orthodoxie ist moralischer und geistlicher Art.

Diplomatisch zweischneidiges Symbol

Standen in den gemeinsamen Bemühungen von Rom und Konstantinopel bislang vor allem die spirituelle Verbundenheit und die Bewahrung der Schöpfung im Vordergrund, so hatte die Begegnung in Havanna eine deutlich politischere und deutlich weniger geistliche Ausrichtung. Inmitten der Krisenherde Ukraine und Syrien ist diese politische Annäherung zwischen Rom und Moskau im Sinne der bedrängten Christen des Nahen Ostens ein starkes, wenn auch diplomatisch zweischneidiges Symbol. Der Vatikan wird zugleich sicher nicht anstehen, weiterhin starke Signale ins "Zweite Rom" zu senden.

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Am Freitagabend ist es auf Kuba zu der historischen Begegnung von Papst Franziskus und Patriarch Kyrill I. gekommen. Dabei unterzeichneten Papst und Patriarch eine gemeinsame Erklärung. Katholisch.de dokumentiert den Wortlaut der Erklärung.

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Die eine Kirche Christi tritt in verschiedensten Formen auf, etwa in den orthodoxen und orientalischen Kirchen. Wir erklären das katholische Verständnis von "Kirche", was das für die Ökumene bedeutet und stellen unterschiedliche Traditionen vor.
Von Alexander Brüggemann (KNA)