Mit Pierbattista Pizzaballa übernimmt ein Kenner das Lateinische Patriarchat

Schnelles Wiedersehen in Jerusalem

Veröffentlicht am 24.06.2016 um 14:08 Uhr – Von Andrea Krogmann (KNA) – Lesedauer: 
Heiliges Land

Jerusalem ‐ Kaum weg aus dem Heiligen Land, bekommt er dort schon einen neuen Posten: Pierbattista Pizzaballa ist seit Freitag der höchstrangige katholische Kirchenvertreter in Jerusalem.

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Nach zwei Arabern leitet damit wieder ein Italiener die lateinischen Katholiken des Heiligen Landes. Für Pierbattista Pizzaballa ist es ein schnelles Wiedersehen mit Jerusalem: Erst zu Jahresbeginn war nach zwölf Jahren seine Amtszeit als Kustos geendet. Und erst vor knapp drei Wochen wurde mit dem Norditaliener Francesco Patton (52) Pizzaballas Nachfolger ins Amt als oberster Hüter der christlichen Stätten im Heiligen Land eingeführt.

Er werde Zeit benötigen, um die komplexen Realitäten des Heiligen Landes vollständig zu erfassen, hatte Patton bei seinem Amtsantritt betont; eine Sorge, die der neue Apostolische Administrator nicht haben muss. Nach einem Vierteljahrhundert in verschiedenen Funktionen in Jerusalem ist Pizzaballa ein exzellenter Kenner der konfliktträchtigen Wirklichkeit seines neuen Amtsgebiets.

Seit 1990 in Jerusalem

Am 21. April 1965 in Cologno al Serio in der Diözese Bergamo geboren, studierte Pizzaballa in Rom Theologie und Philosophie. Nach seiner Priesterweihe 1990 kam er nach Jerusalem, wo er nach dem Abschluss seiner Studien biblisches Hebräisch an der Franziskanerhochschule lehrte. 2001 übernahm Pizzaballa, der fließend Hebräisch spricht und gute Kontakte in die israelische Gesellschaft hinein unterhält, im Auftrag seines Ordens die Seelsorge für die hebräischsprachigen Christen in Jerusalem. Bei seiner Wahl zum Kustos 2004 war er 38 Jahre alt - der zweitjüngste in der jahrhundertelangen Geschichte der Kustodie.

Linktipp: Patriarch auf dem Pulverfass

Seit 2005 ist Fouad Twal der lateinische Patriarch von Jerusalem. Am heutigen Freitag wird er 75 Jahre alt und ist damit verpflichtet, dem Papst seinen Rücktritt anzubieten. Schon jetzt werden Kandidaten für die Nachfolge des Jordaniers gehandelt.

Wiederholt wandte sich Pizzaballa gegen jüdische Übergriffe auf die christliche Minderheit. Er kritisierte anhaltende Probleme wie etwa die restriktive Visum-Vergabe für christliche Geistliche und zeigte sich bezüglich einer möglichen Versöhnung zwischen Israelis und Palästinensern zunehmend pessimistisch. In seine Amtszeit als Kustos fiel noch der Abschluss eines Grundlagenvertrags zwischen dem Heiligen Stuhl und dem Staat Palästina Anfang 2016. Die finanz- und steuerrechtlichen Verhandlungen zwischen Vatikan und Israel dauern unterdessen weiter an.

"Erneuerung ohne Revolution"

Als Kustos plädierte Pizzaballa für Kontinuität und "Erneuerung ohne Revolution". Er forderte eine stärkere Integration seiner Mitbrüder in die israelisch-palästinensische Welt und reklamierte ein größeres Verständnis der Kirche für die Realität Israels. Zwar mehrten sich in der Pizzaballa nun übertragenen Diözese zuletzt die Stimmen, die sich wieder einen Nichtaraber an ihrer Spitze wünschten. Der von dem Italiener geforderte jüdisch-israelisch-christliche Dialog dürfte allerdings für die mehrheitlich arabischen Christen nicht an der Spitze der Prioritätenliste stehen angesichts des jüngst wieder stärker aufflammenden israelisch-palästinensischen Konflikts.

Traditionell gilt das Verhältnis von Patriarchat und Franziskaner-Kustodie als nicht immer konfliktfrei. Ganz neu ist die sukzessive Übernahme der zwei wohl wichtigsten katholischen Ämter im Heiligen Land unterdessen nicht: Auch Pizzaballas Landsmann Alberto Gori wurde nach zwölf Jahren als Kustos anschließend Patriarch (1949-1970). Durch Pizzaballas Ernennung zum Patriarchatsverwalter könnte sich ein wichtiges Anliegen seines Nachfolgers Patton als Kustos innerkatholisch einfacher erweisen als gedacht: Die Zusammenarbeit "zum Besten für dieses Landes und seiner Bewohner" erfolgt künftig von Mitbruder zu Mitbruder.

Linktipp: "Ihr seid nicht vergessen"

Zum Abschluss des "16. Internationalen Bischofstreffens zur Solidarität mit den Christen im Heiligen Land" haben die Teilnehmer des Treffens eine Abschlusserklärung veröffentlicht. Darin rufen sie dazu auf, denen, die nicht gehört werden, eine Stimme zu geben. Die anhaltende Gewalt in der Region zeige, wie dringlich es sei, den Menschen vor Ort beizustehen. Katholisch.de dokumentiert die Abschlusserklärung im Wortlaut.
Von Andrea Krogmann (KNA)