Freiburger Theologe spricht von "Missbrauch des Ehebegriffs"

Schockenhoff kritisiert "Ehe für alle"

Veröffentlicht am 11.07.2017 um 15:40 Uhr – Lesedauer: 
Schockenhoff kritisiert "Ehe für alle"
Bild: © KNA
Familie

Freiburg ‐ Für den Freiburger Theologen Eberhard Schockenhoff ist die "Ehe für alle" ein "Missbrauch des Ehebegriffs". Auch für die Ökumene und Seelsorge habe der Bundestagsbeschluss negative Konsequenzen.

  • Teilen:

Der Freiburger Theologe Eberhard Schockenhoff hat ein zentrales Argument der Befürworter der "Ehe für alle" zurückgewiesen. Gesellschaftlich sei keineswegs eine "Entkoppelung von Ehe und Familie" zu beobachten, seit Jahrzehnten lebten vielmehr mehr als 75 Prozent aller Kinder bei ihren verheirateten Eltern, schreibt Schockenhoff in einem Gastbeitrag für die Freiburger Kirchenzeitung "Konradsblatt". Der "Missbrauch des Ehebegriffs", so der Experte weiter, solle vielmehr dem "angeblichen Wandel der gesellschaftlichen Anschauungen erst zum Durchbruch verhelfen".

Freiheit, Treue, Unauflöslichkeit, Fruchtbarkeit

Schockenhoff betont, dass die katholische Kirche keine substanziellen Abstriche bei ihrem Eheverständnis machen könne, ohne die biblische Weisung Jesu aufzugeben. Die katholische Ehe ruhe auf vier unverrückbaren Pfeilern: Freiheit, Treue, Unauflöslichkeit und Fruchtbarkeit im sozialen wie biologischen Sinn. Der Theologe zeigte sich besorgt, dass nach dem Bundestagsbeschluss neue Differenzen zwischen katholischer und evangelischer Kirche aufbrächen. Zudem werde es nun für die katholische Kirche schwieriger, Segensfeiern für homosexuelle Paare zu halten: "Diese bislang umstrittene Möglichkeit erschien auch ihren Befürwortern nur unter der Bedingung vertretbar, dass eine solche Segensfeier einer möglichen Verwechslung mit der Ehe keinen Vorschub leistet."

Der Freiburger Moraltheologe Eberhard Schockenhoff.
Bild: ©KNA

Der Freiburger Moraltheologe Eberhard Schockenhoff.

Die SPD-Bundestagsabgeordnete Eva Högl hat die katholische Kirche hingegen aufgefordert, die zivile "Ehe für alle" zu akzeptieren. Sie respektiere, dass die katholische Kirche eine andere Auffassung vertrete und die Ehe für sie ein Sakrament sei, sagte die stellvertretende SPD-Fraktionschefin in einem am Dienstag veröffentlichten Online-Interview der evangelischen Berliner Rogate-Klostergemeinschaft. Es gebe jedoch vielfältige Formen des Zusammenlebens, und dies sollten alle Kirchen anerkennen.

Anerkennung für jede Familienform

Der Gesetzgeber stelle sich mit der "Ehe für alle" der Realität, sagte Högl. Jede Familienform verdiene Anerkennung, Zuspruch und rechtliche Absicherung. Das seien sehr christliche Werte, so Högl, die der evangelischen Kirche angehört. Sie äußerte ihre Freude darüber, dass die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) die "Ehe für alle" begrüße. Deren Ratsvorsitzender Heinrich Bedford-Strohm habe die Gleichwertigkeit homosexueller Beziehungen verteidigt, betonte Högl. Zudem biete Evangelische Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz Trauungen für homosexuelle Paare an; drei weitere Landeskirchen in Deutschland hätten ähnliche Angebote. "Ich sehe die evangelische Kirche auf einem guten Weg", so die SPD-Politikerin. (jhe/KNA)

11.07.2017, 17:46 Uhr: Ergänzt um die Aussage von Eva Högl. /jhe

Linktipp: Bischöfe kritisieren Bundestagsbeschluss zur Ehe

Der Bundestag hat für die "Ehe für alle" gestimmt. Die deutschen Bischöfe bedauern die Entscheidung. Die evangelische Kirche wählt dagegen einen anderen Weg.