Seid selbstkritisch!
Die Palmwedel für die päpstliche Zeremonie werden seit 450 Jahren von der norditalienischen Stadt San Remo geliefert. In seiner Predigt mahnte der Papst zu Selbstkritik. Christen müssten sich stets fragen, ob sie Jesus nicht ebenso verraten hätten, wie Judas dies getan habe. Viele gingen auch wie Pilatus schwierigen Situationen aus dem Weg und wüschen ihre Hände in Unschuld. Jeder Christ müsse sich prüfen, welche Rolle er selbst in der Leidensgeschichte Jesu gespielt hätte, so Franziskus in seiner freigehaltenen Predigt.
Neuer Kreuzstab aus Olivenholz
Wörtlich sagte er: "Es wird uns gut tun, wenn wir uns nur eine Frage stellen: Wer bin ich? Wer bin ich vor meinem Herrn? Wer bin ich vor Jesus, der festlich in Jerusalem einzieht?". Mit der Frage, welche Rolle aus der Passionsgeschichte ihnen zukäme, sollten sich die Christen die ganze Karwoche über beschäftigen. An dem Gottesdienst nahmen nach Angaben von Radio Vatikan über 100.000 Menschen teil.
„Es wird uns gut tun, wenn wir uns nur eine Frage stellen: Wer bin ich? Wer bin ich vor meinem Herrn?“
Franziskus verwendete in der Zeremonie erstmals einen neuen Kreuzstab aus Olivenholz. Der schlichte Stock wurde von Strafgefangenen aus dem norditalienischen San Remo gefertigt. Er ist über zwei Meter hoch, auf Brusthöhe ziert ihn das päpstliche Wappen. Bisher hatte Franziskus zumeist auf das von Paul VI. (1963-1978) und Johannes Paul II. (1978-2005) benutzte Modell zurückgegriffen, jedoch auch den aufwendigeren Kreuzstab von Benedikt XVI. verwendet.
Segen "Urbi et orbi" am Ostersonntag
Die Palmsonntags-Liturgie erinnert an den Einzug Jesu in Jerusalem und bildet den Auftakt der Liturgie für die Karwoche. Am Gründonnerstag feiert Franziskus eine Chrisam-Messe, in der er die heiligen Öle segnet. Zum traditionellen Abendmahlsgottesdienst am Gründonnerstagabend besucht er ein römisches Therapiezentrum für Behinderte. Am Karfreitag steht der traditionelle Kreuzweg am Kolosseum auf dem Programm. Am Samstagabend folgt die mehrstündige Feier der Osternacht im Petersdom, am Ostersonntag die Ostermesse mit dem anschließenden Segen "Urbi et orbi".
Mit dem Palmsonntag beginnen auch in Jerusalem die Feiern der Kar- und Ostertage, an denen Christen des Leidens und der Auferstehung Jesu gedenken. Allein zur traditionellen Palmprozession am Sonntagnachmittag wurden Zehntausende Pilger aus dem In- und Ausland erwartet. Rund 25.000 Geistliche und Ordensleute wollten nach Angaben des Tourismusministeriums an dem Gang vom Ölberg zur Jerusalemer Altstadt teilnehmen.
Gleiches Datum in westlichen und orthodoxen Kirchen
Überschattet wurden die Vorbereitungen auf die Festtage durch Zusammenstöße zwischen der israelischen Polizei und Palästinensern. Laut israelischen Medien schleuderten Palästinenser an einem der Zugänge zum Tempelberg Steine und Brandsätze auf Sicherheitskräfte. Diese antworteten mit Schockgranaten. Über die Feiertage wurde die Polizeipräsenz in der Jerusalemer Altstadt verstärkt. In ihren Predigten zum Palmsonntag hatten mehrere deutsche Bischöfe, darunter der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Kardinal Reinhard Marx, zu Frieden und Versöhnung im Nahen Osten aufgerufen. Die Christen müssten "gegen alle Hoffnungslosigkeit die Hoffnung des christlichen Glaubens setzen", so der Münchener Erzbischof.
Für die Pessach- und Osterfeiertage rechnet das israelische Tourismusministerium mit 125.000 Besuchern in Jerusalem. In diesem Jahr feiern die westlichen und die orthodoxen Kirchen zum gleichen Datum. Aufgrund abweichender Kalender begehen sie Ostern sonst oft zu unterschiedlichen Terminen. Für die Juden beginnt am Montagabend das siebentägige Pessach-Fest. (gho/KNA/Radio Vatikan).