Stadt Weimar rühmt sich des ältesten öffentlichen Weihnachtsbaums

Siegeszug eines Nadelholzes

Veröffentlicht am 15.12.2015 um 00:01 Uhr – Von Karin Wollschläger  – Lesedauer: 
Auf einem Weihnachtsmarkt steht ein Christbaum.
Bild: © KNA
Brauchtum

Weimar ‐ Die Stadt Weimar reklamiert für sich den ersten öffentlich aufgestellten Weihnachtsbaum - vor 200 Jahren auf dem Marktplatz des Ortes. Initiator war ein Buchhändler, die Idee dahinter eine soziale. Ein Streifzug durch die Geschichte einer berühmten Tradition.

  • Teilen:

Der tragische Held besucht seine Lotte und spricht von der "paradiesischen Entzückung" beim Anblick eines "aufgeputzten Baumes mit Wachslichtern, Zuckerwerk und Äpfeln" spricht.

Ein Novum?

Der Siegeszug der Tanne in die weihnachtlichen Wohnstuben des deutschen Großbürgertums und Adels war schon vorangeschritten, als 1815 der Buchhändler Johann Wilhelm Hoffmann am 22. Dezember einen geschmückten Weihnachtsbaum auf dem Weihnachtsmarkt in Weimar aufstellte. Die Stadt reklamiert das Ereignis, das sich nun zum 200. Mal jährt, als ersten öffentlich auf einem Marktplatz aufgestellten Weihnachtsbaum in deutschen Landen. War Weimar damit Gründer einer Tradition, auf die inzwischen wohl bundesweit kaum eine Stadt im Advent verzichtet?

30.000 Lichter: Der Weihnachtsbaum am Rockefeller Center in New York.
Bild: ©picture alliance / landov

Weltweite Berühmtheit: Der Weihnachtsbaum am Rockefeller Center in New York.

Ein paar Blicke in die Geschichte des Weihnachtsbaums zeigen, dass die Sache verzwickt ist. "Die frühesten Belege für einen geschmückten Tannenbaum im Inneren des Hauses stammen aus der Lebenswelt des städtischen Handwerks", schreibt die Volkskundlerin Ingeborg Weber-Kellermann in einem Standardwerk über das Weihnachtsfest unter Berufung auf eine Bremer Zunftchronik aus dem Jahr 1570.

Andere Quellen nennen einen urkundlichen Beleg, dass im Straßburger Münster 1539 ein Weihnachtsbaum aufgestellt wurde. Doch Wirren und Not im Zuge des 30-jährigen Krieges (1618-1648) bremsten den Trend zunächst aus. Erst im Laufe des 17. und 18. Jahrhunderts verbreitete sich der Brauch von Stadt zu Stadt, so Weber-Kellermann. Mit der Zeit entwickelte er sich zum Exportschlager: So führte Prinz Albert von Sachsen-Coburg-Gotha als Gemahl von Queen Victoria in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts den Christbaum ins englische Königshaus ein.

Protestantismus als "Tannenbaum-Religion" geschmäht

Die Kirchen waren gegenüber der weihnachtlichen Deko-Tanne zunächst skeptisch. So wetterte um 1645 der Straßburger Prediger Johann Konrad Dannerhauer gegen die mit Puppen und Zucker behangene "Lappalie", der zur Weihnachtszeit mehr Aufmerksamkeit als dem Wort Gottes zuteil werde. In der Tat war der Christbaum zunächst ein evangelischer Brauch, verstanden als konfessionelles Gegensymbol zur katholischen Krippe. Katholiken sollen anfangs sogar verächtlich den Protestantismus als "Tannenbaum-Religion" geschmäht haben. Doch Ende des 19. Jahrhunderts gehörte er schließlich auch zum weihnachtlichen Bild katholischer Wohnzimmer.

Mitarbeiter der technischen Dienste des Vatikan stellen eine bayerische Fichte als Weihnachtsbaum auf dem Petersplatz auf.
Bild: ©picture alliance / dpa / Claudio Peri

Mitarbeiter der technischen Dienste des Vatikan stellen eine bayerische Fichte als Weihnachtsbaum auf dem Petersplatz auf.

Was den ersten außerhäusigen Weihnachtsbaum von Weimar betrifft: Der Buchhändler Hoffmann hatte nur bedingt Dekoratives im Sinn, als er den geschmückten Baum auf den Marktplatz vor seinem Laden stellte. Vielmehr verband der caritativ Engagierte damit eine Sozialinitiative: Mit dem Baum verknüpft war ein Spendenaufruf für bedürftige Kinder. Der Überlieferung nach sollen daraufhin so viele Spenden bei Hoffmann eingegangen sein, dass er den armen Kindern der Stadt am Heiligabend 1815 reichlich Geschenke machen konnte. Dass mit dem öffentlichen "Weihnachtsbaum für alle" nun auch die Bedürftigen einen Christbaum zum "daran ergötzen" bekamen, war ein sozialkultureller Nebeneffekt.

Trafalgar Square, Rockefeller Center, Petersplatz

Ob tatsächlich nirgendwo anders zuvor schon eine Weihnachtsbaum auf einem Marktplatz aufgestellt wurde, lässt sich nicht zweifelsfrei nachweisen. Fakt ist jedoch, dass der öffentliche Weihnachtsbaum aus unzähligen Städten nicht mehr wegzudenken ist. Die Tanne auf dem Londoner Trafalgar Square etwa ist das traditionelle Geschenk der Norweger als Erinnerung an den gemeinsamen Kampf gegen Nazideutschland im Zweiten Weltkrieg. Den imposanten Weihnachtsbaum vor dem New Yorker Rockefeller Center errichteten 1931 die Bauarbeiter zum ersten Mal. Seit 1982 ziert schließlich auch den Petersplatz in Rom ein Christbaum, jedes Jahr aus einem anderen Land als Geschenk für den Papst. In diesem Jahr stammt die 25 Meter hohe Fichte übrigens aus der bayerischen Gemeinde Hirschau.

Zwei Wipfel für zwei Päpste

2015 ist der Weihnachtsbaum für den Petersplatz ein Geschenk aus dem beschaulichen Hirschau. Bürgermeister Hermann Falk verrät katholisch.de einiges über die Fichte für den Papst und wie sie von der Oberpfalz in die ewige Stadt kommt.
Von Karin Wollschläger