Leiter der Finanzbehörde will zweite Phase des Reformprozesses beginnen

Vatikanbank-Chef gibt Amt ab

Veröffentlicht am 08.07.2014 um 00:00 Uhr – Lesedauer: 
Finanzen

Vatikan ‐ Der deutsche Chef der Vatikanbank, Ernst von Freyberg, gibt sein Amt nach knapp eineinhalb Jahren ab. "Mit dem Abschluss der ersten Phase des Reformprozesses sind wir nun in der Lage, unter einer neuen Führung die zweite Phase zu beginnen", erklärte der Leiter der Finanzbehörde des Vatikans, Kardinal George Pell, am Dienstag bei der Veröffentlichung des Jahresberichts des Instituts.

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"Ich möchte Ernst von Freyberg und dem gesamten Rat für die große Einsatzbereitschaft danken", so der Kardinal. Die neue Spitze des Istituto per le Opere di Religione (IOR) soll am Mittwoch vorgestellt werden. In den vergangenen Tagen hatten die Mitglieder des Kardinalsrates für die Kurienreform über Fragen der Vatikanfinanzen beraten. Dem Vernehmen nach soll es dabei auch um die Rolle des IOR gegangen sein. Hintergrund sei die Absicht, die vatikanische Güterverwaltung APSA immer stärker zu einer "Zentralbank des Vatikan" zu machen.

Dies hätte Auswirkungen auf die Arbeit des IOR – und damit auch auf die ihres Chefs Freyberg. Die "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" hatte bereits vor einigen Tagen über einen möglichen Abschied des deutschen Vatikanbank-Chefs spekuliert. Von offiziellen Stellen im Vatikan hatte es dazu bisher keine Stellungnahme gegeben. Es ist jedoch wahrscheinlich, dass nach der Konsolidierung des IOR, bei der mehr als 1.600 unberechtigte Konten geschlossen worden seien, das Geldinstitut künftig von einem "Fulltime"-Präsidenten geleitet werden soll.

Im wehrhaften Turm Nikolaus V. beim Diensteingang zum Vatikan befindet sich der Sitz der Vatikanbank IOR.
Bild: ©picture alliance / abaca/Vandeville Eric

Die Vatikanbank IOR hat ihren Sitz im Turm Nikolaus V. beim Diensteingang zum Vatikan am Annator.

"Fulltime"-Präsident gesucht?

Der aus Baden-Württemberg stammende von Freyberg war bis Ende 2012 Geschäftsführer von Daiwa Corporate Advisory, einem Corporate-Finance-Beratungsunternehmen mit Hauptsitz in Frankfurt am Main. Anschließend wurde er Vorstandsmitglied der Blohm+Voss Group in Hamburg. Diese Funktion hatte er auch während seines Engagements als Vatikanbank-Chef beibehalten. Zudem ist von Freyberg im Malteserorden engagiert und gehört der Leitung der diözesanen Berliner Pilgerstelle für Lourdes-Wallfahrten an.

Der 55-jährige von Freyberg war im Februar 2013 noch vom inzwischen emeritierten Papst Benedikt XVI. berufen worden, um nach den Diskussionen der vergangenen Jahre die Vatikanbank zu sanieren, transparenter zu machen und internationale Standards einzuführen, hieß es in Medienberichten. Das Institut mit dem offiziellen Namen "Institut für religiöse Werke" war unter anderem in den Verdacht der Geldwäsche geraten. (bod/KNA/dpa)

Stichwort: Vatikanbank

Als "Vatikanbank" wird landläufig das "Institut für die religiösen Werke" (Istituto per le Opere di Religione, IOR) bezeichnet. Das IOR ist jedoch nur im eingeschränkten Sinne eine Bank. Einige bankentypische Dienstleistungen wie die Vergabe von Krediten bietet es nicht an. Hauptzweck des 1942 gegründeten Instituts ist laut den Statuten die Verwaltung von Kapital, dessen Erträge "für Werke der Kirche und für christliche Wohltätigkeit in allen Teilen der Welt bestimmt sind". Das IOR verwaltet zurzeit nach eigenen Angaben 18.900 Konten und Kundeneinlagen von insgesamt 6,3 Milliarden Euro. Die größte Kundengruppe sind mit rund 50 Prozent Ordensgemeinschaften. Ein Konto beim IOR können vatikanische Einrichtungen, Ordensgemeinschaften, Bischofskonferenzen, Bistümer, Klöster und andere kirchliche Einrichtungen aus aller Welt eröffnen. Einzelne Priester und Ordensleute benötigen eine besondere Beauftragung durch ihren Oberen. Laien können nur Kunden werden, wenn sie Angestellte oder Pensionäre des Vatikan sind oder beim Heiligen Stuhl als Diplomaten akkreditiert sind. An der Spitze des Instituts steht seit Februar 2013 der deutsche Manager Ernst von Freyberg (55). Er steht dem Leitungsgremium, dem sogenannten Board of Superintendence vor. Diese Gruppe von Finanzfachleuten ist mehr als ein Aufsichtsrat in Deutschland; es steuert auch das operative Geschäft des IOR mit. Beaufsichtigt wird das 110 Mitarbeiter zählende IOR von einer Kardinalskommission. Wie alle anderen vatikanischen Einrichtungen wird es von der vatikanischen Finanzaufsichtsbehörde AIF kontrolliert. Im Oktober 2013 hat das IOR erstmals in seiner Geschichte einen Jahresbericht veröffentlicht. Demnach betrug 2012 der Jahresgewinn 86,6 Millionen Euro. (KNA)