Ein Drittel der Kurienkardinäle wartet auf den Ruhestand

Wann tauscht Franziskus seine Kardinäle aus?

Veröffentlicht am 25.10.2017 um 13:35 Uhr – Lesedauer: 
Wann tauscht Franziskus seine Kardinäle aus?
Bild: © KNA
Vatikan

Vatikanstadt ‐ Die Kurie ist eine alte Institution - und das gilt auch für viele Amtsträger. Ein Drittel der Behördenleiter wartet derzeit auf den Ruhestand. Für Papst Franziskus ist das eine schwierige Situation.

  • Teilen:

Für Bischöfe, auch für Kurienkardinäle gilt nach dem Kirchenrecht eine Pensionsgrenze von 75 Jahren. In der Praxis ist der Übergang freilich flexibel. Denn auch wenn die Eminenzen und Exzellenzen dem Papst zum 75. Geburtstag ihren Rücktritt anbieten, ist es seine Sache, diesen anzunehmen. Das geschieht selten genau zum Termin, oft mit erheblicher Verlängerung, bei Kurienchefs oft ein oder zwei Jahre später. Freilich hat Franziskus auch in Aussicht gestellt, für mehr Fluktuation im Personal der Kurie sorgen zu wollen.

Derzeit ist ein Drittel der Präfekten oder Präsidenten aus der Kurie jenseits der Altersgrenze. Allerdings dürfte dabei auch die anstehende Kurienreform eine Rolle spielen. Denn ob Franziskus überhaupt für alle Kurienchefs einen Nachfolger ernennen muss, ist im Zuge von Umstrukturierungen und Zusammenlegungen ungewiss.

Erhält Kardinal Müller eine neue Aufgabe?

Bereits 79 Jahre alt ist der italienische Kurienkardinal Francesco Coccopalmerio vom Rat für Gesetzestexte, der als guter Freund von Franziskus gilt. Das gleiche Alter hat Kardinal Angelo Amato, der Beauftragte für Selig- und Heiligsprechungen. Eine Zeitlang galt der frühere Präfekt der Glaubenskongregation, Kardinal Gerhard Ludwig Müller, dessen Fünfjahresberufung der Papst nicht verlängerte, als denkbarer Nachfolger. Aber im Moment scheint ungewiss, ob er überhaupt eine neue Kurienaufgabe übernimmt.

Linktipp: Franziskus dreht sein Personalkarussell

Kardinal Gerhard Ludwig Müller musste die Leitung der Glaubenskongregation abgeben. Um diese Entscheidung des Papstes ranken sich viele Rätsel. Klar ist: Sie ist Teil eines Plans zum Personalumbau. (Artikel von Juli 2017)

Auch der Generalsekretär der Bischofssynode, Kardinal Lorenzo Baldisseri, eine der ersten großen Personalien von Franziskus nach seiner Wahl, ist mit 77 Jahren im Pensionsalter. Ähnliches gilt für den Präfekten des Wirtschaftssekretariates George Pell, der für einen Gerichtstermin in Australien vorübergehend beurlaubt ist, und für Beniamino Stella von der Kleruskongregation, die ebenfalls Franziskus an den Vatikan geholt hat und die beide 76 Jahre alt sind.

In diesen Tagen haben der Präsident des Vatikanstaates, Giuseppe Bertello, und der Chef des Kulturrates, Gianfranco Ravasi, ihren 75. Geburtstag gefeiert. Für Kardinal Ravasi lief auch die zweite Fünfjahresberufung aus. Der renommierte Theologe und Buchautor hat das Profil seiner Behörde deutlich geschärft und auf neue Felder kreativ ausgeweitet. Er hat mit der Initiative "Vorhof der Völker" das Gespräch mit Nichtglaubenden forciert, er hat eine Unterabteilung "Sport und Kultur" eingerichtet, sich mit dem Thema "Frauen und Kultur" befasst und eine Abteilung "Sprache" gegründet. Alles Bereiche, in denen auch andere Kurienbehörden aktiv sind, etwa das Dikasterium für Laien-Familie-Leben. Freilich gibt es Spekulationen, der Kulturrat könnte mit der Bildungskongregation zu einer neuen Superbehörde fusionieren. Dafür spräche, dass der Sekretär des Kulturrats im August pensioniert und die Stelle nicht nachbesetzt wurde.

Papst Franziskus spricht vor Kardinälen und Bischöfen im Vatikan.
Bild: ©picture alliance/AP Photo

In der näheren Zukunft kommen einige wichtige Personalentscheidungen auf Papst Franziskus zu: Etliche seiner Kurienkardinäle und Bischöfe auf zentralen Positionen der Weltkirch gehen in den Ruhestand.

Nicht alle Kardinäle bleiben freilich erheblich über die Pensionsgrenze hinaus in ihren Ämtern. Im Sommer nahm Franziskus sehr zeitnah den Rücktritt des Mailänder Erzbischofs Angelo Scola (75) an, im Mai den seines römischen Kardinalvikars Agostini Vallini (77). Der Krakauer Erzbischof Stanislaw Dziwisz, der frühere Sekretär von Johannes Paul II., konnte im Sommer 2016 noch den Weltjugendtag in seiner Diözese feiern, bevor Franziskus ihn mit 77 Jahren pensionierte.

Auch im K9-Rat stehen Pensionierungen an

In der Weltkirche haben etliche Kardinäle die Pensionsgrenze teils deutlich überschritten. Das gilt etwa für den Kongolesen Laurent Monsengwo Pasinya (78), der auch dem K9-Rat angehört, aber auch für den US-Amerikaner Donald William Wuerl (77) und den Südafrikaner Wilfred Fox Napier (76). Noch vor Jahresende werden der aus Honduras stammende Oscar Rodriguez Maradiaga, der K9-Koordinator, und Andre Vingt-Trois von Paris 75. Die Amtszeit des Maronitischen Patriarchen Boutros Bechara Rai (77) ist dagegen nicht an diese Altersgrenzen gebunden ist.

Es ist Sache des Papstes, wie lange er die Eminenzen an der Kurie oder in der Weltkirche in ihren Ämtern belässt. Aber der Umgang mit dieser Entscheidung und auch das Profil von Nachfolgern werden deutlich machen, wie Franziskus die Kurie, aber auch das Kardinalskollegium weiter gestalten will, das einmal seinen Nachfolger wählen muss.

Von Johannes Schidelko

HTML-Elemente (z.B. Videos) sind ausgeblendet. Zum Einblenden der Elemente aktivieren Sie hier die entsprechenden Cookies.

Das Kardinalskollegium: Ein interaktiver Globus

Links sehen Sie die Timeline mit den Einträgen zu den Bischöfen, rechts den Globus. Mit Ihrem Mauszeiger können Sie ihn in alle Richtungen drehen. Länder, in denen es mindestens einen Kardinal gibt, haben einen Kreis auf Höhe ihrer Hauptstadt. Die Zahl im Kreis steht für die Anzahl der Kardinäle. Die Farbe gibt das Verhältnis von wahlberechtigten (rot) zu nicht-wahlberechtigten (gelb) Kardinälen an. Wenn Sie auf den Kreis klicken, erscheinen alle Kardinäle mit Fotos beziehungsweise Wappen. Klicken Sie auf einen bestimmten Kardinal, werden Ihnen links in der Timeline mehr Informationen angezeigt: Die Funktion, das Geburtsdatum und oft auch ein Link zu einem Artikel (Klicken Sie dazu auf "read more").

In der Timeline links oben finden Sie außerdem einen runden Knopf mit einem stilisierten Balkendiagramm. Wenn Sie darauf klicken, gelangen Sie in das sogenannte "Dashboard". Dort sehen Sie zwei Kreisdiagramme: Links ist das Verhältnis von wahlberechtigten zu nicht-wahlberechtigten dargestellt. Rechts wird die Verteilung der Kardinäle auf die Kontinente abgebildet. Durch Klicks auf die einzelnen Bereiche können Sie auf dem Globus die entsprechenden Gruppen ein- bzw. ausblenden. (jhe)