Theologe Magnus Striet warnt vor Anerkennung der Piusbrüder

Wie weit geht die Barmherzigkeit von Franziskus?

Veröffentlicht am 20.10.2016 um 10:20 Uhr – Lesedauer: 
Wie weit geht die Barmherzigkeit von Franziskus?
Bild: © KNA
Piusbrüder

Bonn ‐ Gilt "alles kann, nichts muss" jetzt auch in der Kirche? Fundamentaltheologe Magnus Striet kritisiert Papst Franziskus' Umgang mit der Piusbruderschaft.

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Eine Anerkennung der Piusbrüder durch Papst Franziskus wäre aus Sicht des Freiburger Fundamentaltheologen Magnus Striet ein "riesiger Fehler". Der zu zahlende Preis "wäre schlicht unerschwinglich", schreibt Striet in der "Zeit"-Beilage "Christ & Welt" (Donnerstag). "Im Kern geht es in diesem Konflikt um nicht weniger als um die Menschenrechtsfrage."

Prinzip der Unterscheidung der Geister

Der Theologe stellte die Frage, ob Franziskus eine Kirche wolle, "in der die einen für ein modernes Menschenrechtsethos streiten, während die anderen im 19. Jahrhundert verharren". Wenn sein "Barmherzigkeitsbegriff so integrativ ist, dass nun alles nur noch barmherzig angeschaut wird und dazugehören darf, dann fragt man sich, ob das Prinzip der Unterscheidung der Geister nun ad acta gelegt wird".

Bild: ©Britt Schilling/FRIAS

Magnus Striet ist Inhaber des Lehrstuhls für Fundamentaltheologie an der katholisch-theologischen Fakultät der Universität Freiburg.

Die Piusbruderschaft weigere sich, das seinerzeit "revidierte Verhältnis der Kirche zu den Prinzipien von Religions- und Gewissensfreiheit anzuerkennen", betonte Striet. Und weiter: "Wenn unentschieden bleiben darf, wie sich die Priesterbruderschaft zu den theologischen Kurskorrekturen des Zweiten Vatikanischen Konzils verhalten soll, so frage ich mich: Ist die Kirche denn jetzt im Anything-goes angekommen?"

Der Obere der Piusbruderschaft, Bernard Fellay, war in der vergangenen Woche im Vatikan empfangen worden. Der Bruderschaft zufolge führte Fellay Gespräche mit dem Chef der Glaubenskongregation, Kardinal Gerhard Ludwig Müller. Zudem habe er im Gästehaus Santa Marta kurz Papst Franziskus begrüßt. Der Vatikan äußerte sich bislang offiziell nicht dazu.

Zwischen der katholischen Kirche und den Traditionalisten bestehen seit Jahrzehnten Spannungen. Die 1969 vom französischen Erzbischof Marcel Lefebvre gegründete Priesterbruderschaft lehnt wichtige Beschlüsse des Zweiten Vatikanischen Konzils (1962-1965) ab. Nach unerlaubten Bischofsweihen exkommunizierte Rom Lefebvre und die von ihm geweihten vier Bischöfe 1988.

Dennoch findet die Bruderschaft ihren Nachwuchs. Allein im laufenden Jahr sind 57 junge Männer, die das Priesteramt anstreben, in die Seminare eingetreten. Die Statistik erfasse auch die Neuzugänge in den beiden Seminaren in Argentinien und Australien, teilten die Piusbrüder in Ecône in der Schweiz am Donnerstag mit.

„Ist die Kirche denn jetzt im Anything-goes angekommen?“

—  Zitat: Magnus Striet

Das Seminar im deutschen Zaitzkofen/Landkreis Regensburg, hat nach den Angaben seit Jahresbeginn insgesamt neun Priesteramtsanwärter aufgenommen: vier Deutsche sowie je einen Belgier, Polen, Russen und einen Schweizer. Im Seminar in Flavigny im Nordosten Frankreichs gebe es 14 Neueintritte, die Ausbildungsstätte in Winona im US-Bundesstaat Minesota habe seit Jahresbeginn 23 neue Seminaristen aufgenommen. Die Piusbrüder nehmen immer wieder Priesterweihen vor, die kirchenrechtlich nicht erlaubt sind.

Fellay: Franziskus stiftet Verwirrung

Unter Papst Benedikt XVI. kam es zu Annäherungsversuchen. Papst Franziskus kündigte an, den Dialog fortsetzen zu wollen. Im Sommer warf Fellay Papst Franziskus vor, Verwirrung und Irrtümern in der Lehre Vorschub zu leisten. (gho/KNA)

Linktipp: Traditionalisten

Lange spielten sie in der öffentlichen Wahrnehmung kaum eine Rolle. Doch als Papst Benedikt XVI. die Messe nach tridentinischem Ritus 2007 wieder erlaubte, fanden auch sie wieder mehr Beachtung: die Traditionalisten. Die bekanntesten unter ihnen sind die Piusbrüder.