"Wir sind beide guten Willens"
Aus Vatikansicht werden die laufenden Verhandlungen mit China von beiden Seiten mit "gutem Willen" geführt. Dem Heiligen Stuhl sei besonders daran gelegen, dass die katholischen Chinesen "auf positive Weise ihre Zugehörigkeit zur Kirche leben" und gleichzeitig "gute Bürger" sein könnten, die zur "Stärkung der Harmonie der gesamten chinesischen Gesellschaft" beitragen, führte Kardinalstaatssekretär Pietro Parolin in einem Interview der italienischen Tageszeitung "Avvenire" (Mittwoch) weiter aus.
Inhaltliche Details zu den Verhandlungen für ein Abkommen zwischen der kommunistischen Regierung und dem Heiligen Stuhl nannte die Nummer Zwei des Vatikan nicht. Parolin betonte hingegen die Bedeutung der Gespräche für das Oberhaupt der katholischen Kirche: "Papst Franziskus liegt am Herzen, dass die Spannungen und Spaltungen der Vergangenheit überwunden werden, um eine neue Seite der Geschichte der Kirche in China schreiben zu können."
Parolin: Es gibt keine zwei verschiedenen katholischen Kirchen in China
Mit Blick auf die Unterteilung in regimenahe "patriotische" und romtreue Katholiken stellte der Kardinalstaatssekretär klar, dass es keine zwei verschiedenen katholischen Kirchen in China gebe. Wer davon ausgehe, werde weder den historischen Fakten noch dem Leben der Gläubigen gerecht. "Es gibt vielmehr zwei Gemeinschaften, die beide wünschen, die volle Einheit mit dem Nachfolger Petrus leben zu können." Der Wunsch des Heiligen Stuhls sei es, "in nicht allzu ferner Zukunft" eine Wiederversöhnung der beiden Gemeinschaften zu sehen, um gemeinsam den Glauben verkünden und glaubhaft bezeugen zu können, so Parolin.
Linktipp: Der lange Marsch der Diplomatie
Seit mehr als 65 Jahren liegen die diplomatischen Beziehungen zwischen dem Heiligen Stuhl und der Volksrepublik China auf Eis. Nun könnten sich die Beziehungen der beiden Staaten entspannen. (Artikel vom 19. Juni 2016)Geschätzt rund 13 Millionen der mehr als 1,3 Milliarden Einwohner der Volksrepublik China sind Katholiken; die Behörden verzeichnen lediglich 6 Millionen. Eine Besonderheit des chinesischen Katholizismus ist die Teilung in zwei Gruppierungen: Neben einer staatlich zugelassenen "Patriotischen Vereinigung der Katholiken Chinas" gibt es die sogenannte Untergrundkirche in Gemeinschaft mit dem Papst.
Die "patriotischen Christen" können seit 1957 beziehungsweise wieder seit Ende der chinesischen Kulturrevolution (1966-1976) mit staatlicher Erlaubnis aktiv sein. Gegen die Mitglieder der Untergrundkirche kommt es dagegen regelmäßig zu staatlichen Sanktionen. Immer wieder werden Priester und Bischöfe verhaftet oder verhört. Nach einer zwischenzeitlichen Annäherung wurden in den vergangenen Jahren auf Druck der staatlichen Führung wiederholt neue Bischöfe ohne päpstliche Zustimmung geweiht. Papst Franziskus sandte unterdessen mehrfach Signale der Dialogbereitschaft Richtung Peking. (KNA)