Wo Luther noch katholisch war
Der Ort, an dem Geschichte geschrieben wurde, soll jetzt Unesco-Weltkulturerbe werden. Vor wenigen Tagen reichte die Kultusministerkonferenz (KMK) den Antrag ein, eine Entscheidung der Unesco ist für das kommende Jahr vorgesehen. Dabei ist das heute evangelische Kloster nur einer unter zwölf Orten auf einer Liste der Stiftung Luthergedenkstätten, die als Erweiterung des Welterbes "Luthergedenkstätten Eisleben und Wittenberg" vorgesehen sind.
Neben dem Augustinerkloster gehört Luthers Elternhaus in Mansfeld in Sachsen-Anhalt ebenso dazu wie sein bayerischer Zufluchtsort auf der Veste Coburg. Mit der Anerkennung der Gedenkstätten in Eisleben und Wittenberg - darunter Geburts- und Sterbehaus Luthers sowie die Wittenberger Schlosskirche - würdigte die Kulturorganisation der Vereinten Nationen bereits 1996 die "welthistorische Bedeutung von Leben und Werk des Reformators Martin Luther". Sollte die Unesco dem jetzt erweiterten Antrag zustimmen, könnte das Erfurter Kloster ab 2017 Teil von insgesamt 18 "Luthergedenkstätten in Mitteldeutschland" werden - pünktlich zu den 500-Jahr-Feiern zum Reformationsgedenken.
Kloster mit mittelalterlichem Erscheinungsbild
Bis heute hat sich das Kloster sein mittelalterliches Erscheinungsbild weitgehend bewahrt. Das Areal ist noch immer zum Teil von der alten Klostermauer umschlossen. Es gibt den Kreuzgang, den Klostergarten, die ehemalige Klausur - vieles weist noch auf die Welt der Vorreformation hin. In der Augustinerkirche sind Teile des Altars erhalten, an dem Luther seine erste Messe las. Ein buntes Bleiglasfenster, das "Löwen-Papageienfenster", das Luther bei seinen Gebeten täglich sah, gab ihm Inspiration für die Lutherrose, die er später als Familienvater als Wappen nutzte.
Ab 1277 wurde die Anlage durch die Augustiner-Eremiten, einen Bettelorden, in gotischen Formen erbaut. In der Reformationszeit ging sie in den Besitz der evangelischen Kirche über. Heute ist das Erfurter Augustinerkloster ein evangelisches Tagungs- und Begegnungszentrum von überregionalem Rang.
Benedikt XVI.: Die Frage nach Gott trieb Luther um
Und wie kam es zum Eintritt von Luther ins Kloster? Eigentlich studierte der junge Mann auf Wunsch seines Vaters Jura in Erfurt. Auf der Rückreise vom Elternhaus nach Erfurt zu den Studentenfreunden soll er von einem heftigen Gewitter überrascht worden sein. Aus Angst schrie er angeblich: "Oh, heilige Anna hilf. Ich will ein Mönch werden." Prompt stand er wenige Wochen später auf der Schwelle des Klosters und wollte seinen Schwur in die Tat umsetzen. Dafür suchte er sich einen Orden aus, der einen streng geregelten Tagesablauf hatte. Um zwei Uhr früh begannen die ersten Stundengebete bis zum Kompletgebet, das gegen 21 Uhr endete. Einfach, wie es das Blitz-Gelöbnis zunächst nahelegt, hat Luther es sich auf dem Weg zum Priestertum in der Ordensgemeinschaft des heiligen Augustinus also nicht gemacht.
Das gestand ihm auch einer zu, der im Rahmen seiner Deutschlandreise im September 2011 selbst das Kloster besuchte: Papst Benedikt XVI. kam auf Einladung der Evangelischen Kirche in Deutschland zu einem ökumenischen Treffen in das Kloster. "Was ihn umtrieb, war die Frage nach Gott, die die tiefe Leidenschaft und Triebfeder seines Lebens und seines ganzen Weges gewesen ist", erklärte der Papst bei dem Treffen mit protestantischen Spitzenvertretern. Und er setzte hinzu: "Theologie war für Luther keine akademische Angelegenheit, sondern das Ringen um sich selbst, und dies wiederum war ein Ringen um Gott und mit Gott."