Was der DBK-Beschluss zum Kommunionempfang bedeutet

Zurückhaltend progressiv

Veröffentlicht am 23.02.2018 um 00:01 Uhr – Lesedauer: 
Ökumene

Bonn ‐ Der Beschluss der deutschen Bischöfe zum Kommunionempfang in konfessionsverschiedenen Ehen ist eine Sensation auf Sparflamme. Die neue Richtlinie ist ein Kompromiss - und doch eine kleine Überraschung.

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Jahrzehntelange Debatten haben ein vorläufiges Ende gefunden: Die deutschen Bischöfe erlauben konfessionsverschiedenen Ehepaaren den gemeinsamen Empfang der Eucharistie. Doch Kardinal Reinhard Marx machte bei der Ankündigung am Donnerstag auch deutlich, dass es keine bahnbrechende Neuerung ist. In ihrer Richtlinie – die bislang noch nicht veröffentlicht wurde – betont die Deutsche Bischofskonferenz vielmehr, was bereits jetzt Stand des kirchlichen Rechts ist.

In Einzelfällen sollen also evangelische Ehepartner katholischer Christen in Zukunft die Kommunion empfangen dürfen. Wichtigste Voraussetzung ist dabei, dass sie "den katholischen Eucharistieglauben bejahen", so Marx. Die Richtlinie stelle zudem die Bedingung, dass die protestantischen Ehepartner vorab das Gespräch mit dem katholischen Pfarrer suchen.

Keine Einstimmigkeit unter den Bischöfen

Marx erklärte, dass auch für die nun beschlossene Regelung in der Bischofskonferenz keine Einstimmigkeit erzielt wurde. "Das mag wenig sein für Einige, für Einige ist es schon zu viel." Denn laut dem Kardinal gehen unter den Oberhirten die Meinungen nach wie vor weit auseinander. Faktisch soll in der Richtlinie stehen, was auch im Kirchenrecht steht. Demnach können Nichtkatholiken schon jetzt unter bestimmten Umständen in der katholischen Kirche die Eucharistie empfangen.

In ihrer Entscheidung beziehen sich die Bischöfe auf den Canon 844 §4 des Kodex des kanonischen Rechts. Dort heißt es, dass  Protestanten zur Kommunion treten können, wenn etwa eine "schwere Notlage dazu drängt". Worin eine solche besteht, können Bischöfe oder Bischofskonferenzen dabei für ihren Einflussbereich selbst definieren. Die deutschen Oberhirten haben sich dabei auf eine alternative Übersetzung des lateinischen Rechtstextes gestützt, wie Marx erklärte. In seiner Enzyklika "Ecclesia de eucharistia" aus dem Jahr 2003 sprach Papst Johannes Paul II. statt von einer Notlage von einem "schwerwiegenden geistlichen Bedürfnis". Und dieses könnte, so sagen die Bischöfe jetzt, in gemischtkonfessionellen Ehen bei nichtkatholischen Partnern aufkommen.

Canon 844 §4 CIC

Wenn Todesgefahr besteht oder wenn nach dem Urteil des Diözesanbischofs bzw. der Bischofskonferenz eine andere schwere Notlage dazu drängt, spenden katholische Spender diese Sakramente erlaubt auch den übrigen nicht in der vollen Gemeinschaft mit der katholischen Kirche stehenden Christen, die einen Spender der eigenen Gemeinschaft nicht aufsuchen können und von sich aus darum bitten, sofern sie bezüglich dieser Sakramente den katholischen Glauben bekunden und in rechter Weise disponiert sind.

Befürworter der Zulassung konfessionverschiedener Ehepartner zur Kommunion zitieren daneben immer wieder eine Aussage von Papst Franziskus aus dem Jahr 2015. Beim Besuch in der deutschen lutherischen Gemeinde Roms verweigerte er sich einer eindeutigen Positionierung. Während der Papst erklärte, keine allgemeine Erlaubnis für Protestanten zum Eucharistieempfang geben zu können, verwies er sie zugleich auf ihre persönliche Gewissensentscheidung. "Sprecht mit dem Herrn und geht weiter", riet er den Betroffenen.

Baldige Entscheidung war nicht absehbar

Darüber hinaus spielte die Frage in den Veröffentlichungen des Papstes bislang kaum eine Rolle. In seinem Apostolischen Schreiben zu Ehe und Familie, "Amoris laetitia", befasste sich Franziskus in nur einem Absatz mit dem Thema (AL 247). Dabei zitiert er wörtlich aus dem Ökumene-Direktorium des Päpstlichen Rats zur Förderung der Einheit der Christen von 1993. Dort wird die Komplexität des Problems betont und zugleich auf die kirchenrechtlichen Kompetenzen der Bischöfe und Bischofskonferenzen verwiesen.

Dass Marx zu den entschiedenen Befürwortern einer entsprechenden Regelung zählt, machte er auch am Donnerstag wieder deutlich. Doch auch wenn er damit in der Bischofskonferenz zur Mehrheit gehört, kam die Entscheidung der Oberhirten ein Stück weit überraschend. Nach den Debatten der vergangenen Monate war eine baldige Einigung nicht absehbar, zu weit lagen die Oberhirten auseinander.

Bild: ©KNA

Kardinal Rainer Maria Woelki warnte im September davor, Christen anderer Konfessionen zur Eucharistie zuzulassen, solange andere ökumenische Fragen nicht geklärt seien.

Noch im September 2017 hatte Kölns Erzbischof, Kardinal Rainer Maria Woelki, dem Ansinnen widersprochen. In einem Gastbeitrag für die "Herder Korrespondenz" warnte er davor, Christen anderer Konfessionen zur Eucharistie zuzulassen, solange andere ökumenische Fragen nicht geklärt seien. Konkret erklärte er, Protestanten würden etwa bei der Lehre von der Kirche und von Christus selbst andere Positionen vertreten, als Katholiken. Von einem gemeinsamen Abendmahlverständnis könne daher keine Rede sein. Woelki habe jedoch größten Respekt vor konfessionsverschiedenen Eheleuten, "die nicht vorwegnehmen, was noch nicht möglich ist".

Im Sommer hatte der Vorsitzende der DBK-Kommission für Ehe und Familie, Erzbischof Heiner Koch, anerkannt, dass manche gemischtkonfessionelle Paare ein "existenzielles Leiden" verspüren würden. Zugleich verwies der Berliner Oberhirte allerdings auf die theologischen Differenzen zwischen den Konfessionen. Katholiken und Protestanten hätten ein unterschiedliches Eucharistieverständnis, das nicht einfach übergangen werden könne, warnte Koch. Zudem wandte er sich gegen eine Partikularlösung für die Kirche in Deutschland und plädierte für eine weltkirchliche Debatte.

Letzte Entscheidung liegt beim Pfarrer

Solcherlei Vorbehalte wurden in der zurückhaltenden Entscheidung der Bischöfe offenkundig berücksichtigt. Dafür spricht an erster Stelle, dass das Papier vorerst noch nicht veröffentlicht wird, sondern noch einige Änderungen erfährt. Auch haben die Bischöfe bewusst darauf verzichtet, einen Beschluss mit rechtlicher Bindungswirkung zu fassen. Marx sprach am Donnerstag von einer "pastoralen Orientierungshilfe", die sich in erster Linie an die Seelsorger richten solle.

Mit der Notwendigkeit eines Gesprächs mit den Betroffenen vor dem Eucharistieempfang übertragen die Bischöfe die letzte Entscheidung auf die Pfarrer. So hatten sie es bereits vor einem Jahr getan, als es um die Zulassung wiederverheirateter Geschiedener zur Eucharistie ging. Was das für betroffene Paare im Einzelfall bedeutet, liegt damit nicht mehr im direkten Einflussbereich der Bischöfe. Auch Marx gab sich am Donnerstag realistisch: "Ich weiß auch nicht, ob alle Pfarrer die Richtlinie dann übernehmen."

Von Kilian Martin