Italien ringt um eingetragene Lebenspartnerschaften

Zwei Papas plus Bambino?

Veröffentlicht am 25.01.2016 um 13:45 Uhr – Von Christoph Schmidt (KNA) – Lesedauer: 
Zwei Papas plus Bambino?
Bild: © KNA
Ehe und Familie

Rom ‐ Italien gehört zu den EU-Ländern, die noch keine gesetzliche Regelung für Lebenspartnerschaften homosexueller Paare haben. Der Riss geht quer durch die Parteien. Papst Franziskus wird deshalb von beiden Seiten in Beschlag genommen.

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Die Vorlage orientiert sich am deutschen Vorbild der eingetragenen Lebenspartnerschaft, in der Schwule und Lesben weitgehend die Rechte und Pflichten von Eheleuten übernehmen. Ihnen ist es auch erlaubt, das leibliche Kind ihres Partners zu adoptieren. Genau hier liegt in der italienischen Debatte der meiste Zündstoff. Die Kritiker befürchten vor allem eine schleichende Zunahme von Leihmutterschaften.

Die Kontroverse um die "unioni civili" zieht sich dabei quer durch die Parteien. Der konservative Flügel der PD beharrt auf Änderungen und fordert hohe Haftstrafen für die Anwerbung von Leihmüttern auch im Ausland. Auch aus den Reihen der Koalitionspartner - der Forza Italia von Silvio Berlusconi und der Mitte-Rechts-Partei NCD - kommt Gegenwind. Am schärfsten weht er aber aus der Italienischen Bischofskonferenz, die sich ansonsten bei innenpolitischen Diskussionen im Gegensatz zu früher meist zurückhält. Der Vorsitzende, Kardinal Angelo Bagnasco, betonte in dieser Woche abermals die kirchliche Ablehnung der "unioni civili" und pochte auf die traditionelle, gottgewollte Familie.

Andere Probleme als die Ansprüche von Schwulen und Lesben

Zwar räumten Einzelstimmen wie der Sekretär der Bischofskonferenz, Bischof Nunzio Galantino, angesichts der vielen homosexuellen Paare in Italien einen gewissen rechtlichen Handlungsbedarf ein. Doch der Tenor der Bischöfe lautet: Das Land hat mit Armut und Wirtschaftskrise ganz andere Probleme als die Ansprüche von Schwulen und Lesben, noch dazu solche auf Elternschaft. Die Kirchenführer warnen vor anthropologischen Experimenten zum Schaden der Persönlichkeitsentwicklung von Kindern gleichgeschlechtlicher Eltern. Und überhaupt reichten die bestehenden Gesetze aus, um Homosexuellen ein Leben in Sicherheit und Würde, frei von Diskriminierung zu garantieren, so die Bischöfe.

Papst Franziskus hält eine Rede vor der Familiensynode
Bild: ©KNA

Papst Franziskus wird von Befürwortern wie Gegnern der Homo-Ehe in Italien gleichermaßen vereinnahmt.

Gäbe es in Italien Volksabstimmungen, wäre das Eisen womöglich längst aus dem Feuer. Denn in Umfragen ist eine klare Mehrheit für eingetragene Lebenspartnerschaften und wendet sich gleichzeitig entschieden gegen ein Adoptionsrecht. So aber liegt der Ball weiter bei der Politik - und spaltet die Gesellschaft. Diesen Samstag demonstrierten Zehntausende Schwule, Lesben und politische Mitstreiter unter der Regenbogenfahne in rund 100 Städten des Landes für die Annahme der Gesetzesvorlage. Kommendes Wochenende wollen Familienorganisationen und christliche Gruppen mit einem "Family Day" in Rom dagegen protestieren. 2015 mobilisierten die Veranstalter dazu mehrere Zehntausend Menschen. Die Bischöfe hatten sich demonstrativ nicht daran beteiligt, um jeden kulturkämpferischen Eindruck zu vermeiden. Doch in diesem Jahr könnte die Bischofskonferenz wieder offensiver auftreten, vermuten Beobachter.

Pro oder contra? - Franziskus wird in Beschlag genommen

Der bekannteste "Italiener", Papst Franziskus, wird derweil von beiden Seiten in Beschlag genommen. Verweise auf seine bekannte Äußerung über Homosexuelle - "Wer bin ich, sie zu richten?" - zählen zum Repertoire der Befürworter eingetragener Lebenspartnerschaften. Deren Gegner heben auf Franziskus' Warnungen vor einer "ideologischen Kolonisierung" der klassischen Familie ab. Noch am Freitag betonte der Papst in einer Rede an die römische Rota, zwischen der Familie und anderen Formen von Partnerschaft dürfe es 'keine Verwirrung' geben - und sorgte damit für breite mediale Aufmerksamkeit. Wie der Vatikan zur "Homo-Ehe" steht, zeigte sich deutlich im Mai 2015, als Kardinalstaatssekretär Pietro Parolin das "Ja" der Iren als "Niederlage für die Menschheit" bezeichnete und damit für entrüstete Reaktionen sorgte.

Im Februar soll der Senat in Rom über die Gesetzesvorlage beziehungsweise Änderungen abstimmen. Die große Frage ist dabei, wie sich die Flügelkämpfe in der Regierungspartei auf die Abgeordneten in der zweiten und dritten Reihe auswirken. Denn bei dem Votum, das die Grundprinzipien des einst tief katholischen Italien weiter stark verändern könnte, sind die Parlamentarier nur ihrem Gewissen verpflichtet.

Von Christoph Schmidt (KNA)