Vatikan-Zeitung "L'Osservatore Romano" kritisiert andere Medien

"Zweierlei Maß" bei Berichten über Domspatzen?

Veröffentlicht am 22.07.2017 um 10:45 Uhr – Lesedauer: 
Missbrauch

Vatikanstadt ‐ 547 Opfer von Übergriffen zählt der Abschlussbericht des Sonderermittlers. Das seien "schändliche Taten", urteilt der L'Osservatore Romano - kritisiert aber auch die Medienberichte über den Missbrauch scharf.

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Bei der Berichterstattung über Gewalt bei den Regensburger Domspatzen wird nach Ansicht der Vatikanzeitung "L'Osservatore Romano" mit "zweierlei Maß" gemessen. Während ähnliche Vorfälle etwa beim italienischen Militär in der Öffentlichkeit mit Toleranz gesehen würden, gebe es "extreme Strenge gegenüber der Institution Kirche", heißt es in einem Leitartikel der Samstagsausgabe des Blattes.

Zeitung: Keine Empörung über sexuelle Gewalt in Kaserne

Der Beitrag verweist auf krude, mit sexueller Gewalt verbundene Aufnahmerituale in einer römischen Kaserne in den 1980er Jahren. Ein kürzlich publizierter Bericht darüber habe keinerlei öffentliche Empörung ausgelöst.

Ein Bischof liest den "Osservatore Romano".
Bild: ©dpa/Roberto Monaldo

Ein Bischof liest die Zeitung "L'Osservatore Romano".

Hinsichtlich der Übergriffe in Regensburg bezweifle niemand, dass es sich um "schändliche und beschämende Taten" handle, die bestraft und in Zukunft verhindert werden müssten; auffällig sei aber der "Grad medialer Manipulation", so die Autorin Lucetta Scaraffia, Historikerin und Mitglied des nationalen italienischen Bioethik-Komitees.

"Die Angewohnheit, die katholische Kirche als Quelle aller Übel zu bezeichnen, ist schon Teil der Alltagserfahrung und bereitet die öffentliche Meinung darauf vor, das für normal zu halten", schreibt Scaraffia.

Als Beispiel nennt sie einen Beitrag des öffentlich-rechtlichen Fernsehens in Italien über die Probleme eines lesbischen Paares, gemeinsam als Mütter von vier Kindern anerkannt zu werden. Die Schuld werde "dem Vatikan" gegeben - außer Acht lassend, dass die italienische Gesetzgebung dafür maßgeblich sei und auch viele Nichtkatholiken Einwände gegen Familien mit gleichgeschlechtlichen Eltern hätten.

Nicht allem der Kirche die Schuld geben

Es sei "der alte Schwindel, die Schuld an allem der Kirche zu geben". Zwar werde von der Kirche zu Recht besondere Vorbildlichkeit verlangt, "aber dieser beständige Rückgriff auf zweierlei Gewicht und zweierlei Maß bei der Beurteilung ihres Verhaltens und der Zuschreibung von Verantwortlichkeit dient niemandem", so Scaraffia in der Papstzeitung. (KNA)

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