Kirche in der Welt von heute
Dei Verbum
Die Konstitution "Dei Verbum" (DV, 1965) über die göttliche Offenbarung bahnt mit der Zulassung der historisch-kritischen Auslegung einem neuen wissenschaftlichen Umgang mit der Bibel den Weg. Diese soll jedoch nicht den alleinigen Zugang zur Schrift darstellen. Das Dokument versucht, ein ausgewogenes Verhältnis von Heiliger Schrift, kirchlicher Tradition und kirchlichem Lehramt zu schaffen. Offenbarung wird als Selbstmitteilung Gottes in Worten und Taten verstanden. Vollkommen und abschließend offenbart sich Gott nach der Konstitution in Jesus Christus, in ihm sagt Gott sich selbst aus. Dei verbum unterscheidet zwischen Gott als dem Urheber der Schrift und den Menschen als deren Verfassern. Demnach ist die Bibel irrtumslos, da sie von Gottes Heil für die Menschen spricht. Einzelne Sätze können jedoch aus dem Kontext genommen falsch sein. So sei das Alte Testament zwar "wahres Wort Gottes", doch finde sich dort "Unvollkommenes und Zeitbedingtes". Weiterhin hebt das Dokument die Evangelien im Neuen Testament hervor, die zuverlässig berichten, was Jesus, der Sohn Gottes, getan und gelehrt hat. Zudem fordert das Dokument die Anfertigung von Bibelübersetzungen aus den hebräischen und griechischen Urtexten. Anmerkungen und Kommentare sollen auch Nichtchristen das Lesen erleichtern.
Gaudium et spes
Die Konstitution "Gaudium et spes" (GS, 1965) versucht eine umfassende Positionsbestimmung der "Kirche in der Welt von heute". Es geht in dem Dokument um eine grundsätzliche Neubestimmung des Verhältnisses von Kirche und Welt. Zum ersten Mal wird hier in einem Konzilstext von einer – wenn auch durch Gott umfangenen - Autonomie der weltlichen Wirklichkeit gesprochen, die die Kirche zu respektieren hat. Wichtige Themen sind die Bekräftigung der katholischen Ehelehre, die Forderungen nach Gerechtigkeit und Frieden – und damit einhergehend dem Verhältnis von Rüstung, Angriffskrieg und Selbstverteidigung. Zudem verurteilt das Dokument den kommunistischen Atheismus und fordert die Verbindung von wissenschaftlichem und wirtschaftlichem Fortschritt mit gelebter Solidarität.
Dossier: II. Vaticanum: Macht die Fenster weit auf!
Vieles, was heute in der Kirche als selbstverständlich gilt, ist eine Folge der Beschlüsse des Zweiten Vatikanischen Konzils (1962-1965). Katholisch.de blickt auf die wegweisende Versammlung und ihre wichtigsten Beschlüsse zurück.Lumen gentium
Die Konstitution "Lumen gentium" (LG, 1964), nach ihren Anfangsworten "Christus ist das Licht der Völker" benannt, bezeugt das Selbstverständnis der römisch-katholischen Kirche. Hauptanliegen der Konstitution ist es, Christus als Mitte der Kirche wieder deutlicher hervortreten zu lassen. Denn in Christus ist die Kirche selbst Sakrament der Vereinigung mit Gott und damit der Menschen untereinander. Unter Rückgriff auf die Theologie der Kirchenväter betont die Konstitution den Charakter der katholischen Kirche als "mystischen Leib Christi" und "wanderndes Gottesvolk", das sich als Gemeinschaft der Gläubigen auf dem Weg durch die Zeit befindet. In der ständig zu reformierenden Kirche wird das "gemeinsame Priestertum" aller Gläubigen hervorgehoben, das bei Priestern und Laien in unterschiedlichen Formen verwirklicht wird. Das Bischofskollegium wird aufgewertet. Es leitet, wie eine ergänzende Erklärung von Papst Paul VI. feststellt, die Kirche "mit und unter Petrus".
Nostra aetate
Die Erklärung "Nostra aetate" (NA, 1965) legt das Verhältnis der römischen Kirche zu den nichtchristlichen Religionen dar. Ausgangspunkt ist die Pluralität der Religionen. Das Dokument betont das Verbindende mit den anderen Religionen, ohne den eigenen Wahrheitsanspruch zu schmälern. Die katholische Kirche, so heißt es, lehne nichts von dem ab, was in den Religionen "wahr und heilig" sei. Im Abschnitt über den Islam wird dessen Monotheismus gewürdigt. Der längste Absatz über das Judentum bildet das Herzstück der Erklärung. Der Text bekennt sich zu einem nie gekündigten Bund Gottes mit seinem Volk Israel. Mit einer klaren Absage an Antijudaismus beginnt eine Aussöhnung der Kirche mit dem Judentum. Christen, Juden und Muslime werden ermuntert, gegenseitig Missverständnisse im Dialog auszuräumen.
Sacrosanctum Concilium
"Sacrosanctum Concilium" (SC, 1963), die Konstitution über die heilige Liturgie, ist eines der Kerndokumente des Zweiten Vatikanischen Konzils und stellt die Grundlage für die Liturgiereform dar. Eine solche Reform ist möglich, weil es nach der Konstitution veränderliche und unveränderliche Teile der Liturgie gibt. Sacrosanctum Concilium gestattet mehr Einsatz der jeweiligen Landessprache im Gottesdienst. Die Gläubigen sollen als Gemeinde aktiv ins liturgische Geschehen einbezogen werden; die Zentrierung auf den Priester tritt zurück. Die Konzilsväter betonen den Wert der Bibelverkündigung und der Kirchenmusik im Gottesdienst. Das neue römische Messbuch von 1969 tritt neben die Tridentinische Messe, bei der die Priester das Messopfer mit dem Gesicht zum Hochaltar feiern. Zahlreiche Traditionen und Riten wie etwa die Kanzelpredigt oder die "Stillen Messen" verlieren mit der Konstitution an Bedeutung. (mit Material von KNA)