Uwe Bork über Irlands Votum für die Homo-Ehe

Der Geist in der Grauzone

Veröffentlicht am 26.05.2015 um 00:01 Uhr – Von Uwe Bork – Lesedauer: 
Standpunkt

Bonn ‐ Uwe Bork über Irlands Votum für die Homo-Ehe

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Der Ärger fing im vergangenen Juli an. Da weigerte sich in der nordirischen Grafschaft Antrim eine Bäckerei eine Torte zu backen, die zu einem Bild der Sesamstraßen-Freunde Ernie und Bert die Worte "Unterstützt die Schwulenehe!" tragen sollte. Den stadtbekannt frommen Bäckern stieß diese zuckersüße Aufforderung sauer auf und sie lehnten den Auftrag deshalb als nicht mit ihrer christlichen Überzeugung vereinbar ab.

Das erzürnte den potentiellen Kunden und er beschwerte sich über angebliche Diskriminierung bei der Gleichstellungskommission Nordirlands. Die Dinge eskalierten, bis sie schließlich als "Gay Cake"-Streit vor einem Belfaster Gericht landeten. Dort bekamen vor ein paar Tagen nun die Kläger Recht und die Bäckerei wurde wegen sexueller und politischer Diskriminierung zu einer Geldstrafe in Höhe von 500 Pfund verurteilt.

Ich fürchte, dass nicht nur in Irland viele Amtsträger der katholischen Kirche homosexuelle Verbindungen ähnlich sehen wie die irischen Kuchenbäcker. Dabei deutet vieles darauf hin, dass selbst in einst katholischen Kerngebieten den Hirten zumindest in Moralfragen die Herde wegläuft, wie sich erst am Freitag wieder zeigte. An diesem Tag stimmten nämlich fast Zweidrittel der über drei Millionen irischen Wahlberechtigten gegen die ausdrückliche Empfehlung ihrer Bischofskonferenz für die Zulassung der sogenannten "Homo-Ehe". Ein weiteres Stück der Deckungsgleichheit gesellschaftlicher und kirchlicher Positionen wurde von einer Säkularisierung abgelöst, die alle Zeichen einer sozialen Revolution in sich trägt.

Auch für die Spitzen des deutschen Klerus könnte angesichts des gegenwärtigen Disputs über die Segnung homosexueller Paare ein "Reality-Check" angeraten sein, wie ihn jetzt der Erzbischof von Dublin, Diarmuid Martin, anmahnt. Nach dem für das kirchliche Lager verheerenden Ausgang des Referendums fordert er ein Ende des kirchlichen "Schwarz-Weiss"-Denkens, das für eine Situation nicht mehr angebracht sei, in der die meisten Menschen in "Grauzonen" lebten und dächten.

"Aber das ist doch Kapitulation!" höre ich es augenblicklich aus Ecken rufen, in denen die Rechtgläubigkeit besonders zuhause zu sein glaubt. Diesen Stimmen möchte ich einmal mehr mit Papst Franziskus antworten, der in seiner Pfingstbotschaft zur Auseinandersetzung mit Andersdenkenden auffordert: "Niemandem schlägt die Mutter Kirche die Tür ins Gesicht, niemandem! Nicht einmal dem größten Sünder, niemandem! Und dies kraft und Gnade des Heiligen Geistes."

Vielleicht sollten wir diesem Geist mehr vertrauen und nicht nur in Fragen des Gebäcks weniger kleinmütig sein...

Der Autor

Uwe Bork ist Leiter der Fernsehredaktion "Religion, Kirche und Gesellschaft" des Südwestrundfunks (SWR).

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Von Uwe Bork