Gudrun Sailer über die neuen Maßnahmen des Vatikan gegen Missbrauch

Wegseher auch auf Bischofsstühlen

Veröffentlicht am 12.06.2015 um 00:01 Uhr – Von Gudrun Sailer – Lesedauer: 
Standpunkt

Bonn ‐ Gudrun Sailer über die neuen Maßnahmen des Vatikan gegen Missbrauch

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Kein Pardon mehr für Bischöfe, die Kindesmissbrauch vonseiten ihrer Priester durchgehen lassen: Papst Franziskus richtet im Vatikan eine neue Abteilung ein, die solche Vertuschungsfälle untersucht. 

Missbrauchsvorwürfe gegen Priester werden schon seit 2001 – ein Verdienst des damaligen Kardinals Joseph Ratzinger - direkt im Vatikan durchleuchtet, weil das in den meisten Ortskirchen nicht entschieden genug geschah. Neu ist, dass sich der Vatikan nun offensiv auch für das Versagen der Bischöfe in solchen Fällen interessiert.

Es ist ein Signal nach außen wie nach innen und auch ein Geständnis: Immer noch gibt es Wegseher, Zauderer und Schweiger auf Bischofsstühlen. Vor einem Jahr empfing Franziskus im Vatikan sechs Frauen und Männer, die als Minderjährige sexuellen Missbrauch durch Priester erfahren hatten. Seit er diesen Leuten drei Stunden lang zuhörte und mit ihnen weinte, will er im Umgang mit Missbrauch keine Halbheiten mehr dulden.

Seelischer Tod

Dass Priester wieder und wieder Kinder missbrauchten, ohne dass ihre Vorgesetzten, die Bischöfe, einschritten, muss als größter Skandal der katholischen Kirche in den letzten Jahrzehnten gelten. Denn hier geht es nicht um theologische Richtungsdebatten, gestohlene Dokumente, würdige Liturgie oder Luxusresidenzen. Hier geht es um seelisches Leben und seelischen Tod. Kinder in der Kirche zu schützen, ist Lebensschutz.

Franziskus hat manches in der Kirche in Bewegung gebracht und auf neue Horizonte hin geöffnet. Sein Umgang mit Missbrauchsfällen in der Kirche ist erfreulich anders. Er stellt das Leid der Opfer über das Ansehen der Täter, auch der Mittäter im Bischofsamt.

Die Autorin

Gudrun Sailer ist Journalistin in Rom und Redakteurin bei "Radio Vatikan".

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Von Gudrun Sailer