Vatikan beruft nach Missbrauchsvorwürfen Botschafter aus Dominikanischer Republik ab

"Ein ernstes Problem"

Veröffentlicht am 05.09.2013 um 00:00 Uhr – Lesedauer: 4 MINUTEN
Missbrauchsskandal

Vatikanstadt/Santo Domingo ‐ Der Vatikan hat nach Vorwürfen über sexuellen Missbrauch seinen Botschafter in der Dominikanischen Republik abberufen. Der polnische Erzbischof Jozef Wesolowski (65) sei am 21. August von seinem Amtspflichten entbunden und nach Rom beordert worden, bestätigte Vatikansprecher Federico Lombardi am Donnerstag vor Journalisten. Er sprach von einem schwerwiegenden Vorgang und einem "ernsten Problem".

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Der Vatikan werde den Vorgang gründlich untersuchen. Papst Franziskus hatte, wie bereits sein Vorgänger, bald nach Amtsbeginn ein hartes Vorgehen bei Missbrauchsfällen durch katholische Geistliche angekündigt.

Vorwurf: Sexueller Missbrauch von sieben Kindern

Unterdessen nahmen auch die Behörden der Dominikanischen Republik Ermittlungen auf, wie Generalstaatsanwalt Francisco Dominguez Brito Journalisten in Santo Domingo bestätigte.

Papst Franziskus im Vatikan.
Bild: ©picture alliance / dpa/Riccardo De Luca

Papst Franziskus im Vatikan.

Der Rektor der örtlichen Päpstlichen Universität, Agripino Nunez Collado, bestätigte der Zeitung, dass der Vatikan eine Untersuchung eingeleitet habe. Konkret werde abgelösten Nuntius vorgeworfen, sieben Kinder sexuell missbraucht zu haben. Dies sei in kirchlichen Einrichtungen geschehen. Seine Verfehlungen seien "unverzeihlich", so Nunez Collado. Kardinal Nicolas de Jesus Lopez Rodriguez von Santo Domingo sandte unterdessen einen Bericht an den Vatikan.

Weitere Geistliche unter Verdacht

Außer gegen Wesolowski gibt es weitere Anschuldigungen gegen katholische Geistliche. Ein Pfarrer soll 15 Frauen missbraucht haben; ein anderer Priester habe sich an Kindern vergangen. Bislang lägen allerdings noch keine Beweise, sondern lediglich Anschuldigungen und Medienberichte vor, betonte Staatsanwalt Dominguez Brito.

Ein Anwalt, der die Rechte der mutmaßlichen Opfer vertritt, will laut Medienberichten vom Donnerstag in drei Fällen Anzeige erstatten. Die Dominikanische Bischofskonferenz wollte noch am Donnerstag (Ortszeit) in einer Pressekonferenz Stellung zu den Anschuldigungen nehmen.

Erzbischof bittet um Entschuldigung

Der Erzbischof von Santiago de los Caballeros, Ramon Benito de la Rosa y Carpio, bat die mutmaßlichen Opfer des Missbrauchs bereits am Mittwoch (Ortszeit) öffentlich um Entschuldigung: "Wir bitten die betroffenen Menschen, ihre Familien, die Gesellschaft und das einfache Volk um Entschuldigung, die wir mit einem schlechten Beispiel beleidigt haben", heißt es in einem Schreiben des Hauptstadtbistums, aus dem die Tageszeitung "El Dia" zitiert.

Wo sich Wesolowski zurzeit aufhält, ist nicht bekannt. Vor etwa zwei Wochen hatte Papst Franziskus seinen Rücktritt angenommen, wie jetzt bekannt wurde. Damals waren in den Medien des Karibikstaates erste Spekulationen über die Hintergründe aufgetaucht.

Wesolowski war seit Anfang 2008 der ständige Vertreter der Heiligen Stuhls in Santo Domingo. Seine erste Stelle als Nuntius übernahm er 1999 in Bolivien; von 2002 bis 2008 war er als Papstbotschafter für Kasachstan, Tadschikistan, Kirgistan und Usbekistan tätig. (KNA)

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