Deutschland erfreut, Italien verunsichert
Der Osnabrücker Bischof Franz-Josef Bode, zugleich Vorsitzender der Pastoralkommission der Deutschen Bischofskonferenz (DBK), äußert sich gegenüber katholisch.de positiv zur Handreichung: "Alle intensiven Bemühungen um eine möglichst differenzierte Pastoral für und mit wiederverheiratet Geschiedenen sind zu begrüßen, so auch die im Erzbistum Freiburg." Die Arbeitsgruppe in der Bischofskonferenz werde sich eingehend damit befassen und sie in die weiteren Überlegungen einbeziehen.
"Auch in anderen Diözesen steht das Thema ja weit oben auf der Tagesordnung", so Bode. Als Bischof von Osnabrück hoffe er "auf konkrete Hilfen und zukunftsweisende Perspektiven aus den Bemühungen der letzten Monate, in denen manches auch von Papst Franziskus aus in Bewegung gekommen ist".
Auch der Münchner Kardinal Reinhard Marx sieht in den neuen Freiburger Seelsorge-Leitlinien einen "Beitrag zu einem nicht abgeschlossenen Diskussionsprozess" in der DBK. Das erklärte sein Sprecher Bernhard Kellner am Dienstag in München. Dem Kardinal sei es wichtig, dass die Bischofskonferenz in dieser Frage zusammenbleiben wolle. Es gehe Marx darum, für dieses "komplexe Problem" eine "Lösung im Einklang mit der Weltkirche" zu finden. Er dränge auf "weitere Schritte" und kämpfe dafür auch in Rom.
Lombardi: "Es ändert sich nichts"
Dort reagiert man verunsichert auf die Entwicklungen in Deutschland. Die italienische Tageszeitung "La Stampa" zitiert Vatikansprecher Federico Lombardi mit den Worten: "Es ändert sich nichts". Es handle sich um kein offizielles bischöfliches Dokument, sondern um ein Schreiben des Seelsorgeamtes, so Lombardi. Die Zeitung selbst spricht von einer "Bresche von Freiburg".
Kurienkardinal Velasio De Paolis äußerte sich - ebenfalls in "La Stampa" - befremdet über den Vorgang. Es sei "erstaunlich", dass eine Initiative dieser Art von einer großen und bedeutenden Diözese wie Freiburg ausgehe, die zudem vom DBK-Vorsitzenden geleitet werde. Und: Wiederverheiratete Geschiedene seien in einer Situation, die dem göttlichen Gesetz über die Ehe widersprächen. Daher sei es "evident", dass ein Priester ihnen die Kommunion verweigern müsse, so der Kirchenrechtler De Paolis.
Der Würzburger Kirchenrechtler Stefan Rambacher bewertet die neuen Empfehlungen des Freiburger Seelsorgeamts auch eher zurückhaltend. Die Handreichung "spricht nicht von einer allgemeinen oder unterschiedslosen Zulassung wiederverheirateter Geschiedener zu den Sakramenten", stellte er klar. Dass dies in Einzelfällen auf der Basis einer Gewissensentscheidung ermöglicht werden könne, sei ein Punkt, in dem die Handreichung "über die bisherige offizielle Lehre der Kirche" hinausgehe. Der oberste Kirchenrichter im Bistum Würzburg erklärte, es sei abzuwarten, wie sich die deutschen Bischöfe in ihrem derzeit laufenden Beratungsprozess dazu positionierten "und sich in ihrer pastoralen Orientierung mit Rom verständigen".
ZdK begrüßt Handreichung
Der Präsident des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK), Alois Glück, hat die neuen Seelsorge-Leitlinien dagegen klar begrüßt. Menschen, denen der Glaube wichtig sei, werde dadurch der Weg zur vollen Teilnahme am kirchlichen Leben geöffnet, sagte Glück am Dienstag dem Bayerischen Rundfunk. In dem Papier werde die Möglichkeit eines "fundierten Gesprächsprozesses" mit einem Pfarrer aufgezeigt, an dessen Ende eine "verantwortete Gewissensentscheidung" stehen könne, die zu respektieren sei.
Diese Regelung sieht Glück auch im Einklang mit Papst Franziskus. "Im Vordergrund steht nicht das Gesetz und das Gesetz wird damit nicht aufgehoben, aber im Vordergrund steht die Zuwendung zu den Menschen, die Vermittlung der Liebe Gottes zu den Menschen und das ist letztendlich wichtiger als eine Starrheit im Gesetz", so der ZdK-Präsident. Der nun proklamierte Weg hebe nicht den Grundsatz der Unauflöslichkeit der Ehe auf, betonte Glück.
Dirk Tänzler, der Vorsitzende des Bundes der Deutschen Katholischen Jugend (BDKJ), sieht die neuen Seelsorge-Leitlinien aus Freiburg ebenfalls positiv: Sie fassten theologisch fundiert zusammen, was schon in vielen Pfarreien gelebte Realität sei: "ein verantwortlicher Umgang mit Schuld und Scheitern, ein pastoral begleiteter Neuanfang und die Zusage der barmherzigen Nähe Gottes an Menschen, deren Biographie Brüche aufweist". Der BDKJ hoffe auf eine Signalwirkung an andere Bistümer, "damit auch dort die Kluft zwischen offiziellen Vorgaben und Praxis geschlossen wird".
Unterdessen teilte das Bistum Rottenburg-Stuttgart mit, auch dort würden wiederverheiratete Geschiedene in bestimmten Fällen zum Sakramentenempfang zugelassen. Das bestätigte Bistumssprecher Uwe Renz. Zwar gebe es dazu "keine zentrale Handreichung" wie im benachbarten Erzbistum Freiburg, erläuterte er. Was dort beschrieben werde, sei aber "bereits seelsorgliche Praxis in der Diözese Rottenburg-Stuttgart". Zum weiteren kirchlichen Umgang mit wiederverheiratet geschiedenen Katholiken "warten wir ab, was die dazu eingesetzte Arbeitsgruppe der Deutschen Bischofskonferenz ergibt", so der Sprecher.
Von Björn Odendahl (mit Material von KNA)