Der Vatikan war frühzeitig über Details des Limburger Bauprojekts informiert

Doch kein Alleingang?

Veröffentlicht am 16.10.2013 um 00:00 Uhr – Lesedauer: 
Bistum Limburg

Bonn ‐ Der Vatikan war über wesentliche Details des bischöflichen Bauprojekts auf dem Limburger Domberg offenbar schon früher im Bilde als bisher bekannt. Laut einem Sitzungsprotokoll, das der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA) vorliegt, wurde der Apostolische Nuntius in Deutschland schon vor Baubeginn im Jahr 2010 über die insgesamt zehn Einzelprojekte informiert. Und auch der Verwaltungsrat hat anscheinend mehr gewusst.

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Nuntius Erzbischof Jean-Claude Perisset habe dieser Aufteilung, die auch in der Sache begründet gewesen sei, ausdrücklich zugestimmt, heißt es in dem von Generalvikar Franz Kaspar unterzeichneten Protokoll über die Sitzung des Vermögensverwaltungsrates des Bischöflichen Stuhls vom 28. August 2013. Der Nuntius sei später selbst vor Ort gewesen und habe dieses Vorgehen nochmals bestätigt. Rechtsgeschäfte in der katholischen Kirche, die mehr als fünf Millionen Euro Kosten verursachen, müssen vom Papst genehmigt werden.

In mehreren Berichten war in den vergangenen Tagen gemutmaßt worden, der Limburger Bischof Franz-Peter Tebartz-van Elst habe diese Pflicht durch die Aufteilung des Bauvorhabens umgangen und damit den Vatikan getäuscht. Aus dem nun bekanntgewordenen Protokoll, das von den Mitgliedern des Verwaltungsrates nicht gegengezeichnet wurde, geht ferner hervor, dass das Gremium spätestens Ende August 2013 über die gestiegenen Baukosten informiert war und diese einstimmig genehmigte.

Wie einem weiteren, diesmal vom Vermögensverwaltungsrat gegengezeichneten Protokoll über eine Sitzung vom 1. Juli 2011 zu entnehmen ist, hat der Vermögensverwaltungsrat aber bereits vor zwei Jahren Gesamtinvestitionen in Höhe von 17 Millionen Euro für die Baumaßnahmen "festgestellt". Auch zu diesem Sachverhalt gab es zunächst keine Reaktionen aus dem Verwaltungsrat. Dessen Mitglieder hatten noch vor wenigen Tagen angegeben, sie seien vom Bischof "hinter das Licht geführt" worden.

Bischof Fürst sieht Kirche insgesamt in "Misskredit" gebracht

Der katholische Bischof von Rottenburg-Stuttgart, Gebhard Fürst, sieht durch die Affäre die Kirche insgesamt in "Misskredit" gebracht. Bemühungen um Transparenz und eine dienende, einladende, an den Sorgen der Menschen orientierte Kirche würden nun kaum mehr wahrgenommen, erklärte Fürst im "Deutschlandradio Kultur". Deswegen müsse der Fall Konsequenzen nach sich ziehen. Die Situation der großen Unsicherheit und des Ärgers müsse jetzt "einer Lösung zugeführt" werden.

Bundespräsident Joachim Gauck empfängt den Apostolischen Nuntius, Erzbischof Jean-Claude Perisset im Schloss Bellevue.
Bild: ©KNA

Bundespräsident Joachim Gauck empfängt den Apostolischen Nuntius, Erzbischof Jean-Claude Perisset im Schloss Bellevue.

Zugleich verteidigte Fürst Baumaßnahmen im eigenen Bistum. Die 39 Millionen Euro teure Sanierung und teilweise Neugestaltung der Verwaltungszentrale der Diözese sei "von Anfang an mit allen unseren öffentlichen, gewählten Gremien abgesprochen" gewesen und "mit größter Transparenz und dann auch mit großer Sorgfältigkeit durch einen Bauausschuss begleitet worden".

Der frühere Präsident des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK), Hans-Joachim Meyer, warf Tebartz-van Elst Fahrlässigkeit und Unredlichkeit im Umgang mit Kirchenfinanzen vor. "Er hat dort auch eine richtige Vernebelungsstrategie - ich sage das ganz zurückhaltend, man könnte das wahrscheinlich auch Lügenstrategie nennen - betrieben, und da hört der Spaß wirklich auf", sagte der frühere sächsische Wissenschaftssminister und CDU-Politiker am Dienstagabend im Nachrichtensender n-tv.

Meyer kritisierte auch den Präfekten der Römischen Glaubenskongregation, Erzbischof Gerhard Ludwig Müller, der den Limburger Bischof öffentlich unterstützt hatte. Müller habe ein Verständnis vom Amt des Bischofs, das mit den Aussagen des Zweiten Vatikanischen Konzils über das Bischofsamt "nicht zu vereinbaren" sei, sagte Meyer, der das ZdK von 1997 bis 2009 führte.

Journalistenverband weist Vorwurf der "Hetzjagd" zurück

Der Deutsche Journalisten-Verband (DJV) bezeichnete unterdessen die Berichterstattung vieler Medien über das Finanzgebaren des Bischofs als "notwendig und im Sinne des Informationsauftrags der Medien gerechtfertigt". Der DJV-Bundesvorsitzende Michael Konken wies den Vorwurf einer medialen Hetzjagd auf den Geistlichen zurück. "Ein Bischof der katholischen Kirche ist Repräsentant des gesellschaftlichen Lebens. Wenn die Baukosten der bischöflichen Residenz in Limburg aus dem Ruder laufen, sind Fragen nicht nur erlaubt, sondern Pflicht der Journalisten", sagte Konken.

Dem kann der Vorsitzende des Landeskomitees der Katholiken in Bayern, Albert Schmid, nicht vollends zustimmen. Er fordert einen weiterhin fairen Umgang mit dem Limburger Bischof. Natürlich müssten die Vorgänge, die den Bischof in die Kritik gebracht hätten, "sorgfältig geprüft" werden, sagte Schmid am Mittwoch in Regensburg. Dies habe jedoch "fair und objektiv" zu geschehen.

Schmid bedauerte den Stil der öffentlichen Debatte wie auch der innerkirchlichen Auseinandersetzung. Tebartz-van Elst als Lügner und Betrüger zu titulieren, sei unanständig. In einem Interview mit dem Bayerischen Rundfunk hatte Schmid auf die Frage, ob der Limburger Bischof noch tragbar sei, geantwortet: "Natürlich ist er noch tragbar." In Baufragen seien stets unterschiedliche Meinungen möglich. Es gehöre aber "schon eine Menge an Chuzpe dazu", daran moralische oder strafrechtliche Vorwürfe zu knüpfen. (bod/KNA)