Georgisch-orthodoxe Delegation bleibt Papstmesse fern

Ein Affront gegen den Papst

Veröffentlicht am 01.10.2016 um 11:20 Uhr – Lesedauer: 
Papstreise

Tiflis ‐ Am Freitag hatten Demonstranten den Papst während seines Georgienbesuchs als "Erzhäretiker" und "Antichristen" bezeichnet. Jetzt boykottieren auch offizielle Kirchenvertreter das Kirchenoberhaupt.

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Offizielle Vertreter der georgisch-orthodoxen Kirche sind der Papstmesse am Samstag in Tiflis ferngeblieben. Anders als vorgesehen wohnte keine Delegation des Patriarchats dem Gottesdienst mit Franziskus bei. Vatikansprecher Greg Burke erklärte dazu, das Kirchenrecht der georgisch-orthodoxen Kirche verbiete den Bischöfen die Teilnahme an einer katholischen Feier. "Wir akzeptieren diese Entscheidung", sagte der Sprecher. Franziskus hält sich von Freitag bis Sonntag zu einem Besuch im mehrheitlich orthodoxen Georgien auf.

Medienberichten zufolge hatte der georgische Patriarch Ilia II. kurz vor Beginn der Papstvisite seinen Gläubigen ausdrücklich von einer Teilnahme an Veranstaltungen mit Franziskus abgeraten. Auch er selbst war – anders als Staatspräsident Giorgi Margwelaschwili – nicht erschienen. Der Papst feierte seine Messe am Samstag in dem 27.000 Personen fassenden Micheil-Meschi-Stadion vor weithin leeren Rängen. Nach Schätzung von begleitenden Vatikan-Journalisten waren etwa 3.000 Menschen anwesend. Zudem demonstrierten erneut einige Dutzend orthodoxe Georgier gegen den Papstbesuch. Am Vortag hatte sie den Pontifex unter anderem als "Erzhäretiker" und "Antichristen" bezeichnet.

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Der Papst ließ sich von dem Boykott jedoch nicht beeindrucken. Er rief die katholische Minderheit des Landes dennoch zu Offenheit und Dialog auf. "Es tut nicht gut, sich an ein geschlossenes kirchliches Mikroklima zu gewöhnen", sagte er während des Gottesdienstes. Die Katholiken sollten den Mut aufbringen, "die Türen zu öffnen"; sie brauchten "weite und offene Horizonte", so der Papst in seiner Predigt.

Franziskus ermutigte die Katholiken, nicht in Erstarrung und Pessimismus zu verfallen. Die Kirche müsse ein "Haus des Trostes" sein. Christen seien daher aufgerufen, auch dort, wo sie auf Verschlossenheit stießen, "Hoffnung zuzusprechen, den Entmutigten aufzurichten, das Licht Jesu zu bringen, die Wärme seiner Gegenwart, die Stärkung seiner Vergebung", sagte der Papst. Weiter mahnte Franziskus die katholische Kirche des Landes, die "unverfälschte Einfachheit des Evangeliums" zu leben. Sie dürfe sich nicht auf "Funktionalismus und der Organisationseffizienz" verlassen. Die Kirche müsse zuhören und dienen.

Vor der Messe unternahm Franziskus im Stadion eine Rundfahrt in einem Elektromobil. Während des übrigen Besuchsprogramms verzichteten die Organisatoren wegen des geringen öffentlichen Interesses auf den Einsatz eines offenen Wagens für den Papst. In Georgien leben nach vatikanischen Angaben 112.000 Katholiken, die meisten Angehörige katholischer Ostkirchen. Die Bevölkerungsmehrheit gehört der georgisch-orthodoxen Kirche an. Die ökumenischen Beziehungen gelten als schwierig. (bod/KNA)