Unermüdlich für die Einheit der Orthodoxie
Beim orthodoxen Konzil auf Kreta im Juni stand er im Mittelpunkt - aber der Halbkreis um ihn war kleiner als erhofft. Vier der 14 selbstständigen Kirchen waren nicht auf die Mittelmeerinsel gekommen und zeigten damit dem Patriarchen von Konstantinopel und Ehrenoberhaupt der Weltorthodoxie, Bartholomaios I., die Grenzen seiner Möglichkeiten auf. Denn der Status des "Ersten" (Protos) unter Gleichen ist in der Orthodoxie umstritten - und dennoch ist er für ihren Zusammenhalt unentbehrlich.
Als Bartholomaios, mit bürgerlichem Namen Dimitrios Archondonis, vor 25 Jahren sein schwieriges Amt antrat, war die Sowjetunion gerade auseinandergebrochen, und die Türkei hatte eine Militärdiktatur hinter sich. In ihrem historischen Stammland war die griechische Orthodoxie seit vielen Jahrzehnten bedrängt. Nach dem laizistischen und generell religionsunfreundlichen Kemalismus gab es in den ersten Jahren unter Recep Tayyip Erdogan Verbesserungen auch für die christliche Minderheit, doch dem ist längst eine zunehmende Islamisierung des öffentlichen Lebens gefolgt. Nach wie vor werden die gesamtorthodoxen Aufgaben des 270. Nachfolgers des Apostels Andreas durch die Regierung nicht anerkannt.
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Katholische und orthodoxe Theologen haben zu einem ökumenischen Konsens über das Thema "Synodalität und Primat" gefunden - natürlich nicht ohne gewisse Einschränkungen.Zu seiner Jurisdiktion gehören aber nicht nur die wenigen tausend in der Türkei verbliebenen griechisch-orthodoxen Christen, sondern auch rund 3,5 Millionen Gläubige in Teilen Griechenlands und in der Diaspora in Nord- und Südamerika, Mittel- und Westeuropa sowie in Australien. Deshalb ist der mittlerweile 76-Jährige auch viel unterwegs, denn die persönliche Präsenz des Kirchenoberhaupts ist in Zeiten der Globalisierung vielleicht noch stärker gefragt als vorher.
Er spricht sieben Sprachen fließend
Eine wichtige Rolle nicht nur bei seinen Auslandsreisen spielt für Bartholomaios I. der Dialog mit anderen Kirchen. Der promovierte Kirchenrechtler, der sieben Sprachen fließend spricht, ist auch ein vertrauenswürdiger Gesprächspartner für Islam und Judentum. Mehrmals besuchte der Patriarch den Vatikan und empfing umgekehrt drei Päpste in seinem Amtssitz, dem Phanar. Besonders eng ist sein Verhältnis zu Papst Franziskus, den er zuletzt wieder beim Friedensgebet in Assisi im September traf. Für eine Festschrift zum Amtsjubiläum haben Benedikt XVI. und Franziskus Beiträge beigesteuert.
Auch politisch stehen Bartholomaios I. viele Türen offen, zumindest im Westen. Bei seinem Deutschlandbesuch vor zwei Jahren wurde er wie ein Staatsgast empfangen. Dabei konnte er auch offen über die schwierige Lage der Christen in seiner Heimat und in den angrenzenden Regionen sprechen. Bei öffentlichen Auftritten hält er sich zu diesem Thema zurück, um nicht Öl ins Feuer zu gießen. Lieber spricht er über sein weiteres großes Anliegen, die "Bewahrung der Schöpfung" - auch ein Thema mit politischer Dimension, aber weit unverfänglicher. Sein ökologisches Engagement brachte ihm den Ehrennamen "Grüner Patriarch" ein.
Geboren wurde Bartholomaios I. am 29. Februar 1940 auf der türkischen Insel Imbros. Er studierte an der später von den Behörden geschlossenen Hochschule von Chalki und erhielt bei seiner Diakonenweihe den Namen des Apostels Bartholomäus. Zur weiterführenden Ausbildung ging er nach Rom, nach Bossey in der Schweiz und nach München. Als Metropolit von Chalcedon wurde Bartholomaios I. 1990 ranghöchster Metropolit der Heiligen Synode und hatte den Vorsitz mehrerer Kommissionen, darunter die für Kirchenrecht und Ökumene. Am 22. Oktober 1991 wurde er zum Ökumenischen Patriarchen gewählt.
Unermüdlich hat er sich seither für die Einheit der Orthodoxie eingesetzt, zu der weltweit schätzungsweise zwischen 220 und 300 Millionen Gläubige gehören. Beharrlich hielt er am Ziel des orthodoxen Konzils fest, das dann unter seiner souveränen Leitung zwar endlich stattfand, aber doch nicht zu der erhofften Manifestation der Einigkeit wurde, sondern die Zerstrittenheit der Kirche sichtbar machte. Auch in anderer Hinsicht war das 25. Amtsjahr für Bartholomaios I. enttäuschend, musste er sich doch zuletzt den zwar absurden, aber nicht ungefährlichen Vorwurf anhören, dass er in einer Verbindung zum Putschversuch im Juli in der Türkei gestanden habe. Die Feiern zum Amtsjubiläum werden wohl eher verhalten ausfallen.