Bedford-Strohm: Auftritt in Talar ist Affront

Ex-Pfarrer predigt bei AfD-Kundgebung

Veröffentlicht am 23.12.2016 um 09:50 Uhr – Lesedauer: 
Politik

Berlin  ‐ Die AfD demonstriert nach dem Anschlag von Berlin gegen Angela Merkels Flüchtlingspolitik - und es tritt ein Ex-Pfarrer der evangelischen Kirche auf. Der EKD-Vorsitzende Heinrich Bedford-Strohm ist entsetzt.

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Der Auftritt eines früheren Pfarrers im Talar auf einer Kundgebung mit AfD-Mitgliedern vor dem Bundeskanzleramt ist beim Ratsvorsitzenden der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Heinrich Bedford-Strohm, auf scharfe Kritik gestoßen. "Der Missbrauch von Amtskleidung auf einer Rechtsaußen-Veranstaltung kurz nach der fürchterlichen Gewalttat von Berlin ist ein wirklicher Affront", schrieb Bedford-Strohm am späten Donnerstagabend auf Facebook. Zuvor hatte bereits Sachsens evangelische Landeskirche ihrem früheren Pfarrer auf Probe einen solchen Missbrauch vorgeworfen.

Im Talar vor dem Bundeskanzleramt

Sie kritisierte in einer Erklärung, dass der Ex-Pfarrer im Talar auf der Kundgebung am Mittwochabend vor dem Bundeskanzleramt aufgetreten sei. Damit habe er den Eindruck eines amtierenden evangelischen Pfarrers und Kirchenvertreters erweckt. Das Dienstverhältnis als Pfarrer auf Probe habe jedoch Ende August geendet. Er sei nicht mehr berechtigt, die kirchliche Amtskleidung eines Talars zu tragen.

Prominente AfD-Mitglieder hatten sich als Reaktion auf den Anschlag auf den Weihnachtsmarkt am Breitscheidplatz zu einer Mahnwache im Berliner Regierungsviertel versammelt. Mehrere Dutzend Menschen protestierten dabei nahe dem Kanzleramt gegen die Flüchtlingspolitik von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU). Der ehemalige Pfarrer hielt eine kurze Predigt, in der er zu Besonnenheit und Friedfertigkeit aufrief und auch den NS-Widerstandskämpfer Dietrich Bonhoeffer zitierte.

Bedford-Strohm: Affront gegen "echte Trauerarbeit"

Bedford-Strohm schrieb, dass der Affront des Ex-Pfarrers sich gerade gegen die rund 20.000 Pfarrer richte, die in zahlreichen Andachten und Gottesdiensten nach dem Anschlag in Berlin mit zwölf Toten "echte Trauerarbeit" leisteten. "Wir wollen bei den Trauernden sein und nicht bei denen, die Zwietracht säen. Das ist unsere Aufgabe." Es sei "entlarvend, zu welch schlimmen Mitteln extreme Kräfte greifen, nur um aus Not und Unglück anderer ihr Kapital zu schlagen", so der bayerische Landesbischof. (KNA)

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