Menschen in Europa solidarisieren sich mit verschiedenen Aktionen mit der Ukraine

Beten und arbeiten

Veröffentlicht am 21.02.2014 um 00:00 Uhr – Lesedauer: 
Ukraine

Bonn ‐ In Kiew sind seit Beginn der massiven Zusammenstöße am Dienstag mindestens 77 Menschen getötet worden. Das teilte das Gesundheitsministerium der Ex-Sowjetrepublik offiziell am Donnerstag mit. Mehr als 551 Menschen seien verletzt worden. Politik und Verbände in Deutschland zeigen sich besorgt über die Ausschreitungen und verlangen ein Ende der Unruhen. Die Katholiken in Polen wollen unterdessen für ihr Nachbarland beten.

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Bei den Ausschreitungen in Kiew wurde am Donnerstag neben anderen Demonstranten auch ein Dozent der Katholischen Ukrainischen Universität getötet. Das bestätigte ein Sprecher der Hochschule im westukrainischen Lviv (Lemberg) der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA). Laut Kiewer Medien wurde der 28 Jahre alte Historiker Bogdan Soltschanik auf dem Maidan von Scharfschützen erschossen. Der Sprecher der Universität konnte die Einzelheiten zunächst weder bestätigen noch andere Details zu den Todesumständen nennen.

Caritas und Samariterbund fordern Ende der Gewalt

Caritas international kündigte in Freiburg an, 50.000 Euro für Nothilfe zur Verfügung zu stellen. Damit solle die medizinische Versorgung für Opfer verbessert werden. In Kiew würden Verletzte in mobilen Lazaretten, Krankenstationen und Krankenhäusern versorgt.

"Alle Parteien müssen erneut Dialogbereitschaft zeigen, um diesen Konflikt friedlich zu lösen", forderte der Arbeiter-Samariter-Bund (ASB) in Köln. Wegen der prekären Sicherheitslage habe der Ukrainische Samariterbund (SSU) in Kiew seine Arbeit vorübergehend eingestellt. "Die Situation ist besorgniserregend, und keiner weiß, wie sie sich weiter entwickelt", sagte die SSU-Geschäftsführerin, Swetlana Lewkowska.

EU-Trio schlägt Fahrplan für Ukraine-Lösung vor

Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) reiste zusammen mit seinen Amtskollegen aus Frankreich und Polen in die ukrainische Hauptstadt, um zwischen den Konfliktparteien zu vermitteln. Wie die Nachrichtenagentur dpa unter Berufung auf "europäische Delegationskreise" berichtet, sollen im Laufe der nächsten Monate eine Übergangsregierung gebildet, eine Verfassungsreform begonnen und Parlaments- und Präsidentenwahlen abgehalten werden. Ziel sei, "im Laufe des Jahres Schritt für Schritt alle offenen Fragen" zu klären.

Am Freitag meldete die Nachrichtenagentur, die Vermittler aus EU und Russland hätten nach Angaben des Präsidialamtes in Kiew eine Einigung erzielt. Präsident Viktor Janukowitsch kündigte eine vorgezogene Präsidentschaftswahl an. Die ukrainische Opposition und radikale Regierungsgegner hätten einer Einigung mit der Regierung über eine Lösung der Krise im Land zugestimmt.

Demonstranten in Kiew
Bild: ©dpa/Sergey Dolzhenko

Demonstranten in Kiew.

Die Proteste von Regierungsgegnern gegen die Politik von Staatspräsident Viktor Janukowitsch laufen bereits seit Ende November. Die Grünen-Politikerin Marieluise Beck warnte bei einem Besuch in Kiew vor einer weiteren Eskalation. "Die Entschlossenheit der Menschen hier ist furchterregend", teilte die Politikerin über den Kurznachrichtendienst Twitter mit. Sie wisse nicht, wie viele Tote es noch geben werde. "Nur ein entschiedener Schritt von Janukowitsch auf die Opposition zu, kann weiteres Blutvergießen verhindern", so Beck.

Berliner demonstrieren, Tschechen sammeln, Polen beten

In Berlin versammelten sich am Donnerstag mehr als hundert Menschen spontan zu einer Demonstration vor der ukrainischen Botschaft. Mit gelben und blauen Kleidungsstücken sowie ukrainischen Flaggen demonstrierten sie für einen "Stopp der staatlichen Willkür", wie es auf einem der Transparente stand. Organisiert hatte die Demonstration eine Gruppe um die Aktivistinnen Oleksandra Bienert und Nataliya Schapeler. Mehr als 123.000 Ukrainer lebten nach Angaben des Statistischen Bundesamtes Ende 2012 in Deutschland mehr als 8.000 davon in Berlin.

Solidarität zeigen auch andere EU-Länder mit ihrem Nachbarstaat: In Tschechien sammeln Ukrainer Hilfsgüter für die Opfer der Gewalt in ihrem Heimatland. Dringend gebraucht würden Medikamente, Druckverbände und Mittel gegen Verbrennungen, sagte Mitorganisatorin Galina Andrejceva in Prag. Derzeit gehe täglich eine Hilfslieferung raus, ihre Vereinigung von Exil-Ukrainern helfe aber bereits seit Dezember. Auch professionelle Hilfsorganisationen riefen zu Spenden auf. Ukrainer sind in Tschechien die größte ausländische Minderheit.

Unterdessen hat Polens katholische Kirche für den 28. Februar zu einem landesweiten "Tag des Gebets und Fastens für die Ukraine" aufgerufen. Dies solle ein Zeichen der Solidarität und der Hilfe für die Menschen angesichts der "besonders schwierigen Zeit" setzen, teilte die Polnische Bischofskonferenz mit. Zugleich bat sie um Spenden für Medikamente und Lebensmittel für Bedürftige in der Ukraine. (luk/dpa/KNA)

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