Wer hilft?
Die Alten und Kinder trifft es besonders hart, sagt Wolfgang Fritz. Der Caritas international-Länderreferent ist gerade von einer Reise nach Äthiopien zurückgekehrt, im Februar war er für zwei Wochen in Kenia. Dort besuchte er akut unterernährte Menschen, sah hunderte tote Ziegen, Schafe und Rinder — eigentlich die Lebensgrundlage der Bevölkerung. Um an Wasser zu kommen, seien die Menschen oft bis zu sechs oder sieben Stunden unterwegs, berichtet er: "Die Lage ist verheerend". Wenn nun auch die zum Monatswechsel und im April erwarteten Regenfälle ausblieben, dann seien die Folgen "unabsehbar".
Kürzere Abstände zwischen Dürren
Was Fritz für Kenia und Äthiopien berichtet, gilt in ähnlicher Weise für eine ganze Reihe von Ländern am Horn von Afrika, die von einer andauernden Dürre betroffen sind. Deswegen haben zu Beginn der Woche Kardinal Reinhard Marx und Landesbischof Heinrich Bedford-Strohm zum Gebet und zu konkreter Hilfe für Staaten wie den Südsudan, Uganda, Somalia und Ägypten aufgerufen. Laut Dorothee Klüppel, Abteilungsleiterin für Afrika und den Nahen Osten beim Hilfswerk Misereor, erleben die Menschen nach 2011 und 2014 innerhalb von kürzester Zeit nun schon die dritte schwere Dürre: "Die Abstände zwischen den Dürren werden kürzer, die Regenzeiten unzuverlässiger. Landwirte und Nomaden haben zwischen den Trockenzeiten nicht mehr genügend Zeit, ihre Herden wieder aufzustocken", erklärt sie. Wären Äthiopier, Kenianer und Südsudanesen in der physischen Verfassung der wohlernährten Europäer, hätten sie noch eine bessere Chance zu überleben, ist Klüppel überzeugt. Doch viele Menschen in Afrika seien schon von vornherein geschwächt.
Besonders im Südsudan verschärfen politische Probleme die klimatische Katastrophe noch. In dem Staat, der erst 2011 gegründet wurde, herrscht Bürgerkrieg. Unruhig und angespannt ist die Lage aber schon viel länger. "Viele Menschen müssen vor dem Krieg fliehen und können ihre Felder nicht mehr bestellen", erklärt Klüppel. Wolfgang Fritz vergleicht die Situation mit der Wahl zwischen Pest und Cholera: "Entweder die Landwirte bleiben in den umkämpften Gebieten, bestellen ihre Felder und riskieren, angegriffen zu werden und dabei zu sterben. Oder sie fliehen – dann aber verlassen sie die Felder, die ihre Lebensgrundlage sind". Allein durch den Krieg werde viel weniger produziert – kommt dann noch eine Dürre hinzu, ist die Katastrophe programmiert. "Die Menschen haben das Saatgut aufgegessen, das sie eigentlich zum Bestellen der Felder bräuchten, und haben keine Ackergeräte mehr, weil sie auch einfachste Werkzeuge zu Geld gemacht haben, in der Hoffnung, dafür etwas zu Essen zu bekommen", erklärt Fritz.
Rund 20 Millionen Menschen sind in Ostafrika gefährdet, schätzen die Vereinten Nationen. In dieser Situation versuchen die kirchlichen Hilfswerke akute Katastrophenhilfe zu leisten. Sie versorgen Menschen mit Wasser und Lebensmitteln und Medikamenten. "Die Menschen brauchen jetzt schnelle Hilfe", sagt Fritz.
Noch viel bedeutender ist aus Sicht von Caritas international und Misereor aber die langfristige Perspektive: "Wir können zwar nicht das Auftreten der Dürre verhindern, aber im Ideal können wir den Menschen künftig den Umgang damit erleichtern", sagt Fritz. Die Hilfswerke bauen Wasserrückhaltebecken, in denen vor der Trockenheit das wertvolle Nass angesammelt werden kann. Auch das Verteilen von Saatgut und das Aufstocken der Herden von Landwirten und Nomaden gehört zum Programm, damit diese wieder von ihrer eigenen Arbeit leben können. Dorothee Klüppel betont zudem, wie wichtig es ist, die Bevölkerung vor Ort bei den Hilfsmaßnahmen mit einzubinden. "Es kam schon vor, dass Hilfsorganisationen Brunnen gebaut und sich dann gewundert haben, dass diese nach einiger Zeit nicht mehr genutzt wurden", erklärt sie. "Die Einheimischen müssen mit an Bord sein, das Projekt als ihres ansehen, vielleicht auch ihren eigenen finanziellen Beitrag geleistet haben, sonst werden sie sich damit nicht identifizieren", erläutert sie.
Verantwortungslose Weltgemeinschaft
Zwar erleben Misereor und Caritas international für ihre eigene Arbeit eine große Spendenbereitschaft in der Zivilgesellschaft. Verantwortungslos findet Afrikaexpertin Klüppel es allerdings, dass sich die internationale Politik aber nicht zu einem entschlosseneren Vorgehen aufraffen kann. "Dass es im UN-Sicherheitsrat nicht zu einem Waffenembargo gegen den Südsudan reicht, ist vollkommen unverständlich", schimpft sie. Besonders die Industrieländer seien eigentlich in der Pflicht. "Der hausgemachte Klimawandel hat schlimme Auswirkungen auf Regionen, die gar nichts dazu beigetragen haben", sagt Klüppel. "Die Weltgemeinschaft muss helfen und zwar nicht im Sinn eines Wohltäters, sondern im Bewusstsein: 'Wir haben den Klimawandel verursacht und wir tragen dafür jetzt die Verantwortung'“.