Caritas-Präsident über seine Reise nach Nordkorea

Neher: Wir konnten kein Kreuz tragen

Veröffentlicht am 17.05.2017 um 13:30 Uhr – Lesedauer: 
Weltkirche

Bonn ‐ Keine Bibel, kein Stundenbuch, kein Kreuz: Bei seinem Besuch in Nordkorea verzichtete Caritas-Präsident Neher auf allen christlichen Symbole - und das nicht nur zur eigenen Sicherheit.

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Die Caritas will ihr Engagement in Nordkorea auch in Zukunft fortsetzen. Das sagte Präsident Peter Neher am Mittwoch in einem Interview mit der Katholischen Nachrichten-Agentur. "Es gibt ganz wenige Kanäle für das Engagement ausländischer Hilfsorganisationen in Nordkorea. Und solange wir auf einem dieser Kanäle arbeiten können, tun wir dies", so Neher wörtlich. Der Caritaspräsident konnte vor wenigen Tagen erstmals Caritasprojekte in Nordkorea besuchen.

Impfprogramm und Gemüse-Gewächshäuser

Aus einem UN-Nothilfeprogramm in den 1990er Jahren entstand beispielsweise ein Impfprogramm, bei dem inzwischen mehrere Millionen Kinder gegen Masern, Hepatitis und Enzephalitis immunisiert wurden. Zur Versorgung von Krankenhäusern hat die Caritas den Bau von rund 80 Gemüse-Gewächshäusern gefördert. In der Hauptstadt Pjöngjang öffnete ein Altenhilfezentrum, das Familien bei der Altenpflege entlasten soll.

Sich frei zu bewegen, war den christlichen Besuchern allerdings nicht möglich. Nordkorea steht in den traurigen Ranglisten der Länder mit der stärksten Christenverfolgung regelmäßig an erster Stelle. Gegenüber domradio.de sagte Neher, die offiziellen Gastgeber seien nicht von der Seite der Besucher gewichen. Außerdem sei immer genau geklärt, gewesen, "wo man hin kann", so Neher.

Nordkoreas Diktator Kim Jong Un.
Bild: ©picture alliance / dpa

Nordkoreas Diktator Kim Jong Un führt in seinem Land ein Unrechtsregime. Christen werden strikt verfolgt und unterdrückt.

Christliche Symbole zu zeigen, sei nicht möglich gewesen. "Mir wurde bedeutet keine Bibel, kein Stundenbuch mitzunehmen und auch kein Kreuz am Revers zu tragen. Das alles könnte dazu benutzt werden, um uns missionarische Aktivitäten vorzuwerfen", erklärte Neher. Er fügte hinzu, das sei eine neue Erfahrung gewesen, die ihn bewegt habe: "Ich bin weltweit viel unterwegs, aber dieses Zeichen oder mein Selbstverständnis im Interesse der konkreten humanitären Hilfe so im Hintergrund halten zu müssen, war mir neu. Das geht schon nicht ganz spurlos an einem vorbei." Er habe während seines Besuches ein "gewisses Unwohlsein gefühlt". Andererseits habe es auch gegolten, Rücksicht auf die Partner vor Ort zu nehmen. Diese ständen in auch ihrerseits "unter Druck, warum sie denn mit jemandem zusammenarbeiten wie uns".

Eine Gefahr, durch die Projekte indirekt das Regime zu stabilisieren, sieht Neher nicht. Es gehe nicht um eine Kooperation mit dem Staat, sondern um die konkreten Notlagen von Menschen am Rande. "Wenn wir einen Beitrag leisten, das Leben einzelner zu verbessern, dann rechtfertigt das auch die Zusammenarbeit. Umgedreht formuliert: Das Regime ändert sich auch nicht, wenn wir nicht helfen." Ob Projekte wie die der Caritas langfristig zu einer Öffnung des Landes beitragen könnten, sei nicht absehbar, sagte Neher. "Unsere Projekte sind schon etwas einzigartiges, aber die Hoffnung stirbt zuletzt."

Abgeschnitten von der Außenwelt

Während des fünftägigen Besuchs auf Einladung des nordkoreanischen Gesundheitsministeriums war die Caritasdelegation von der Außenwelt abgeschnitten. Auslandskontakte über Internet und Telefon sind grundsätzlich blockiert. Pjöngjang mache vielerorts den Eindruck einer prosperierenden Großstadt, so Neher. Auf dem Land arbeiteten Bauern aber mit einfachsten Techniken. Bei Gesprächen sei deutlich geworden, dass die Nordkoreaner auf eine Wiedervereinigung mit dem Süden hofften. (gho/KNA)

Linktipp: Wo Christen Staatsfeinde sind

Nirgends ist die Situation für Christen so schlimm wie in Nordkorea. Der Bundestagsabgeordnete Hartmut Koschyk war bereits mehrfach dort. Im Interview berichtet er von Messen in Pjöngjang, dem Führerkult um Kim Jong-un und der Hoffnung auf Veränderung.