Deutschland ist ein führendes Land beim Alkoholkonsum

Todesursache Alkohol

Veröffentlicht am 26.06.2014 um 00:00 Uhr – Lesedauer: 
Weltdrogentag

Bonn ‐ Heute ist der Internationale Tag gegen Drogenmissbrauch. Das Wort "Droge" lässt zuerst an verbotene Substanzen wie Kokain oder Marihuana denken. Doch surft man auf der Internetseite des Statistischen Bundesamtes, wird man in der Rubrik "Zahl der Woche" mit einer ganz anderen Droge konfrontiert. Die Zahl lautet 14.551. Sie beziffert die Menschen in Deutschland, die 2012 an übermäßigem Alkoholkonsum gestorben sind.

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Die Gründe für eine Alkoholabhängigkeit sind vielfältig, weiß Stefan Bürkle, Geschäftsführer der Caritas-Suchthilfe in Freiburg. "Es gibt oft nicht nur einen Grund, warum Menschen in eine Sucht abgleiten", erklärt er. Traumatische Erfahrungen wie Todesfälle oder gescheiterte Beziehungen gehörten häufig zu den Auslösern. Grundsätzlich seien beziehungs- und bindungsfähige Menschen allerdings weniger gefährdet, erläutert Bürkle. Doch pauschal gelte diese Regel trotzdem nicht: "Eine Sucht kann jeden treffen."

Haupttodesursache der Alkoholtoten waren laut statistischem Bundesamt alkoholische Leberkrankheiten wie eine Leberzirrhose (8.319 Fälle). Die Leberzirrhose ist das Endstadium chronischer Leberkrankheiten, die sich oft über mehrere Jahre entwickelt – und gilt als nicht heilbar. Bei fast 5.000 Toten waren psychische Folgeerkrankungen wie ein Abhängigkeitssyndrom als Todesursache angeführt: Dies können mehrere Alkoholfolgeschäden sein – dazu gehören auch Suizide.

Alkohol und Tabak seien Spitzenreiter beim Drogenkonsum

Gesundheitsrisiken durch Alkohol und Tabak würden seit Jahrzenten zu wenig wahrgenommen, gab die Deutsche Hauptstelle für Suchtfragen (DHS) in einer Pressemitteilung bekannt. Dabei seien sie Spitzenreiter, was den Drogenkonsum angehe. Prävention und Jugendschutz blieben "halbherzige Feigenblätter". Auch Stefan Bürkle sieht die Politik in der Pflicht: "Die Zugriffsmöglichkeiten auf Alkohol müssten verringert werden", fordert er. So sei es fraglich, ob überall rund um die Uhr Alkohol verfügbar sein müsste oder ob nicht spezielle Fachgeschäfte sinnvoller seien. Zudem sei der Preis oft zu niedrig angesetzt. "Alkohol sollte kein billiges Lebensmittel sein", sagt Bürkle, "sondern Luxus." Als Beispiel nennt er die sogenannten Alcopops, die besonders bei Jugendlichen sehr beliebt seien. Seit sie mit einer Alkoholsteuer belegt wurden, sei der Konsum gesunken, so Bürkle.

Mit dem bestehenden Jugendschutz ist die Caritas Suchtberatung generell zufrieden. "Aber er muss auch eingehalten werden", meint Bürkle. So müsse sichergestellt werden, dass Jugendliche nicht über ältere Freunde an Alkohol gelangen. Außerdem müsse die Werbung – wie schon vor einiger Zeit für Zigaretten – zurückgefahren werden.

"Das Beratungsangebot der Caritassuchtberatung ist niederschwellig ausgerichtet", erklärt er. So gebe es beispielsweise offene Sprechstunden in der Suchtberatung selbst als auch spezielle Angebote wie eine Einrichtung für Wohnungslose, in denen Betroffene Hilfe bekämen. Ziel aller Angebote sei die Motivation zu weiteren Behandlungsmaßnahmen wie einer Therapie oder regelmäßige Treffen, sagt Bürkle.

Beratungsstellen sind überlastet

Insgesamt erreichten alle bundesweiten Beratungsprogramme jährlich rund 500.000 Menschen, berichtet er. Dies sei einerseits eine beachtliche Zahl, andererseits aber nur ein Teil der Betroffenen. Viele würden sich ihre Sucht nicht eingestehen oder hätten Hemmungen, eine Beratung in Anspruch zu nehmen. Probleme sieht er auch bei Menschen mit Migrationshintergrund: Sie seien aufgrund ihres kulturellen Hintergrunds oft schwieriger zu erreichen. Letztlich sei das Beratungsangebot oft auch durch mangelnde Ressourcen eingeschränkt. "Die Beratungsstellen sind überlastet", erzählt Bürkle. "Wir brauchen mehr Personal." Derzeit gebe es in viele Stellen Wartelisten für Ratsuchende.

Grund zur Hoffnung gibt es dennoch: Laut einer Statistik der Deutschen Hauptstelle für Suchtfragen ist der Pro-Kopf-Verbrauch von Alkohol in Deutschland in den vergangenen zehn Jahren um einen Liter gesunken. Und auch die Zeitreihe beim Statistischen Bundesamt zeigt, dass heute weniger Menschen an alkoholbedingen Krankheiten sterben als noch vor zehn Jahren. Da waren es zwischen 16.000 und 17.000 Menschen. Die Weltgesundheitsorganisation geht zudem davon aus, dass der Pro-Kopf-Konsum in Deutschland zukünftig weiter sinken wird. (som)

Wo bekomme ich Hilfe?

Der Deutsche Caritasverband und die Caritas Suchthilfe bieten ein vielfältiges Angebot für Betroffene. Neben Beratungsstellen sind oft auch Online-Beratungen in einem ersten Schritt möglich. Zur Homepage des Deutschen Caritasverbandes Zur Homepage der Caritas Suchthilfe