Kürzere Predigt, vollere Kirche?
Paddy O'Kane, Gemeindepfarrer aus der nordirischen Grafschaft Londonderry, will seine Predigten künftig auf eine Länge von etwa fünf Minuten beschränken. Dadurch sollen mehr Familien mit Kindern die Sonntagsmesse besuchen und weniger Menschen "in den Kirchenbänken einnicken", wie die Zeitung "Belfast Telegraph" am Dienstag berichtete. Bei einem Sabbatjahr in Texas habe er häufig die Rolle des Zuhörers eingenommen, sagte O'Kane. "Ich fand, dass die Predigten ziemlich lange gingen, und ich merkte, dass meine Aufmerksamkeit nach ungefähr fünf Minuten nachließ – egal, wie interessant die Person war." Andererseits habe er auch Predigten gehört, die "kurz, schlau und pointiert" waren und die er dennoch als "sehr erbaulich" empfand, so O'Kane.
Zu seiner Entscheidung hat laut dem Pfarrer letztlich ein Gespräch geführt: Ein Vater habe ihn gefragt, warum er seine Tochter überhaupt zur Messe mitnehmen solle. Sie würde bei der Predigt nichts tun "außer vor Langeweile zu gähnen, während der Priester eine Viertelstunde über Dinge spricht, die man nicht versteht". Das hat "einen Nerv bei mir getroffen", sagte O'Kane. Predigten müssten auch kinderfreundlich sein, um mehr Familien zurück in die Kirche zu bringen. Allerdings wehrt er sich gegen Missverständnisse: "Es ist einfacher, lange Predigten zu schreiben", so O'Kane. Mit seinem Entschluss zu kürzeren Ansprachen würde er es sich also "keineswegs leichter machen". Seine Gemeinde sei mit diesem Schritt zudem einverstanden.
Gutes Zeug, schlechtes Zeug
Nicht jeder teilt O'Kanes Ansichten. Reverend Steve Stockman von der "Fitzroy Presbyterian Church" in Belfast sagte: Für Katholiken sei die Eucharistie das Zentrum der Messe, "aber für Presbyterianer ist die Lehre des Wortes Gottes die zentrale Sache". "Meine Predigt geht 25 Minuten und wenn ich sie auf fünf Minuten kürzen würde, würde ich meine Gemeinde verlieren", so Stockman. Fakt sei, dass, wenn man interessant predige, "die Menschen dir eine Stunde lang zuhören".
Reverend Adrian Dorrian von der "Church of Ireland" sagte, man müsse die Predigtlänge vom Kontext abhängig machen. Er predige normalerweise zwischen zehn und 15 Minuten. Bei Gottesdiensten für Kinder und junge Menschen etwa sollte man seine Ansprachen jedoch "trimmen", so Dorrian. Außerdem sei die Qualität immer wichtiger als die Quantität: Zwar könne man in fünf Minuten nur schwer in die Tiefe gehen. "Aber wenn es fünf Minuten gutes Zeug ist, dann ist das besser als eine Viertelstunde schlechtes Zeug." (tmg)