Heimweg versperrt

Veröffentlicht am 01.08.2014 um 00:00 Uhr – Von Michael Richmann – Lesedauer: 
Heimweg versperrt
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Gaza-Konflikt

Swisttal ‐ Eigentlich wollten die 30 Kinder aus Israel nur ein paar schöne Tage in der Eifel verbringen und den Konflikt in der Heimtat vergessen. Doch dann platzte der Gaza-Krieg mitten in ihre kleine Welt: Der Flieger, der die Kinder in ihre Heimat bringen sollte, wurde kurzerhand gestrichen. Grund dafür waren die Raketen, die seit einigen Tagen auch auf den Flughafen in Tel Aviv geschossen werden.

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Als die Kinder anreisten, wusste noch niemand, dass dieses Zeltlager wohl allen noch Jahre in Erinnerung bleiben dürfte. Es war das dritte Mal, dass das christliche Hilfswerk "Tabea" Kinder aus Israel in die Eifel einlud. Allerdings das erste Mal, dass gezielt Kinder aus Krisengebieten ausgewählt wurden. "Unser Ziel war es, dass sie für ein paar Tage den Krieg zu Hause vergessen", sagt Jakob Dück, Team-Leiter von Tabea. Das sei in der ersten Woche auch sehr gut gelungen. "Ein paar Mal haben sich die Kinder geduckt, wenn einer der Düsenjäger im Tiefflug über das Gelände zischte", so Dück. Der 13-jährige Vitali bestätigt: "Das ist komisch, so niedrig fliegen die bei uns normalerweise nicht."

Kinder mit starken Nerven

Die Extrawoche habe den Kinder überhaupt nichts ausgemacht. Obwohl die Situation zu Beginn sehr angespannt war: "Die Taschen waren alle schon gepackt, die Kinder saßen schon im Auto - alles war abreisebereit. Da kam das Signal von der israelischen Botschaft: Alles wieder zurück, der Flughafen in Istanbul reagiert nicht." Istanbul war die erste Etappe auf dem Weg nach Hause. Und da war es allen Beteiligten lieber, die Kinder bleiben noch ein paar Tage in Deutschland und in der Obhut von Tabea, als dass sie für unbestimmte Zeit auf dem Flughafen in Istanbul festsitzen.

"Uns war wichtig, dass die Eltern einverstanden waren. Aber das war kein Problem. Es gab auch ein paar Tränen, aber das ist, denke ich, normal", so Dück. Er bewundere, dass die meisten Kinder recht locker mit der Situation umgegangen seien. "Anscheinend sind sie gewohnt, dass sich die Lage von einer Minute auf die andere schlagartig ändern kann."

Gelebte Nächstenliebe

So blieben die Kinder. Für wie lange? Das wusste zunächst keiner so genau. "Wir haben erstmal eine Weile gesucht, bis wir einen Flug gefunden haben, der so viele Personen auf einmal mitnehmen kann", erinnert sich Dück. Dann das Ergebnis: In sieben Tagen startet ein Flugzeug mit genügend Platz. Bis dahin müssen die 30 Kinder ernährt werden. Und da die Fluggesellschaft sich weigerte, neue Tickets zu bezahlen, musste Tabea auch noch für die Reise aufkommen - alles zusammen etwa 15.000 Euro. Für Jakob Dück jedoch kein Grund zu verzweifeln: Gott habe ihn noch nie im Stich gelassen, sagt er.

Tatsächlich trudelten irgendwann die ersten Spenden ein. Leute aus der Gemeinde gaben mal 50, mal 100 Euro. Eine Gemeinde aus Israel und eine weitere aus Berlin spendeten größere Beträge. "Und eines Tages schauten wir auf unser Konto, und Tataaaaa! das Geld war plötzlich da." Das Hilfswerk sei gut vernetzt, und auf gute Freunde sei halt Verlass, freut sich Dück. Schnell waren die Tickets gekauft, die Fluggesellschaft hatte sie kurz zuvor von ursprünglich von etwa über 500 Euro auf knapp 380 Euro reduziert. Dück lächelt über das ganze Gesicht: "Auf diese Weise konnten wir sogar noch einen Ausflug machen."

Von Michael Richmann