Zwei Feiertage für alle
Die Kirche verehrt etwa 7.000 offiziell verzeichnete Heilige und Selige. Hinzu kommen noch mindestens ebenso viele vergessene, namentlich nicht mehr bekannte Heilige. Das Kalenderjahr hat aber nur 365 Gedenktage. Daher ist im Lauf der Jahrhunderte ein Sammeltermin für alle weniger oder nicht mehr bekannten Heiligen entstanden: das Fest Allerheiligen, das Katholiken am 1. November begehen. Heilige werden als Vorbilder für eine christliche Lebensweise verehrt. Außerdem sind sie nach katholischer Überzeugung Fürsprecher der Lebenden bei Gott.
Vom Tempel für alle Götter zur Kirche aller Märtyrer
Der Ursprung von Allerheiligen ist untrennbar mit einem der berühmtesten noch erhaltenen antiken Bauwerke verbunden: dem Pantheon in Rom. Am 13. Mai des Jahres 609 oder 610 weihte Papst Bonifatius IV. den ursprünglich als Göttertempel errichteten Kuppelbau zur Kirche um. Sie wurde Maria und allen Märtyrern gewidmet. Der Kirchweihtag bildete den Ausgangspunkt für das heutige Fest Allerheiligen.
Der Weihe zur Kirche für alle Märtyrer ist es vor allem zu verdanken, dass das Pantheon nicht zum Steinbruch für Neubauten wurde, wie zahlreiche andere antike Bauten im mittelalterlichen Rom. Das Pantheon bot sich für das Gedenken an alle Heiligen besonders an: Denn es war keiner bestimmten römischen Gottheit gewidmet, sondern allen Göttern. Das altgriechische Wort "Pantheon" bezeichnet ein allen Göttern gewidmetes Heiligtum.
Papst Gregor III. (731-741) erweiterte das Fest in der ersten Hälfte des 8. Jahrhunderts von einem Fest aller Märtyrer zu einem Fest aller Heiligen. Seinen heutigen Termin am 1. November verdankt es wohl den Iren, denn in Irland verlegte man Allerheiligen um die Wende vom 8. zum 9. Jahrhundert vom Mai in den November. Ein Grund dafür war offenbar, dass das keltische Jahr am 1. November beginnt. Von Irland breitete sich das neue Datum zunächst nach England aus, bis es von den Päpsten und Fürsten zum alleinigen Datum in der westlichen Christenheit gemacht wurde.
Der ursprüngliche Tag von Allerheiligen, der 13. Mai, geht auf ein Fest für alle Märtyrer zurück, das bereits in der Spätantike in Syrien gefeiert wurde. Ausschlaggebend für das Märtyrer-Gedenken im Frühjahr war wahrscheinlich die zeitliche Nähe zu Ostern. Mit dem 1. November bildete dann nicht mehr Ostern, sondern die vergehende Natur den Hintergrund, der der unvergänglichen Welt der Heiligen gegenübergestellt wurde.
Halloween ist auch in Europa populär
Ohne Allerheiligen gäbe es auch kein Halloween. Das Wort kommt vom Englischen "All Hallows' Eve" und bedeutet "Vorabend von Allerheiligen". Damit waren in Irland bestimmte Bräuche verbunden, die nichtchristlichen, keltischen Ursprungs sind. Durch die stark irisch geprägten Katholiken in den USA sind Bräuche wie das Aushöhlen von Kürbissen und das Erschrecken von Nachbarn in den vergangenen Jahrzehnten auch in Europa zunehmend populärer geworden.
Mittlerweile gedenken Katholiken an Allerheiligen nicht mehr nur der Heiligen im engeren Sinne. Im Römischen Messbuch von 1970 ist im Eucharistischen Hochgebet zudem von den "Brüdern und Schwestern, die schon zur Vollendung gelangt sind", also den Verstorbenen, die bei Gott sind, die Rede.
Einen Tag nach Allerheiligen folgt Allerseelen, der Gedenktag für alle Verstorbenen. Thematisch sind beide Tage also eng miteinander verbunden. Allerheiligen ist jedoch in den katholischen geprägten Bundesländern gesetzlicher Feiertag, Allerseelen nicht. An Allerseelen will die Kirche zum Ausdruck bringen, dass sie eine Gemeinschaft der Lebenden und der Verstorbenen ist. Der Name Allerseelen geht auf die Vorstellung zurück, dass die Seele des Menschen unsterblich ist und nach dem Tod zu Gott kommt, während der menschliche Körper vergänglich ist.
Allerseelen verdankt die Kirche einem französischen Kloster
Bereits seit dem frühen Mittelalter gab es jährliche wiederkehrende Gedenktage für alle Verstorbenen. Maßgeblich zur Verbreitung des Festes Allerseelen am 2. November hat eines der bekanntesten Klöster des Mittelalters beigetragen: die Benediktiner-Abtei im französischen Cluny. Dort ist das Fest seit dem 10. Jahrhundert belegt.
Allerseelen ist traditionell mit einem Besuch auf dem Friedhof verbunden. An den Gräbern der Verstorbenen werden Kerzen angezündet und Blumen oder anderer Grabschmuck aufgestellt. Im Mittelalter war Allerseelen außerdem ein Fest, an dem man sich besonders den Armen zuwandte. Es galt, durch gute Werke an armen Menschen, den "armen Seelen" im Jenseits zu helfen. Dahinter steht die Vorstellung, dass sich die Seelen im Fegefeuer, einem "Reinigungszustand", befinden und die volle Gemeinschaft mit Gott noch nicht erreicht haben. Die Protestanten haben einen eigenen Gedenktag für die Verstorbenen: den Totensonntag, auch Ewigkeitssonntag genannt. Er fällt stets auf den letzten Sonntag vor dem ersten Advent.
Erstmals erschienen am 28.10.2017.