Schwester Birgit Stollhoff über das Sonntagsevangelium

Streberinnen und verpeilte Jungfrauen

Veröffentlicht am 11.11.2017 um 17:46 Uhr – Lesedauer: 5 MINUTEN
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Bonn ‐ Das Sonntagsevangelium erzählt von klugen Jungfrauen. Die kamen Schwester Birgit Stollhoff schon immer wie Streberinnen vor. Aber leere Handy-Akkus und ein Witz halfen ihr, das Gleichnis anders zu bewerten.

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Impuls von Schwester Birgit Stollhoff

Eigentlich sind mir die fünf klugen Jungfrauen ja gründlich unsympathisch: Das sind die typischen Streberinnen, und unkameradschaftlich noch dazu. Sitzen auf ihrem Öl, nur damit sie als erste und einzige zum Fest kommen. Als ich dann mal wieder eine Schlagzeile zum Berliner Flughafen gelesen habe, kam mir der Gedanke: "Naja, so ganz kann man ihnen die Vorbildfunktion nicht absprechen. Kluge Planung hat schon was für sich."

Und dann ist mir ein Witz eingefallen: Ein Mann im Porsche hat sich offensichtlich auf der Landstraße verfahren. Er fragt einen Wanderer: "Entschuldigen Sie, ich muss bei einer wichtigen Konferenz einen Vortrag halten, und habe mein Navi vergessen. Können Sie mir sagen, wo ich bin?" Der antwortet: "Sie befinden sich exakt auf 41°58'31.1"N 12°28'06.3"E" Darauf der Autofahrer: "Sie sind sicher Ingenieur: Da hat man mal eine praktische Frage und sie geben eine wissenschaftlich richtige, aber völlig unbrauchbare Antwort." Der Ingenieur erwidert: "Und Sie sind bestimmt Manager: Sie haben ein Ziel, das ihnen viel Ruhm bringt, kümmern sich nicht um die Planung und erwarten jetzt von mir, dass ich Ihr Problem für Sie löse!"

Schlanke Produktion mit einer schnellen, flexiblen Logistik ist inzwischen modern. Und trotzdem: Nicht immer geht das. Gerade wenn ein Element des Produktes oder im Prozess Mangelware ist, braucht es eine Planung, braucht es Vorräte. Denn es gibt ein "zu spät" im Leben. Hier sind die klugen Jungfrauen tatsächlich die besseren Planerinnen. Sind sie auch unsozialer? Die törichten Jungfrauen verlassen sich wie der Manager darauf, dass andere ihre Probleme lösen. Aus meinem Alltag kenne ich beide Seiten: Wenn ich viel Stress habe, arbeite ich sehr strukturiert - und dann ärgere ich mich darüber, wenn am Projekt Beteiligte die Mails nicht gelesen haben und plötzlich alles ganz anders machen wollen. Da bin ich dann diejenige, die nachts um 23.00 Uhr noch am PC sitzt, anderen hinterherarbeitet und umdisponiert. Gleichzeitig verlasse ich mich oft stillschweigend darauf, dass andere für mich mitdenken. Ich wäre nie an einem Stand beim Katholikentag gestanden, wenn meine Mitschwester sich nicht rechtzeitig um so lästige Details wie etwa die Zufahrtserlaubnis für den Standaufbau oder die Koordination der Standdienste aller Mitschwestern kümmern würde.

Die Planung, die Vorbereitung, das Durchhalten: Sie sind die andere Seite der Feste und der großen Höhepunkte im Leben: vor dem beruflichen Erfolg steht der Plan, vor dem Flughafen die Überzeugungs- und Abstimmungsarbeit, vor der Hochzeit die Vorbereitung. Das gilt auch für das Leben insgesamt: Wenn es Schwierigkeiten gibt, brauchen wir etwas, das uns hilft, durchzuhalten. Was sind die eigenen Ressourcen – das Öl, das Navi, die Motivation? Was lässt mich durchhalten? Wie steht es um meine Motivation? Bin ich noch im Kontakt mit mir und mit Gott? Brennt die innere Kerze noch oder ist sie am Erlöschen?

Vom Handy kennen wir das: Nichts ist ärgerlicher, als wenn im entscheidenden Moment der Akku leer ist, da hilft alles WLAN nichts. Die törichten Jungfrauen mahnen uns, die eigenen Akkus zu überprüfen und sie rechtzeitig aufzuladen. Zum Glück bietet die Kirche dazu ja die passenden Hilfen: Exerzitien im Advent, Besinnungstage, Veranstaltungen zur Spiritualität, Stille Tage in den Ordenshäusern und Klöstern. Da können sogar sonst eher verpeilte Jungfrauen und gestresste Manager bei Gott auftanken, damit sie entspannt zum Fest kommen und auch danach im Alltag ein bisschen von der Freude und dem Glauben ausstrahlen.

Von Sr. Birgit Stollhoff CJ

Evangelium nach Matthäus (Mt 25, 1-13)

In jener Zeit erzählte Jesus seinen Jüngern das folgende Gleichnis: Mit dem Himmelreich wird es sein wie mit zehn Jungfrauen, die ihre Lampen nahmen und dem Bräutigam entgegengingen. Fünf von ihnen waren töricht, und fünf waren klug. Die törichten nahmen ihre Lampen mit, aber kein Öl, die klugen aber nahmen außer den Lampen noch Öl in Krügen mit. Als nun der Bräutigam lange nicht kam, wurden sie alle müde und schliefen ein.

Mitten in der Nacht aber hörte man plötzlich laute Rufe: Der Bräutigam kommt! Geht ihm entgegen! Da standen die Jungfrauen alle auf und machten ihre Lampen zurecht. Die törichten aber sagten zu den klugen: Gebt uns von eurem Öl, sonst gehen unsere Lampen aus. Die klugen erwiderten ihnen: Dann reicht es weder für uns noch für euch; geht doch zu den Händlern und kauft, was ihr braucht.

Während sie noch unterwegs waren, um das Öl zu kaufen, kam der Bräutigam; die Jungfrauen, die bereit waren, gingen mit ihm in den Hochzeitssaal, und die Tür wurde zugeschlossen. Später kamen auch die anderen Jungfrauen und riefen: Herr, Herr, mach und auf! Er aber antwortete ihnen: Amen, ich sage euch: Ich kenne euch nicht. Seid also wachsam! Denn ihr wisst weder den Tag noch die Stunde.

Die Autorin

Sr. Birgit Stollhoff CJ gehört dem Orden Congregatio Jesu (auch bekannt als Mary-Ward-Schwestern) an, arbeitet beim Sankt Michaelsbund in München, studiert Theologie im Fernstudium an der Universität Luzern und ist mitverantwortlich für die Öffentlichkeits- und Medienarbeit ihres Ordens.

Ausgelegt!

Katholisch.de nimmt den Sonntag stärker in den Blick: Wie für jeden Tag gibt es in der Kirche auch für jeden Sonntagsgottesdienst ein spezielles Evangelium. Um sich auf die Messe vorzubereiten oder zur Nachbereitung bietet katholisch.de nun "Ausgelegt!" an. Darin können Sie die jeweilige Textstelle aus dem Leben Jesu und einen Impuls lesen. Diese kurzen Sonntagsimpulse schreibt ein Pool aus Ordensleuten und Priestern für uns.